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Kultur
10.09.2023

«Ich bin meine eigene Zielgruppe»

Einmal zusammen geprobt und schon bühnenreif: Sebastian Krumbiegel präsentiert mit dem Jugendchor Vocanto den Song  «Demokratie ist weiblich» .
Einmal zusammen geprobt und schon bühnenreif: Sebastian Krumbiegel präsentiert mit dem Jugendchor Vocanto den Song «Demokratie ist weiblich» . Bild: Ronny Bien
Prinzen-Besuch im Schaffhauserland. Der Musiker Sebastian Krumbiegel trat anlässlich des 20. Geburtstags des Rheinfallfestivals exklusiv im Pavillon im Park auf.

Nanu? Eine Viertelstunde vor Beginn deutete nicht viel darauf hin, dass im Pavillon im Park, früher unter dem Namen Park Casino bekannt, ein ordentliches Kaliber an Prominenz ein Stelldichein geben wird. Gut, das hochsommerliche Septemberwetter hielt die Menschen wohl noch im Freien, doch Schlag 19 Uhr war der Saal mit einem Schnipp gefüllt, praktisch alle Sitzplätze waren besetzt.

Einen Wermutstropfen zu beklagen

Trommelwirbel, Scheinwerferlicht an – da stand er nun in voller Pracht. Nein, nicht der Prinz, sondern der Macher himself: Beat Toniolo, der umtriebige Schaffer. Künstler, Manager, Kämpfer, Wadenbeisser, Vermittler und Mädchen für alles, Union in Person und etwas ausser Atem, lotste er mit der Zeit im Nacken unmittelbar zuvor seine gesamte Entourage vom Rheinfall in die Promenade. «Seit 4.15 Uhr bin ich wach und um halb 7 war ich bereits am Rheinfall für die letzten Vorbereitungen», erzählte er und fügte hinzu: «Doch es ist es mir wert», was seine Leidenschaft zum Projekt eindeutig unterstreicht. Nur mit viel Herzblut ist so ein multiples Kulturwochenende zu realisieren und es ist wirklich beeindruckend, was der Schaffhauser einmal mehr auf die Beine gestellt hat. Doch in seiner Begrüssungs- und Dankesrede musste er zugleich einen Wermutstropfen preisgeben. Xylofonspielerin Ania Losinger, die als Special Guest mit Mats Eser hätte auftreten sollen, musste kurzfristig absagen, da sie sich eine Sprunggelenksverletzung zuzog. Dies teilte sie via Videobotschaft dem Publikum gleich selbst mit. Als Trost wurde ein Musikvideo von ihr abgespielt.

Grosser Schatz an Eigenkompositionen

So war die Bühne frei für die Koryphäe, auf die der Saal schon gespannt wartete. Von Beat Toniolo angekündigt, hüpfte Sebastian Krumbiegel mitten durchs Publikum auf die Bühne, direkt hinter den bereitstehenden Flügel. Der Saal tobte, bevor er überhaupt «Grüzzi» sagen konnte. Die Begrüssung gestaltete er in Liedform mit «Guten Tag – Hallo» und lancierte seinen Auftritt gekonnt, halt ganz der Profi. Und er schockte seine Fans sogleich darauf: «Ich bin nicht hier, um die Prinzen-Hits zu spielen, ne, ne, dafür müsst ihr im November schon nach Zürich kommen», grinste er hinter dem Klavier hervor. Besonders fies war, dass Sebastian Krumbiegel es nicht lassen konnte, zwischendurch doch ein paar Prinzen-Kracher anzuspielen. Doch oft auch geschehen aus seinen Erzählungen über die mehr als 30-jährige Karriere. Er sei positiv überrascht, dass seine Musik mittlerweile von vielen Generationen gehört und gesungen werden. «Ich schreibe Songs, die mir auch selbst gefallen.» Das zeuge von gutem Geschmack, denn: «Ich bin sozusagen meine eigene Zielgruppe», schmunzelte er. Am Schluss des Konzertes wurden schliesslich die Prinzen-Songs auch nicht vermisst, besitzt Sebastian Krumbiegel nämlich einen unglaublichen Schatz an Eigenkompositionen. Doch er liess es sich auch nicht nehmen, Rio Reiser oder Udo Lindenberg ins Repertoire aufzunehmen. Weggefährten, die er mit seinen Jungs im Zuge des Durchbruchs anfangs der 1990er-Jahre kennenlernen und hautnah erleben durfte.

  • Organisator Beat Toniolo eröffnet die Show im Pavillon im Park mit seiner Anmoderation. Bild: Ronny Bien
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  • Sebastian Krumbiegel präsentiert solo seine Songs am Flügel. Bild: Ronny Bien
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  • Sebastian Krumbiegel und der Jugendchor Vocanto lassen sich vom Publikum feiern. Bild: Ronny Bien
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Ganz der Entertainer

Wäre Sebastian Krumbiegel nicht Musiker geworden, würde er wohl Entertainer in einer Show sein. Er gehört zu den Persönlichkeiten, den man die Worte von den Lippen liest. Sobald er loslegt, wird es mucksmäuschenstill. Während seines Auftritts erzählte er viele Geschichten rund um seine Karriere, thematisierte aber auch die aktuellen Brandherde. Was für seine Authentizität spricht ist, dass die Leute ihm gerne und aufmerksam zuhören. Nicht nur auf der Bühne, auch während der Pause und nach Konzertschluss, mischte er sich unters Publikum und gewährte offenbarend amüsante Smalltalks. Einen grossen Schenkelklopfer hielt der sprachgewandte Leipziger für den Schluss auf: «Ich weiss nicht, wie viele Höhepunkte Ihr heute noch erleben werdet, doch einen Höhepunkt werden wir noch zusammen geniessen», und fügt lachend hinzu: «Ich weiss gar nicht, woran ihr denn nun schon wieder denkt», während sich der Saal vor Lachen krümmte. Das Grande Finale bestritt Sebastian Krumbiegel mit dem Jugendchor «Vocanto», einer Singschule, bestehend aus Oberstufenschüler:innen der Region Schaffhausen, die der Musikschule Schaffhausen angeschlossen ist. «Demokratie ist weiblich» performten sie gemeinsam und zelebrierten einen würdigen Schluss dieses Konzerts. Der Jugendchor setzte quasi als Zugabe noch einen drauf und überraschte Sebastian Krumbiegel mit einem Kanon, den der Prinz dann aus dem Publikumsraum mit Begeisterung verfolgte.

Fortsetzung im Oktober

Tags darauf war der Rheinfall wieder Zentrum des Geschehens. Auf dem Literaturboot-Steg war wieder Sebastian Krumbiegel zu sehen, der nicht nur sang, sondern auch aus einem Buch «Courage zeigen» las. Dazu erzählte die Autorin Anne-Friederike Heinrich zusammen mit Singer-Songwriterin Irene Mazza «grunzfrische Gischtgedichte», ehe der Comedian Christoph Simon über «Glück und andere Katastrophen» erzählte. Den Schluss des Sonntags fand im Schupfen in Diessenhofen statt, bei dem der Prinz zum Talk geladen wurde.
Das Rheinfallfestival findet im Oktober seine Fortsetzung mit einer Bilderausstellung im Münster zu Allerheiligen sowie diversen Einzelveranstaltungen in Stein am Rhein und Schaffhausen.  

Alle Informationen zum weiteren Programm auf www.rheinfallfestival.com

Schaffhausen24, Ronny Bien