«Schreiben ist eine Übung, wie wenn man Musik macht. Es ermöglicht mir, mich auszudrücken und zu reflektieren. Ich glaube, ich schreibe direkt und ehrlich, zwar mit viel Fantasie, aber möglichst ohne Fake», meint der 67-jährige Niels Zubler zu Beginn des Austausches mit dem «Bock». In seiner Mittelschulzeit habe sein Deutschlehrer die Literaturgeschichte über weite Strecken mit Dichtkunst vermittelt. «Ich liebte das.» Gedichte seien im besten Fall präzise, verdichtet, gut formuliert, rhythmisch, bildhaft und gar horizonterweiternd.
Der einstige Lehrer, schulischer Heilpädagoge und studierter Logopäde, besuchte mit 16 Jahren das Seminar Unterstrass in Zürich. Da habe er in einem kleinen, gemischten und fortschrittlichen Internat gelebt. «Die Zugverbindungen waren damals so schlecht, dass nicht daran zu denken war, jeden Tag in die Stadt zu fahren», erinnert sich Zubler zurück. Bereits seit 24 Jahren lebt der ursprünglich aus Wald, Zürcher Oberland, stammende Dichter aus Leidenschaft, zusammen mit seiner Frau in Schaffhausen. Der Liebe zum Schreiben ist er seit dessen «Entflammung» bis heute treu geblieben, wenn auch nicht hauptberuflich.
Lieber reflektieren als recherchieren
«Als Kind las ich zwar langsam, aber gerne. Meine Mutter las vor und erzählte uns viel. Vermutlich entdeckte ich dadurch den Wert des Erzählens und wollte dies ebenfalls beherrschen», erklärt der Wahl-Schaffhauser. Er habe in Deutsch immer gut sein wollen, obwohl er vermutlich Legastheniker war. «Ich hatte Glück.» Seine Lehrerinnen und Lehrer hätten ihm die vielen Fehler verziehen und gefunden, dass er, abgesehen davon, ein Talent besitze. «Es kann sein, dass ich mich schriftlich besser ausdrücken kann als mündlich», so die nüchterne Reflexion von Niels Zubler.
Trotz all der Zuneigung zu den Buchstaben, ist für ihn früh klar gewesen, dass das Schreiben nur ein grosses Hobby sei, aber nicht zum Beruf werden soll: «Dafür fehlt mir die Geduld und Ausdauer.» Er habe immer Gedichte geschrieben, vor allem für sich selbst, so wie andere Musik machen würden. Man denke nach, habe Ideen und Eingebungen. «Diese speisen sich aus dem Reservoir des Übens, des Schauens, des Nachdenkens sowie der Gespräche und das, obwohl sie sich teilweise anfühlen, als seien sie einfach dem ganz Inneren entsprungen.» Für gute Gedichte brauche es Übung, Verstand, Intuition, Rhythmus, Stil und Talent. Von Vorteil sei zudem ein eigenes untrügliches Gefühl, welches einem vor Kitsch bewahre – oder eine Erstleserin, wie seine Frau. «Gedichte schreibe ich grösstenteils für die Schublade, denn wer liest noch Gedichte.»
Er bewundere guten Journalismus, gerade Reportagen sowie die für die Gesellschaft wichtige investigative Arbeit. Dennoch sehe er seine Stärken in der Reflektion und weniger im Recherchieren. Rückblickend hätte er vermutlich Germanistik studieren sollen, so der pensionierte Logopäde: «Vielleicht hätte ich es wie mein Deutschlehrer geschafft, andere ins literarische Boot, das manchmal ein Narrenschiff ist, zu holen.» Dennoch sei er damit zufrieden, wie das berufliche Leben verlaufen ist.