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Kultur
30.11.2021

Vom Wasserballprofi zum Modellbauer

Attila Kasza zeigt in seiner Ausstellung seine Modelle zum Thema DDR.
Attila Kasza zeigt in seiner Ausstellung seine Modelle zum Thema DDR. Bild: zVg./ Attila Kasza
Attila Kasza berichtet von seinen Erfahrungen als Modellbauer und von seinen Projekten zur deutschen Geschichte in den Jahren 1907 und 1975.

Das Hobby zum Beruf machen – diesen Idealfall konnte Attila Kasza gleich zweimal für sich in Anspruch nehmen. «Ich komme ursprünglich aus Ungarn. In meiner Heimat ist Wasserball Nationalsport», erzählt Attila Kasza. «Nach meiner Ingenieurausbildung konnte ich mein Hobby, Wasserballspielen, einige Jahre lang professionell ausüben. Zuletzt kam ich auf die Saison 2014 hin nach Schaffhausen, dessen Team nach fünf Jahren wieder in die Nationalliga A aufgestiegen war. Weil es meiner Familie und mir hier so gut gefällt, sind wir auch nach Abschluss meiner sportlichen Karriere in Schaffhausen geblieben.» 

Neben dem Wassersport war Attila Kasza schon immer auch von der Kunst des Modellbaus fasziniert. So zeichnete und konstruierte er oft in seiner Freizeit Gebäude und Skulpturen. Kein Wunder also, dass Attila Kasza auch bei der grössten Miniaturwelt der Schweiz arbeitete. Hier durfte er einige interessante Projekte umsetzen. In seinen Händen entstanden regionale Wahrzeichen wie die Burg Hohenklingen in Stein am Rhein, der Munot oder auch die IWC.

Erfahrungen sammeln

AAls Sportler ist sich Kasza gewohnt, ins kalte Wasser zu springen. Die Faszination des Modellbaus und die positiven Erfahrungen liessen ihn 2019 den Sprung in die Selbstständigkeit wagen und mit K Model Art ein eigenes Unternehmen gründen. «Authentischer als das Original», lautet das Motto auf seiner Firmenhomepage, womit er signalisiert, dass es ihm nicht einfach um ein fotografisch genaues Abbild geht, sondern darum, das Wesen des dargestellten Objekts zu erfassen. «Der Anfang war nicht einfach für mich, doch dann ging es plötzlich sehr schnell», erzählt Attila Kasza. «Mein Mentor Peter Jezler, der über vielfältige internationale Kontakte verfügt, ermunterte mich, bei einem Wettbewerb für ein Modellbauprojekt in Bebra, in Nordhessen, mitzumachen.» Für Attila Kasza war das die ideale Chance, seine Kompetenz und seine Leidenschaft einem neuen Publikum – und vor allem der zuständigen Jury - zu präsentieren. Und er wusste sie zu nutzen!  

Bebra kennenlernen

Die anspruchsvolle Aufgabe bestand darin, im neu bezogenen Inselgebäude, einem 150 Jahre alten, aufwändig sanierten Bahnbauwerk, den Eisenbahnknotenpunkt Bebra zu zwei verschiedenen Zeitpunkten, 1907 und 1975, darzustellen – mit all den historischen Bahnhofsgebäuden, den alten Häusern und schier unzähligen Zuggeleisen. Eine Mammutaufgabe, in nur viereinhalb Monaten. «In dieser Zeit stand ich sehr unter Zeitdruck. Es ist ein grosser Aufwand, Modelle in der erforderlichen Qualität und Genauigkeit zu zeichnen und zu bauen, dass sie nahezu identisch mit der Realität sind», so der Modellbauer. «Für meine Arbeit habe ich etwa 2000 Bilder von Gebäuden erhalten, damit ich mir alles genauestens aufzeichnen und vorstellen konnte. Aber wichtiger war für mich, so viele der darzustellenden Gebäude wie möglich zu besichtigen, um die Stimmung sowie die Umgebung selbst mitzuerleben.» Auch bei den dargestellten Personen wollte er nichts dem Zufall überlassen. «Die Kleidung der Personen oder die Aktivitäten, welche sie in dieser Zeit ausübten, versuchte ich anhand von Geschichten und Erzählungen zu analysieren», fügt Attila Kasza hinzu. «Förmlich gekleidete Personen, welche aus einer Oper kommen oder auf den Bahnsteig in einen Zug einsteigen, das sind alles Alltagssituationen, welche die Zeit des entsprechenden Jahrzehnts geprägt haben».    

«Das Historische ist mir wichtig»

Bebra gehörte zwar zur Bundesrepublik, hatte aber als Grenzbahnhof eine Sonderstellung. Es war also keineswegs verlorene Zeit, dass er sich in die Welt des Deutschen Reichs vor dem Ersten Weltkrieg und dann vor allem auch in die Geschichte der DDR vertiefte, sondern für seine Arbeit wichtig und für ihn persönlich bereichernd.  «Im Jahr 1990 geboren, habe ich die DDR nicht mehr miterlebt», so der Modellbauer. «Daher war es für mich umso spannender, mich mit der Geschichte von Bebra auseinanderzusetzen. Ich sprach beispielsweise mit einem Zöllner, welcher 1975 an der Grenze zwischen Ost und West, zwischen Sozialismus und Kapitalismus tätig war. Von dieser intensiven Auseinandersetzung mit den individuellen Geschichten von Personen und Gebäuden haben meine Modelle zweifellos profitiert.» Auch bei der Gestaltung der Ausstellung machte sich der Künstler Gedanken darüber, wie er die Stimmung den Besucherinnen und Besuchern vermitteln kann. «Ich habe die Modelle bewusst in grauen und gelben Farbtönen gehalten, mit diesen Farbkombinationen wollte ich die Stimmung, welche zu dieser Zeit herrschte, herüberbringen». Die latente Stimmung der Unzufriedenheit und der Armut spiegelt sich in den Farben der Modelle wider. «Für die Projekte und Erfahrungen in Bebra sowie die dabei erhaltene Unterstützung durch meine Frau bin ich sehr dankbar. Nach diesen Erfahrungen möchte ich mich nun aber wieder vertieft mit der Schaffhauser Region auseinandersetzen», gibt Attila Kasza seinen beruflichen Plänen Ausdruck. «Schaffhausen hat ebenso spannende Wahrzeichen und Geschichten wie Bebra.» Und mittlerweile kennt er sich hier so gut aus, dass er seinem Motto «Authentischer als das Original» zweifellos gerecht zu werden vermag.   

Eine Reise in die Welt der Miniaturen. Eine Ausstellung mit einer spannenden Geschichte. Bild: zVg./ Attila Kasza
Salome Zulauf, Schaffhausen24