Während der Sommerzeit fliegen diverse Schmetterlinge in den Landschaften des Kantons Schaffhausens. Die «Widderchen», auch Blutströpfchen oder Zygänen genannt, sind charakteristisch für Magerwiesen und sonnige offene Waldränder des Randens. Doch viele Widderchen-Arten stehen auf der Roten Liste, die Bestände sind schweizweit rückläufig. Im Kanton Schaffhausen konnten sich diese speziellen Schmetterlinge allerdings noch besser behaupten als in anderen Teilen der Schweiz, wenn auch starke Rückgänge nicht ausblieben, heisst es in einer Medienmitteilung des Schaffhauser Baudepartements. Von 2018 bis 2020 sei der Widderchen-Bestand erhoben worden. Mit einem kantonalen Aktionsplan sollen die Widderchen in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren auch in Zukunft im Kanton Schaffhausen erhalten und gefördert werden.
Zur Präsentation dieser Besonderheit der Schaffhauser Naturwerte hat der Baudirektor Martin Kessler zu einer Medienorientierung zu «Widderchen im Kanton Schaffhausen» am Montagnachmittag, 16. August, zum Biodiversitäts-Hotspot nach Merishausen eingeladen. An der «Gräte» haben Ressortleiterin Naturschutz Petra Bachmann und Projektleiterin Jeannine Klaiber sowie die Biologin und Schmetterlingsexpertin Corina Schiess die Resultate der Entwicklung der Widderchen im Kanton Schaffhausen aufgezeigt, die Vielfalt der Widderchen-Arten vorgestellt sowie den Handlungsbedarf zu Erhaltungs- und Fördermassnahmen erläutert.
Widderchen: National prioritäre Arten, eine Besonderheit im Randen
Widderchen gehören zu den stark gefährdeten Schmetterlingsarten. Sie sind eine tagaktive Familie der Nachtfalter, am besten bekannt durch ihre schwarz-rote Färbung, wobei es auch Widderchen-Arten mit gut getarnter dunkelgrüner Flügelfärbung gibt. In der Schweiz gibt es total 25 einheimische Widderchen Arten, 12 davon kommen ursprünglich im Kanton Schaffhausen vor. Dabei sind Widderchen auch ausgezeichnete Bioindikatoren u.a. für den Zustand des Lebensraums «Säume», dem Übergang von Magerwiesen und Waldrändern.
Doch das Idyll ist vielerorts am Bröckeln. In den letzten 20 Jahren wurde schweizweit ein Rückgang der Widderchen festgestellt. Auch wenn der Kanton Schaffhausen noch immer ein Hotspot für Widderchen in der nördlichen Schweiz sei, wie hier die Gräte mit 7 Widderchen-Arten, so sei auch in Schaffhausen ein Rückgang festzustellen. Deshalb habe das Ressort Naturschutz den Aktionsplan Widderchen ins Leben gerufen: Ziel war es, den aktuellen Zustand der Bestände in Schaffhausen zu erheben, die Ausdünnung aufzuhalten und die vorhandenen Populationen zu fördern.
Resultate der Bestandserhebung
Mit finanzieller Unterstützung des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) hat das Planungs- und Naturschutzamt die Schmetterlingsspezialistin Corina Schiess für eine aktuelle Bestandserhebung beauftragt, da die letzte Erhebung rund 15 Jahre zurückliege. 2018 bis 2020 wurden die Widderchen-Arten an den Standorten der älteren Vorkommen im gesamten Kanton Schaffhausen nachgesucht, erfasst und die Standorte beurteilt. Dies ergab folgende Resultate:
- Zwei der prioritären Widderchen Arten konnten nicht mehr gefunden werden, sie sind mit grosser Wahrscheinlichkeit verschollen: Bibernell-Widderchen, Platterbsen-Widderchen.
- Bei drei weiteren Arten (Esparsetten-Widderchen, Bergkronwicken-Widderchen, Hufeisenklee-Widderchen) sind die Bestände in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen.
- Bei zwei Arten konnten sich die Bestände seit den 90er Jahren glücklicherweise halten (Beilfleck-Rotwidderchen und Sechsfleck-Widderchen).
- Bei drei weiteren Arten ist erst ein tendenzieller Rückgang festzustellen (Hornklee-Widderchen, Kleines Fünffleck-Widderchen, Ampfer-Grünwidderchen).
- Zudem gab es einen unerwarteten, sehr erfreulichen Fund: Das Dunkle Grünwidderchen, welches bisher als verschollen galt, wurde im Kanton Schaffhausen wiederentdeckt.
Der Umstand, dass nicht nur prioritäre, auf der Roten Liste als gefährdet eingestufte Widderchen Arten zurückgehen, sondern auch die noch relativ verbreiteten Arten schwinden, zeige deutlich auf, wie notwendig eine Förderung der Widderchen im Kanton ist, heisst es weiter in der Mitteilung.
Ansprüche der Widderchen und Fördermassnahmen
Widderchen stellen besondere Ansprüche an ihren Lebensraum. Je nach Widderchen-Art können diese sehr unterschiedlich sein. So bevorzugt das Bergkronwicken-Widderchen den Saumlebensraum zwischen Wiese und Wald, während das Esparsetten-Widderchen trockene, offene und etwas steinige Magerwiesen besiedelt (vgl. Fotos in der Beilage). Jede Widderchen Art benötigt zudem andere Raupenfutterpflanzen zur erfolgreichen Entwicklung. Zudem braucht es im Hochsommer, wenn die Widderchen fliegen, noch ein reichliches Angebot an Nektarpflanzen. Deshalb sind folgende Fördermassnahmen von grosser Bedeutung:
- Schaffung strukturierter Säume zwischen Wiesen und Wald
- Verbesserung der Vernetzung der einzelnen Lebensräume
- Förderung des Blütenangebotes (Nektarpflanzen) und der Raupenfutterpflanzen
- Schutz des verletzlichen Falterstadiums durch differenzierte Bewirtschaftung
Kantonaler Aktionsplan ist gestartet
Im Kantonalen Aktionsplan Widderchen sind basierend auf der Bestandserhebung von 2018 bis 2020 pro Standort spezifische Fördermassnahmen für die einzelnen Widderchen Arten vorgeschlagen worden. In den kommenden Jahren werden in Zusammenarbeit mit Förstern, Landwirten, Gemeinden, Privaten und NGOs die Fördermassnahmen sukzessive umgesetzt. Dabei würden, wo immer möglich, Synergien genutzt werden, beispielsweise mit Naturschutzinventaren, NHG-Bewirtschaftungsverträgen mit Landwirten, Waldrandprogrammen oder bei der Naturschutzgebietspflege durch den Gemeindeforst. Der Kantonale Naturschutz wirke beratend, begleitend und finanziell unterstützend für die Abgeltung von Mehraufwand bei der Pflege. An einzelnen Standorten wurde bereits mit der Umsetzung begonnen, zum Beispiel an der «Tüele», wo ein Stück Waldrand selektiv ausgelichtet und Samen der Raupenfutterpflanze ausgebracht wurden.
«Mit einer gezielten Umsetzung des Aktionsplans ist der Kanton Schaffhausen auf gutem Weg, die Widderchen-Oase zu erhalten und sogar zu stärken», schreiben die Verantwortlichen abschliessend.