«What will we do with a drunken sailor» ertönt es von der Probebühne des Cardinal Schaffhausen. Dort finden aktuell die Intensivproben des jugendclubs momoll theater statt. Fünf junge Frauen und ein junger Mann stehen bei «Übersee» auf der Bühne, geschrieben hat die Spielvorlage die junge Schaffhauserin Simone Messerli. Nach ihrer Maturarbeit ist es das erste Stück, das professionell umgesetzt wird.
Von Sehnsüchten und Träumen
Das Theaterensemble nimmt die Zuschauerinnen und Zuschauer in eine andere Zeitepoche mit, genauer gesagt, in das Jahr 1855, als rund 300 Schweizerinnen und Schweizer, teils freiwillig, teils gezwungen, ihr Heimatdorf Niederwyl verliessen. Auf der zweimonatigen Schiffsreise begegnen sich vier junge Frauen mit unterschiedlichen Geschichten, Sehnsüchten und Träumen. Ihr gemeinsames Ziel: Das Glück jenseits des Atlantiks.
Für die Autorin Simone Messerli bedeutete dies eine vertiefte Auseinandersetzung mit den historischen Hintergründen. «Daraus habe ich Figuren erfunden und für alle eine Biografie erarbeitet», so die 30-Jährige. Diese Biografie unterstützt die Jugendlichen dabei, ihre Rollen kennenzulernen und auf der Bühne glaubwürdige Vorgänge zu spielen. «Die Spielaufgaben sollen die Jugendlichen fordern, aber nicht überfordern», sagt Theaterpädagoge Jürg Schneckenburger.
Georg Fischer Kulturpreis
Der Initiant des jugendclubs momoll theater hat in Schaffhausen seit 1993 über 30 Stücke mit jugendlichen Ensembles inszeniert. Am 16. November wird er in der Kammgarn, im Rahmen einer öffentlichen Preisverleihung, für seine Verdienste als Theaterpädagoge und Kulturvermittler mit dem Georg Fischer Kulturpreis der Stadt Schaffhausen ausgezeichnet. Der nach der Georg Fischer AG benannte Preis gilt als der wichtigste Kulturpreis der Stadt Schaffhausen und ist mit einem Preisgeld von 15 000 Franken dotiert. Der Stiftungsrat ehrt Jürg Schneckenburger insbesondere dafür, dass er junge Schaffhauserinnen und Schaffhauser für das Theater begeistern kann. Für ihn ist die Auszeichnung eine besondere Form der Wertschätzung. «Mit dem jugendclub momoll theater habe ich, zusammen mit meinen Weggefährtinnen und Weggefährten, einen kreativen Raum geschaffen, in dem Träume verwirklicht werden können». Neben der Theaterarbeit ist er als Dozent an der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen tätig. Die Zusammenarbeit mit jungen Menschen lässt Jürg Schneckenburger immer wieder staunen. «Die Spielenden bringen sich als Persönlichkeiten ein und prägen die Form der Inszenierung mit. Für mich sind diese Produktionen die sinnfälligste Form von Theaterpädagogik.»
Aktive Mitgestaltung der Jugendlichen
Zu einer Theaterproduktion gehört viel Kreativität. Jürg Schneckenburger fördert das autonome und selbstbestimmte Handeln der Jugendlichen. «Wir geben eigentlich nur den Rahmen vor.» Während des ganzen Entwicklungsprozesses des Stücks können die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler, die alle zwischen 15 und 19 Jahre als sind, die Geschichte mitgestalten. «Wir haben sehr viele Informationen zum Zeitraum und unseren Figuren erhalten», so Hanna Schudel, eine der Schauspielerinnen. Livia Schraff spielt bereits das dritte Mal mit und komponiert dieses Jahr im Rahmen ihrer Maturarbeit zudem die Musik für «Übersee». «Ich lerne hier, richtig gutes Theater zu spielen», sagt Ronja Schüle, der das Stück und ihre Rolle als Annemarie Schmitter sehr gut gefallen. Soraya Stüdli und Lilith Holscher schätzen besonders, dass die Geschichte aufgrund historischer Recherchen geschrieben wurde. Der einzige Mann im Sextett ist Musiker und Schauspieler Thierry Schraff. «Ich finde es toll, dass es ein Schiffsstück ist und auf dem Meer spielt.»
Die Stücke des momoll theaters sind Bestandteil im Programm des Theaterveranstalters Schauwerk. Die Inszenierungen sind für ein Publikum ab der 5. Klasse und für Erwachsene konzipiert. «Wir wünschen uns ein durchmischtes Theaterpublikum,» so Jürg Schneckenburger. Nun folgen für den Theaterpädagogen und sein Ensemble zwei weitere probenintensive Wochen, bevor es heisst: Bühne frei für «Übersee».
Das Stück «Übersee»wird ab dem 24. Oktober auf der Fassbühne aufgeführt. Weitere Informationen sowie der Ticketverkauf sind unter www.momoll-theater.ch und www.schauwerk.ch zu finden.