Die Schaffhauser Regierungsrätin Cornelia Stamm Hurter erscheint gut gelaunt zum Interviewtermin und stellt zum Wechsel an der Spitze des Polizeibeamtenverbandes, der quasi die Gewerkschaft der Polizistinnen und Polizisten ist, sogleich klar: «Patrick Portmann setzt sich für Menschen ein, das ist authentisch, das ist echt. Ich sage Ihnen, Patrick Portmann als Präsidenten des Verbandes zu gewinnen, ist ein echter Glücksfall.» Sie lobt aber auch die abtretende Präsidentin, Virginia Stoll, die als erste Frau dieses Amt bekleidete. Die Zusammenarbeit sei äusserst harmonisch und zielgerichtet gewesen. Virginia Stoll, die das Amt während vier Jahren ausübte, meint rückblickend auf ihre Zeit als Präsidentin: «Es war wirklich eine sehr spannende und ehrliche Zeit, manchmal natürlich auch herausfordernd, aber wir fanden beim Kanton stets offene Türen für unsere Anliegen vor.» Für die Zukunft des Verbandes sei sie positiv gestimmt, zumal sie selbst Patrick Portmann als ihren Nachfolger angefragt hatte: «Ich habe überhaupt keine Bedenken, dass er seine Arbeit gut machen wird und wünsche ihm viel Kraft und Freude für die kommenden Herausforderungen.»
Rasche Änderungen im Polizeiwesen
Mit «den kommenden Herausforderungen» spricht Virginia Stoll unter anderem die Totalrevision des Polizeigesetzes an. Ein erster grosser Prüfstein für den neuen Präsidenten des Polizeibeamtenverbandes. Cornelia Stamm Hurter gibt zu bedenken: «Da wird es verschiedene Meinungen geben, und unsere Aufgabe ist es dann, einen möglichst guten Kompromiss zwischen den Anliegen der Polizei und den verschiedenen politischen Ansichten zu finden.» Einer der betroffenen Polizisten ist Christoph Kubli. Er ist Mitglied des Polizeibeamtenverbandes und warnt, dass beim Polizeipersonal dringender Handlungsbedarf bestehe. Die Arbeit steige stetig an: «Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Beim Zoll wurde ständig Personal aufgestockt, was ich grundsätzlich begrüsse. Das Problem ist einfach: Mehr Zöllnerinnen und Zöllner decken mehr Fälle auf, was für die Polizei automatisch mehr Arbeit bedeutet. Da kommen von der Arbeitsbelastung her böse Zeiten auf uns zu.» Dies, zumal die Polizistinnen und Polizisten bereits heute gelegentlich Einsätze aufschieben müssten: «Wir sind heute so weit, dass wir gewisse Fälle prioritär behandeln müssen und anderen nicht oder nur verspätet nachgehen können.» Allerdings handle es sich bei diesen Fällen um kleinere Probleme, beschwichtigt er. Cornelia Stamm Hurter gibt ein Beispiel: «Wenn die Polizei einen Anruf erhält, dass ein Nachbar zu laut Musik hört, gleichzeitig aber ein Verkehrsunfall passierte, kann es sein, dass sie etwas später zum lauten Nachbarn kommt. Die Sicherheit der Bevölkerung ist aber zu jeder Zeit gewährleistet. Der Grundauftrag der Polizei kann gut wahrgenommen werden.»
Steigende Internetkriminalität
Ein anderes Thema, das Patrick Portmann als Präsident des Polizeibeamtenverbandes beschäftigen wird, ist die Zunahme der Kriminalität im Internet. Christoph Kubli erklärt, dass bereits heute ein markanter Teil der Polizeiarbeit mit Vergehen im Onlinebereich zu tun habe. Eine weitere Personalaufstockung in diesem Bereich sei unumgänglich: «Ich will keine Zahl nennen, weil die wäre heute unwahrscheinlich gross. Wir brauchen dringend mehr Leute.» Cornelia Stamm Hurter ergänzt: «Die digitale Kriminalität kannten wir vor 50 Jahren noch nicht. Das kommt heute zur normalen Polizeiarbeit noch dazu. Das bedingt nicht nur mehr Leute, sondern auch besser qualifiziertes Personal. Die Aus- und Weiterbildungen werden immer anspruchsvoller.» Die Sicherheit auf dem heutigen Niveau zu halten, sei nicht gratis, betont die Schaffhauser Regierungsrätin. Das lohne sich aber auch, da der Wohlstand in der Schweiz nicht zuletzt von dieser Sicherheit abhänge.
Linker Polizistenfreund
Angesichts dieser Herausforderungen sagt Patrick Portmann: «Polizistinnen und Polizisten haben heute einen schwierigeren Job denn je. Ich will alles daran setzen, ihnen dabei zu helfen.» Dass er als SP-Politiker sich ausgerechnet für die Polizei stark macht, mag überraschen. Er selbst sagt: «Scheuklappen ablegen ist das Wichtigste. Wir können die Polizei jetzt nicht einfach im Regen stehen lassen.»