Home Region Sport Schweiz/Ausland Magazin Agenda
Gesundheit
20.10.2020

Der Schaffhauser Autoflüsterer

Teure Boliden gehören zu seinem Job: Martin Bartholdi mit einem 209 000 Franken teuren Porsche vor dem Münster in Schaffhausen.
Teure Boliden gehören zu seinem Job: Martin Bartholdi mit einem 209 000 Franken teuren Porsche vor dem Münster in Schaffhausen. Bild: Yves Keller, Schaffhausen24
Er hatte sie schon alle, von Dacia bis zu Ferrari. Der Schaffhauser Martin Bartholdi ist Autor und Autojournalist bei «Blick» und testet neue Wagen auf Herz und Nieren. Dem «Bock» verrät der 34-Jährige, welche Autos er für die besten hält, wo er auch schon enttäuscht wurde und wie in seinem bald erscheinenden Buch die Autos der Zukunft aussehen werden.

Zum Interview erscheint er mit einem 209 000 Franken teuren Elektro-Porsche. Martin Bartholdi selbst ist eher bescheiden: «Der Wagen gehört mir ja nicht, ich darf ihn einfach testen. Aber ja, wenn die Leute mich in einem so teuren Auto sehen, machen sie sich wohl so ihre Gedanken», schmunzelt er süffisant und erzählt, dass ihn Autos schon immer fasziniert hätten. Als Kind und Jugendlicher wollte er Formel-1-Kommentator werden. Als logische Folge stieg er nach abgeschlossener Kanti in Frauenfeld in den Journalismus ein, arbeitete bei Radio Munot und absolvierte die Schweizer Journalistenschule (MAZ). 2014 wechselte er dann in den Autojournalismus und arbeitet heute für den «Blick».

Traumberuf gefunden

Viele Leute zeigten grosses Interesse an seinem Beruf, sagt Martin Bartholdi. Auch solche, von denen er das nicht erwartet hät­te. «Ich musste meine eigene Mutter dazu erziehen, dass sie, wenn ich sie besuche, zuerst mich begrüsst und nicht an mir vorbeischaut, um zu sehen, mit welchem Auto ich gekommen bin.»
Neben schönen Autos bietet das Leben als Autojournalist auch luxuriöse Reisen. Das sei einer der ganz grossen Pluspunkte seines Berufs, findet Martin Bartholdi: «Ich schaue gerne neue Orte an auf dieser Welt. Wenn ich das mit dem Job verbinden kann, ist das natürlich grossartig. Man wird aber auch etwas verwöhnt. Zu einigen Autotests im Ausland haben uns die Hersteller mit einem Privatjet abgeholt, und oft nächtigen wir in Hotels, die ich privat niemals buchen würde, weil sie viel zu teuer sind.» Da stellt sich die Frage, wie unabhängig der Bericht bei all den extravaganten Einladungen noch wird. Martin Bartholdi sieht darin kein Problem: «Dafür habe ich mit Ringier ein starkes Medienhaus im Rücken, das sich erlauben kann, auch kritisch zu berichten.» Und wie hält er es mit der Klimadebatte? «Mobilität braucht immer Energie. Es muss ein Umdenken stattfinden, das aber nicht nur am Auto hängt. In den nächsten Jahren wird sich das Auto sicherlich stark verändern. Es ist aber nicht meine Aufgabe, da eine Meinung zu haben. Meine Aufgabe ist es, das, was es gibt, zu beobachten und in meinen Berichten zu vermitteln, was möglich ist und wie die Fortschritte aussehen.»

Teuer heisst nicht immer besser

Martin Bartholdis Lieblingsauto ist die Dodge Viper. Für den Alltag würde er aber eher einen Wagen von Hyundai, Kia oder Mazda kaufen. «Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei diesen Herstellern einfach top. Bei einigen teureren Marken fehlt mir oft das wirklich Spezielle für den deutlich teureren Preis. Ich sehe zum Beispiel nicht ein, warum ich für einen Audi A1, der von der Grösse her einem VW Polo entspricht, rund 70 000 Franken zahlen soll. So viel besser kann dieses Auto gar nicht sein. Der einzige Grund für diesen hohen Preis ist der Name.»

Schaffhauser im Herzen

Aufgewachsen ist Martin Bartholdi in Wallenwil im Thurgau. Später besuchte
er die Kantonsschule in Frauenfeld, bevor er 2010 nach Schaffhausen zog und sich in die Region verliebte. «Ich fühle mich als Schaffhauser. Zu Fuss bin ich in zwei Minuten am Rheinfall. Das ist ein Paradies.» Auch für die Autofotos im Blick sucht sich Martin Bartholdi immer wieder Orte in Schaffhausen. So machte er schon Fotoshootings vor der Bergkirche Hallau, am Rheinfall oder auch in der Schaffhauser Altstadt. Besonders dieses Shooting sei aussergewöhnlich gewesen. «Das war vor zwei Jahren. Da hatten wir die Bewilligung, um mit einem Ferrari auf den Fronwagplatz zu fahren und ihn dort abzulichten. Das war schon ein grosses Hallo, als wir mit dem Wagen vorfuhren. Vor allem die Kinder hatten grosse Freude daran.»

Mobilität der Zukunft

Nicht nur im Beruf, sondern auch in seiner Freizeit schreibt Martin Bartholdi viel. Im Moment verfasst er einen Science-Fiction-Krimi, der übernächstes Jahr erscheinen soll und in Schaffhausen im Jahr 2093 spielt. Der Herrenacker ist dann ein dunkler Ort für Verbrechen, und über dem Platz gibt es sechs Stockwerke verschiedener Klassen. Gibt es in dieser Zukunft noch Autos? Martin Bartholdi lacht und nickt: «Ja, aber sie fliegen.»

Yves Keller, Schaffhausen24