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Kultur
30.06.2020

Hinter den sieben Gleisen

Beim ersten Kennenlernen am vergangenen Dienstag im Gemeindehaus Hallau mussten die Frauen, Männer und Kinder unter anderem auch eine Gesangsprobe überstehen.
Beim ersten Kennenlernen am vergangenen Dienstag im Gemeindehaus Hallau mussten die Frauen, Männer und Kinder unter anderem auch eine Gesangsprobe überstehen. Bild: Marcel Tresch, Schaffhausen24
Im Rahmen des 100-Jahr-Jubiläums des Theaters Hallau werden die Laienschauspielerinnen und Laienschauspieler aus dem Weinbaudorf und der weiteren Region einen Schweizer Filmklassiker aus dem Jahr 1959 als Freilicht­aufführung auf dem Hofgut Mühle Wunderklingen spielen. Vor Wochenfrist lernten sich die Spielenden kennen.

2021 wird das Theater Hallau 100 Jahre alt. Für die Verantwortlichen, Laienschauspielerinnen, Laienschauspieler und Mitglieder des Vereins ein Grund für eine grosse Feier. Dazu haben sie sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: eine Freilichtaufführung auf dem Hofgut Mühle Wunderklingen, welches eine wunderbare Kulisse abgeben wird. Gespielt wird von 23 Mimen der Schweizer Filmklassiker «Hinter den sieben Gleisen», der unzählige Male auch auf den Bühnen der deutschsprachigen Theater aufgeführt worden ist. Das Stück handelt von drei Clochards, die versuchen, in einem alten Schuppen am Bahnhof hinter den sieben Bahnschienen einer jungen, hochschwangeren Mutter zu helfen. Der Alltag des zwar fröhlichen, aber arbeitsscheuen Trios besteht vor allem darin, zu trinken und Händler zu bestehlen. Sein bisheriges Leben wird jedoch komplett auf den Kopf gestellt, als sich das unter 20-jährige, deutsche Mädchen bei ihnen versteckt.

Geschehen des Freilichtspiels in Kürze

Die Schwangere bekommt starke Wehen. Mit der Hilfe der Barrierenwärterin bringt sie einen Jungen zur Welt. Zwei der Clochards wollen der jungen Frau helfen. Entgegen ihrem Naturell gehen sie freiwillig arbeiten, um Mutter und Kind zu ernähren. Dem Dritten widerstrebt die Vorstellung, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Mit der Zeit findet aber auch er Gefallen an der Idee, dem Mädchen und dem vaterlosen Kind zu helfen. Ein Lokomotivführer entdeckt die beiden und verliebt sich in die Frau. Er und zwei der Clochards finden heraus, wer der Vater ist: der reiche Jüngling eines Fabrikanten. Die Eltern sind über das Ereignis und die Abenteuer ihres Sohnes nicht erfreut. Wie sich das Kleinbürgerdrama hinter den sieben Gleisen, inszeniert von den Hallauer Spielenden entwickelt und endet, werden die Besucherinnen und Besucher des Freilichtspiels im kommenden Mai und Juni erfahren. Bis dahin müssen sich eben alle gedulden.

Für das Theater Hallau ein Glücksfall

Das Theater Hallau steckt bereits seit längerer Zeit mitten in den Abklärungen, Verhandlungen und Vorbereitungen. Wer die Aufführenden des Stücks sein werden, wird sich in den kommenden Tagen und Wochen herauskristallisieren. Um das herauszufinden und sich kennenzulernen, versammelten sich vor Wochenfrist gegen 40 Frauen, Männer und Kinder im Gemeindehaussaal von Hallau. Dort trafen viele auch zum ersten Mal auf die Regisseurin. Susanne Breyer kennen einige schon von der Freilichtaufführung 2018 des damals jubilierenden Museumsvereins Beringen. Mit der deutschen Diplom-Kulturpädagogin, Journalistin, Regisseurin und Autorin haben die Verantwortlichen eine kompetente Person für die Regie der Jubiläumsaufführung gefunden und auch gewinnen können. «Für uns ein Glücksfall» freut sich Daniela Kiser, Präsidentin des Theaters Hallau, auf die Zusammenarbeit mit dem Profi.

Das Kennenlernen von Gleichgesinnten

Bis vergangenen Dienstag haben die Produktionsverantwortlichen für die Jubiläumsproduktion Mitwirkende für auf die Bühne, in der Garderobe, in der Technik, an der Bar und für weitere Aufgaben gesucht. Für Aussenstehende ist vor allem das Bestimmen der geeigneten künftigen Spielerinnen und Spieler für das Stück beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Für den Profi hingegen ist dies täglich Brot und mit viel Menschenkenntnis und Erfahrung in diesem Bereich offenbar eine leichte Aufgabe. Dazu wies die Regisseurin, nach dem allgemeinem Aufwärmen und ersten gegenseitigen Beschnuppern aller Anwesenden, Dreiergruppen an, sich gegenseitig Fragen zu stellen und sich näher kennenzulernen. Danach musste jede und jeder, möglichst dramatisch und in blumigen Worten, die eine oder den anderen aus dem willkürlich gebildeten Trio vorstellen und deren beziehungsweise dessen Eigenschaften präsentieren. Die Frage, ob das bereits genüge, um eine Schauspielrolle vergeben zu können, beantwortete Susanne Breyer mit einem Ja. Aus ihr spricht der Profi, wenn sie sagt: «Anhand eines kleinen Rollenspiels weiss ich nachher, wer für welche Rolle geeignet ist.» Die Mischung aus Erfahrung, Beobachtungsgabe und vor allem Menschenkenntnis macht es möglich. Dass sie die Routine und besonderen Eigenschaften besitzt, bewies sie zuletzt in Beringen vor zwei Jahren. Entsprechend kann sich das Publikum bereits jetzt auf das Spektakel in Wunderklingen freuen.

Marcel Tresch, Schaffhausen24