Frauen als Vorsteherinnen einer Gemeinde sind im Kanton Schaffhausen nicht oft anzutreffen. Vreni Wipf ist seit 2011 Gemeindepräsidentin von Lohn und eine dieser wenigen Ausnahmen. Ein Lieblingsthema von ihr ist, dass sie andere Frauen dazu aufmuntern will, sich politisch zu engagieren. «Bei der Suche für meine Nachfolge hat sich gezeigt, dass Frauen sich das nach wie vor zu wenig zutrauen.» Die Gemeindevorsteherin tritt per Ende des Jahres zurück. «Ich mache das bald seit zehn Jahren und bin 66 Jahre alt. Ich denke, es ist genug. Jetzt können neue Leute auch etwas Neues beginnen.» Für die Wahlen im August stehen eine Kandidatin sowie ein Kandidat für das Gemeindepräsidium zur Verfügung.
«Wie die Jungfrau zum Kind» sei die 66-Jährige zu ihrem Amt gekommen, erklärt sie gegenüber dem «Bock». Vor zehn Jahren kam es zur Anfrage und sie nahm die Herausforderung nach reiflicher Überlegung an. Ihr Traum war das eigentlich nie: «Mein Mann war sehr lange in der Politik tätig. Ich dachte, meine Familie hätte das ihrige beigetragen.» Es kam dann aber anders.
Für Familie gesorgt
In jungen Jahren liess sich Vreni Wipf zur Heilpädagogin ausbilden. Ausgelernt hatte sie aber nie: Im Alter von 50 Jahren erwarb sie das Lehramtpatent und arbeitete später an der Primarschule sowie an der Oberstufe in Thayngen. Die Zweitausbildung absolvierte sie aus persönlichen Gründen. Ihr Mann war schwer krank und die Familie wusste, dass er den Kampf gegen die Krankheit nicht überleben wird. Da sie zusammen vier Kinder hatten – sie standen alle in oder kurz vor der Ausbildung – wollte die Lohnemerin für ihre Familie sorgen können. «Es musste einfach weitergehen, und das war gut so.»
Auf die Frage hin, wie sie all ihre Aufgaben unter einen Hut gebracht hatte, antwortet Vreni Wipf lachend: «Das weiss ich nicht mehr.» Als sie ihre Tätigkeit als Gemeindepräsidentin schliesslich übernahm, seien die Kinder teilweise schon ausgezogen gewesen und sie reduzierte das Pensum an der Schule, bis sie mit 62 Jahren das Lehrerinnendasein ganz an den Nagel hängte.
Vielseitiges und lehrreiches Amt
Mit dem Wissen, dass Ende des Jahres dieser Lebensabschnitt zu Ende geht, fühle sich Vreni Wipf sehr gut. «Ich habe ein gutes Stück Arbeit hinter mich gebracht.» Im Gemeinderat und in der Gemeindeverwaltung konnte die 66-Jährige immer auf ein tolles Team zählen und es herrschte eine flache Hierarchie.
Das Amt gestaltete sich für die Lohnemerin äusserst vielseitig und lehrreich. 2011 initiierte Vreni Wipf zusammen mit dem Gemeinderat das Gebäudeprogramm «Lohn 2015», um die gemeindeeigenen Liegenschaften auf ihre Zweckmässigkeit zu überprüfen. Drei entbehrliche Liegenschaften konnten verkauft, zwei neue nach den aktuellen Bedürfnissen erstellt werden. Viele Personen und Themengebiete durfte sie kennenlernen, mit denen sie sonst nie in Kontakt getreten wäre. Als Beispiel nennt sie ihre Mitarbeit im Abwasserverband Hegau, im Verband der Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten des Kantons Schaffhausen oder im Sonderschulrat. «Ich bin jetzt gut und weit vernetzt, was mir sehr gefällt. Wenn ich nicht in diesem Amt wäre, dann hätte ich das alles nie erlebt», erklärt sie. Am meisten Spass machte ihr die Entwicklung von Projekten mit ihren Kolleginnen und Kollegen. Und viel Freude bereitet ihr die umfunktionierte Telefonkabine gleich neben der Gemeindekanzlei: Sie fungiert seit 2014 als Bücherkabine. «Ich brauche sie selber sehr gerne», sagt sie mit einem Schmunzeln.
Lohn soll Dorf bleiben
Ziele während der Amtszeit hätten sich rollend ergeben. Manche konnte die 66-Jährige aber nicht erreichen. Unter anderem bedauert sie die nicht zustande gekommene Fusion der Gemeinden Lohn, Stetten und Büttenhardt im Jahr 2018. Was Vreni Wipf nach dem Rücktritt nicht vermissen wird, ist, dass sie manche Personen, die das Gesetz nach ihren Massstäben anwenden, in die Schranken weisen musste. Dafür freut sie sich umso mehr auf ihre neu gewonnene Freizeit. Eigentlich war es ihr Wunsch, im neuen Jahr auf Reisen zu gehen. Ihre Pläne musste sie aber wegen der Corona-Krise vorerst auf Eis legen. Zudem wird die Lohnemerin mehr Zeit für ihre Enkelkinder und das Orgelspiel in der Kirche in Lohn haben. «Ich nehme es ein wenig geruhsamer.» Auf die Frage hin, wo sie Lohn in zehn Jahren sieht, erklärt Vreni Wipf: «Ich sehe es wie jetzt mit massvollem Wachstum und wünsche mir, dass es ein Dorf mit einem Zentrum bleibt, was letztlich auch vom Volg-Laden abhängt.»