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Kultur
08.09.2020

«Mit Musik Energie tanken»

«Ich gehe normalerweise nicht in ein Studio, um Musik zu machen. Es waren sehr schöne Tage und ich werde es immer in Erinnerung behalten.» Dies erzählt Anna Brügel über die Aufnahmen des Liedes «Dihei».
«Ich gehe normalerweise nicht in ein Studio, um Musik zu machen. Es waren sehr schöne Tage und ich werde es immer in Erinnerung behalten.» Dies erzählt Anna Brügel über die Aufnahmen des Liedes «Dihei». Bild: Märta Strömstedt, Schaffhausen24
Durch den Lockdown wurde Anna Brügel erfinderisch und unterhielt ihre Nachbarschaft und Bekannten zwei Monate lang täglich mit Musik. Nicht nur ihre Umgebung wurde auf sie aufmerksam. Der Verein «Wir sind stark – gemeinsam» führte sie zu einem neuen Musikprojekt. Nebst ihrer Erwerbsarbeit eine gute Ablenkung.

«Jeden Abend um sechs Uhr stand ich auf meiner Terrasse und habe gewartet, bis der letzte Schlag vom Sankt Johann zu hören war», sagt Anna Brügel. Die Schaffhauserin unterhielt während des Lockdowns ihre Nachbarschaft, indem sie zwei Monate lang jeden Abend vier bis sechs Lieder auf ihrer Terrasse spielte. «Nur an einem Abend musste ich wegen einer Sitzung das Singen auslassen.» «Radio Munot» hat sie später im Radio porträtiert. Nur zwei Tage darauf wurde sie von Urs Wohlgemuth, Co-Präsident des Vereins «Wir sind stark – gemeinsam», angefragt, ob sie nicht ein Lied für den Verein komponieren könne. Anfangs war sich Anna Brügel noch unsicher was das Angebot anging.

«Ich bin keine Songschreiberin, sondern singe in der Regel nur Covers.» Sie hatte zwar einige Erfahrungen mit Schreiben, unter anderem für ihre PH-Abschlussarbeit oder für das Pfadi-Schaffhausen-Jubiläum, aber es falle ihr nicht so leicht, so Anna Brügel. Durch zwei Bekannte, die privat auch Musik machen, wurde sie animiert, sich da hineinzuwagen. «Lass es uns probieren, wir bekommen schon einen Text hin», sagten diese.

«Mitenand dur die Ziit»

Annina Keller, die Nachbarin und auch Freundin, war jeden Abend da, um die Lockdownkonzerte von Anna Brügel zu hören. Sie schreibt privat Texte und hat sich schliesslich an den Songtext für den Verein gewagt. Passend zum Text fiel es Anna Brügel sehr leicht, eine passende Melodie zu finden. «Zusammen mit einem grossen musikalischen Bekanntenkreis, den wir anzapfen konnten, haben wir das Lied ‹Dihei› mit all unserer Kreativität auf die Beine gestellt. Mir liegt Schaffhausen sehr am Herzen, darum finde ich das Engagement des Vereins ‹Wir sind stark – gemeinsam› sehr toll», so die Musikerin. Bei der Kampagne geht es um die Unterstützung von Unternehmen und deren Kundschaft, um das Schaffhauser Gewerbe gestärkt durch die Corona-Krise zu bringen. Der Text des Liedes «Dihei» soll das auch wiedergeben.

Im Lied werden immer wieder Strassen des ganzen Kantons Schaffhausen genannt, was die Schaffhauserinnen und Schaffhauser dazu einlädt, sich persönlich mit dem Lied zu identifizieren. «Lappi tue d Augen uf, nebed dir hets auno Lüt, all sind do dihei, alli mitenand» ist der Refrain des Songs. «Es ist wichtig, dass man in einer schweren Zeit wie dieser die Mitmenschen nicht vergisst. Und speziell in einer Zeit wie dieser sollte man sich gegenseitig noch mehr unterstützen und solidarisch miteinander umgehen», so Anna Brügel. Etwas, was ihr an ihrer Arbeit im Schweizerischen Arbeiterhilfswerk Schaffhausen (SAH) auch wichtig ist.

Reisen auf die eine oder andere Art

Nach ihrer Zeit als Primarlehrerin und mit der Ausbildung zur Schulleiterin in der Tasche, dachte Anna Brügel «jetzt ist der Zeitpunkt, um einen Unterbruch zu machen und reisen zu gehen». Gleichzeitig war eine Stelle als Schulleiterin beim SAH Schaffhausen ausgeschrieben. Sie war noch sehr jung, doch wollte sie es wagen. «Nun reise ich auf eine etwas andere Art durch die verschiedensten Kulturen, als Bereichsleiterin Sprache und Inte­gration am SAH Schaffhausen.»

Das SAH Schaffhausen begleitet Menschen auf dem Integrationsweg, beispielsweise mit Sprachkursen, Coachings für den Berufseinstieg und auch dem Angebot der Interkulturellen Dolmetschenden, die Brücken bauen zwischen den Menschen. «Während des Lockdowns war es eine sehr intensive Zeit am SAH.» Sie mussten zum Beispiel in den Sprachkursen vollständig auf Fernunterricht umstellen mit Leuten, die neu Deutsch lernen und die mehrheitlich keine Computerausrüstung zu Hause haben. Es sei wichtig, bei einer Arbeit wie dieser zu wissen, wie man sich regenerieren kann. Dank des Produktionsprozesses des Lieds «Dihei», den sie neben ihrer Arbeit am SAH durchlief, konnte sie durch das viele Musik machen mit neuer Energie an ihre Tätigkeiten herangehen.

Anna Brügel ohne Musik gibt es nicht

«Mir geht ständig ein Lied durch den Kopf, sei es im Alltag oder zum Beispiel beim Stacheln oder Snowboarden.» Anna Brügel wuchs in einem sehr musikalischen Haushalt auf und wurde im Bereich Musik auch sehr gefördert. Sie sang als Kind jeden Abend vor dem Einschlafen, später in der Schule und bei Theaterauftritten, in ihrer Jugend sang sie in Bands, Chören und Ensembles. Später leitete sie einen Frauenchor. In der fünften Klasse lernte sie, Gitarre als Begleitinstrument zu spielen. «In der Pfadi konnte keine meiner Pfadileiterinnen ein Begleitinstrument spielen. Es war immer ein wenig harzig, Lagerlieder zu singen ohne jegliche Begleitung.» Somit dachte sie: «Ich lerne das jetzt, dann kann ich vielleicht selber mal die Lagerlieder begleiten.»

Musik zum Beruf machen wollte sie nie, aber schlussendlich hat sie die Musik zum Lehrberuf geführt. In der Zeit als Primarlehrerin konnte sie ihren Gesang und ihr Begleitinstrument immer im Unterricht integrieren. Heute ist das Musik machen vor allem noch ein Hobby, mit dem sie bei Auftritten oder zu Hause Energie tankt.

   
Märta Strömstedt, Schaffhausen24