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Kultur
29.09.2020

Das Produkt eines jahrzehntelangen Kampfes

Die erste Neuhauserin (Name unbekannt), die 1971 wählte.
Die erste Neuhauserin (Name unbekannt), die 1971 wählte. Bild: zVg./ Bruno und Eric Bührer
Steinig war der Weg für das Frauenstimmrecht in der Schweiz sowie in Schaffhausen. 2021 findet das 50-Jahr-Jubiläum statt.

Noch nicht lange ist es her, dass in der Schweiz Frauen wählen gehen dürfen. Genauer gesagt: Am 7. Februar 1971 wurde durch eine eidgenössische Abstimmung das Frauen­stimmrecht eingeführt. Der Kampf um dieses Recht begann schweizweit sowie in Schaffhausen schon sehr früh, zog sich aber über Jahrzehnte hinweg. Unter anderem gab es 1868 eine kantonale Verfassungsrevision, bei der Zürcher Bürgerinnen das Frauenstimmrecht (vergebens) verlangten. Bis zum Ende der 1920er-Jahre wurden in verschiedenen Kantonen Anträge gestellt, die jedoch verworfen wurden. 1929 wurde auf Bundesebene die erste Petition für das Stimmrecht eingereicht. Auch dies blieb erfolglos. 1959 lehnten die Schweizer Männer bei der ersten schweizweiten Volksabstimmung das Frauenstimmrecht ab. Kleinere Erfolge stellten sich erst später ein, als die Waadt, Neuenburg und Genf auf kantonaler Ebene das Stimmrecht einführten. Auch im Kanton Schaffhausen gab es diesbezüglich zwei Abstimmungen, die jedoch beide erfolglos blieben. Im Zuge der Jugendunruhen von 1968 wurden die Stimmen für das Frauenstimmrecht immer lauter, bis das Parlament in Bundesbern eine Abstimmungsvorlage zur Einführung des Frauenstimmrechts erarbeitete. Am 7. Februar 1971 nahm das männliche Stimmvolk die Vorlage mit 65,7 Prozent Ja-Stimmen an. Die Kantone führten kurz vorher, nachher oder zeitgleich das kantonale oder kommunale Frauenstimmrecht ein.

Schaffhauser Geschichte aufarbeiten

Die Schweiz hinkte in dieser Thematik allen anderen europäischen Ländern weit hinterher. Wieso kam das Frauen­stimmrecht hier erst so spät? «Wir leben in einer direkten Demokratie, und die Schweizer Männer mussten erst aktiv den Frauen das Stimmrecht geben», sagte Anna-Pierina Godenzi, Mitinitiantin des Vereins «50 Jahre Frauenstimmrecht Schaffhausen». «In Schaffhausen brauchte es vier Anläufe, um das Recht umzusetzen. Aber diese waren notwendig, um die Stimmbürger allmählich von der Richtigkeit zu überzeugen.» Zusammen mit Romina Loliva, Fanny Nussbaumer und Nicole Reisser gründete sie den gemeinnützigen Verein, um diesen Teil der Schaffhauser Geschichte aufzuarbeiten, der bis anhin kaum Beachtung fand. Das erste Projekt des Vereins ist die Realisierung einer Ausstellung zum Frauenstimmrecht in Schaffhausen im September 2021. Zwei Bereiche werden dabei im Fokus stehen. Einerseits wollen die vier Initiantinnen diesen Abschnitt der Kantonsgeschichte einer breiten Bevölkerung zugänglich machen und die kantonalen Eigenheiten der Thematik, wie beispielsweise die Abstimmungen und die darin verwickelten Argumente sowie Gegenargumente, aufzeigen. Andererseits werden individuelle Geschichten im Zusammenhang mit dem Ereignis ins Licht gerückt. «Viele Persönlichkeiten, wie beispielsweise die Schriftstellern Ruth Blum, haben sich stark für das Frauenstimmrecht engagiert. Diese Personen gilt es in den Fokus zu stellen.»

Brücke zur heutigen Diskussion

Bei der Ausstellung soll es aber nicht bleiben. «Die Recherchen haben uns gezeigt, dass es noch viel Luft nach oben gibt», so Anna-Pierina Godenzi. Das Viererteam ist bereits in Gesprächen für weiterführende Publikationen. Zudem ist ihnen die Vermittlungsarbeit mit Oberstufen sowie der Kantonsschule wichtig. Denn während ihrer Schulzeit, inklusive Gymnasium, sei dieser Teil der Schweizer Geschichte nicht zur Sprache gekommen. Das möchte der Verein für jetzige und zukünftige Schulklassen ändern, so die Schaffhauserin. Der Verein möchte mit seiner Arbeit auch eine Brücke zum Jetzt schlagen. Das Ereignis vor bald 50 Jahren war ein Höhepunkt im Gleichstellungskampf. «Damals konnte die Verschiebung der Rollenbilder beginnen und zum heutigen Zustand und zur jetzigen Diskussionsgrundlage führen.» Zudem geht es um die kollektive Erinnerung: Was heute selbstverständlich ist, ist ein Produkt eines jahrzehntelangen Kampfes.

Weitere Informationen zum Verein sind unter www.1971.sh zu finden.

Frauen über Frauen

Am 8. März 2020 startete der Museumsverein die Reihe «Frauen über Frauen». Monatlich sollen die Leistungen der Frauen auf einem anderen Gebiet sichtbar gemacht und damit gewürdigt werden. Nach den Frauen in der Kunst, in der Ur- und Frühgeschichte, in der Medizin und Pflege sowie in der Technik folgt am 8. Oktober um 18.30 Uhr im Museum zu Allerheiligen ein Vortrag über die Architektin Berta Rahm. Weitere Informationen zur Frauenserie sind unter www.frauen.sh zu finden. Anmeldungen sind unter info@frauen.sh möglich.

Nathalie Homberger, Schaffhausen24