«Mir geht es blendend!», lacht ein hörbar gut gelaunter Ernst Landolt ins Telefon und fügt an: «Ich habe also keine Entzugserscheinungen nach meinem Rücktritt.» Er sei entspannt und geniesse die Tage im Wallis, allerdings sei er auch sehr «uf de Stümpe», weil er am Tag zuvor auf einer Skitour war und sich völlig überschätzte: «Ich kam erst am Abend um 19 Uhr zurück. Zum Glück hatte ich eine Stirnlampe dabei, um einigermassen den Weg zu finden. Es war ein bisschen abenteuerlich, aber es war auch einfach ein super Erlebnis, auch wenn ich jetzt völlig ausgepowert bin.» In diesem Erlebnis sieht Ernst Landolt durchaus Parallelen zu seiner Politik. Als Politiker, findet er, musste er manchmal ebenso an Grenzen gehen und manchmal gar darüber hinaus. Als Beispiel bringt er den Prozess bis zur Abstimmung über das neue Polizei- und Sicherheitszentrum im Herblingertal. Ein 100-Millionen-Projekt, das vor allem am Anfang, als er diese Idee einbrachte, auf Widerstand gestossen sei: «Als ich das am Anfang vorschlug, gab es viele Leute, die sagten, der Landolt sei grössenwahnsinnig. Ich organisierte dann für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier einen Tag der offenen Tür bei der Polizei und im Gefängnis, um ihnen aufzuzeigen, in welchem desolaten Zustand die Infrastruktur aktuell ist. Das brachte viele zu einem Umdenken.»
«Mehr Sport, Bewegung und Berge»

Abstand gewinnen
Nach zehn Jahren als Regierungsrat trat Ernst Landolt im letzten Herbst nicht mehr zur Wiederwahl an. Mit 67 Jahren sei es für ihn nun wichtig, mehr Zeit für andere Dinge zu haben: «Als Regierungsrat hatte ich oft 16-Stunden-Tage und der Druck hörte in diesem Amt nie richtig auf. Da müssen Sie immer weiter machen. Das spüre ich jetzt. Diesen Druck habe ich nicht mehr und ich kann Ihnen sagen, ich bin aktuell sehr entspannt.» Erneut ist am anderen Ende des Telefons ein ehrliches Lachen zu hören. Dann sagt Ernst Landolt, noch immer mit einem Schalk in der Stimme, dass es auch Nachteile gebe, dass er jetzt pensioniert sei: «Ich muss mich jetzt umorganisieren. In der Regierung funktioniert vieles automatisch. Sogar mein Handy lief einfach. Nach dem Rücktritt musste ich das jetzt zuerst einmal neu organisieren, damit technisch alles funktioniert. Ihre Nachricht auf meiner Combox hat es mir zum Beispiel nicht angezeigt. Nun sollte es aber korrekt eingerichtet sein.» Dass er für seinen Neuanfang in die Berge ging, sei wichtig gewesen. Eigentlich hätten er und seine Frau eine längere Reise im Ausland geplant, dieses Projekt sei aber wegen Corona ins Wasser gefallen. Er habe aber gemerkt, dass er nach den intensiven letzten zehn Jahren zuerst einmal einen gewissen Abstand zum Geschehen in Schaffhausen brauche. Denkt er, der in Näfels im Kanton Glarus aufgewachsen ist, gar daran, den nördlichsten Kanton zu verlassen? «Ich liebe Schaffhausen! Seit mehr als 30 Jahren ist das meine Heimat und ich mag die Leute mit ihrer streitlustigen Art. Da bist du als Regierungsrat nichts Besonderes, das habe ich schon immer geschätzt. Also ich kann Ihnen versichern, dass ich in Schaffhausen bleibe, aber ich will künftig einfach ein bisschen mehr in die Berge gehen.»
Zurück zu den Wurzeln
Mehr Zeit will Ernst Landolt nicht nur für die Berge haben, sondern auch für seine Freunde. Als Regierungsrat habe er zwar immer viele Leute getroffen, aber seine privaten Kontakte hätten manchmal etwas darunter gelitten. «Jetzt freue ich mich umso mehr, meine sozialen Kontakte wieder aufzufrischen und Zeit für wichtige Beziehungen zu haben, ohne den Druck des Amtes.» Neben der Pflege der Freundschaft hat Ernst Landolt auch weitere Pläne für seine nahe Zukunft gemacht. Er sei nun zwar im Rentenalter, wolle aber ganz sicher kein Rentner sein. Das gehe von seinem Naturell her schon nicht: «Klar, 16-Stunden-Tage beruflich wird es nicht mehr geben. Aber ich habe einige Projekte, die anstehen. Vor allem will ich mehr Sport machen. Als Regierungsrat hatte ich zu wenig Bewegung. Da sitzt du ja immer rum, bist in Sitzungen oder musst Akten studieren. Das ist nicht besonders gesund.» Neben mehr Sport und mehr Zeit für Freunde und Berge, will Ernst Landolt mit seiner Frau zusammen eine Lösung für die Zukunft des Landwirtschaftsbetriebs seiner Frau finden. Das werde ihn in den nächsten Monaten wohl fordern. Und dann will er auch noch etwas arbeiten und dabei zu seinen Wurzeln zurückkehren: «Bevor ich Regierungsrat wurde, war ich ja Schaffhauser Bauernsekretär und schrieb da jede Woche Berichte für die Zeitung. Es reizt mich, im Bereich der Kommunikation einige Projekte anzureissen und Texte für andere Leute zu verfassen.» Kommunikation habe ihn schon immer stark interessiert und Texte zu schreiben, sei gut für die geistige Gesundheit. «Ich habe ein bisschen Schiss davor, dass ich schnell abbaue oder vergreise, wenn ich mich geistig nicht mehr anstrengen muss. Texte schreiben hilft da sicher», sagt er und wieder ist über das Telefon ein heiteres Lachen zu hören.