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Gesellschaft
04.05.2021
27.05.2021 14:41 Uhr

«Die Welt in ein Lied verwandeln»

Immer und überall denkt Lydia Mel über Melodien nach. 
Immer und überall denkt Lydia Mel über Melodien nach.  Bild: zVg.
Ihre Musik soll andere berühren. Lydia Mel veröffentlicht mit «Different Planet» ihren ersten Song. Das Lied basiert auf ihrer Lebensgeschichte, die geprägt ist von einer schweren Nervenkrankheit sowie dem Angehen neuer Herausforderungen.

Ihr Motto: «Dream big, take a risk». Lydia Nensen alias Lydia Mel (von «Melody») ist in Büsingen aufgewachsen und verbrachte einen grossen Teil ihres Lebens in Sydney und Stockholm – bis sie eine schwere Nervenkrankheit zurück in die Schweiz brachte. Auch nach jahrelanger Therapie, kämpft Lydia Nensen mit den Auswirkungen der Krankheit. Doch sie hat gelernt, damit zu leben und auf ihren Körper zu hören. Die Musik spielt in ihrem Leben schon immer eine wichtige Rolle. «Musik ist die beste Therapie für mich. Das Liederschreiben hilft mir, Sachen zu verarbeiten.» Mit «Different Planet» veröffentlicht die 31-Jährige ihre erste Single.

Musikalischer Hintergrund

Schon als kleines Mädchen bedeutet die Musik alles für Lydia Mel. Als Siebenjährige beginnt sie mit Klavierunterricht, das Texten und Liederschreiben entdeckt sie dadurch, dass sie sich selbst am Klavier begleitet. Immer und überall denkt Lydia Mel über Lieder und Melodien nach. «Einmal habe ich sogar ein Lied auf den Rand meines Französisch-Voci-Tests geschrieben, weil mir der Text einfach nicht mehr aus dem Kopf ging». Mit Gesangsstunden beginnt sie im Teenageralter und wirkt bald in diversen nationalen und internationalen Musikprojekten mit – am Klavier oder als Sängerin. 2008 gewinnt sie mit dem Schaffhauser Rapper Sympaddyc einen Radiowettbewerb von «Radio Munot». Kurze Zeit später erhält sie eine Anfrage, die sie heute zu ihren bisherigen Höhepunkten zählt: «Als Ersatzpianistin tourte ich mit einer österreichischen Band durch die USA!» In ihrer Zeit in Australien und Schweden sammelt sie weitere Erfahrungen – Einflüsse, die ihren musikalischen Stil prägen. 

Der Schicksalsschlag

2014 hat Lydia Mel einen Unfall, der die chronische Nervenkrankheit CRPS auslöst. «Ich habe mich beim Kochen verbrannt, es wurden zunächst <nur> Verbrennungen zweiten Grades diagnostiziert», erzählt die Musikerin. Statt zu heilen, werden die Schmerzen immer stärker. «Ein Jahr später konnte ich die Hand gar nicht mehr bewegen.» Bald kommen weitere körperliche Beschwerden hinzu. «Es war eine sehr schwierige Zeit. Ich konnte nicht mehr arbeiten, mein Körper brauchte immer mehr Ruhe und ich bekam über mehrere Jahre hinweg intensive medizinische Behandlungen», so Lydia Mel, die zu dieser Zeit in Schweden als Klavierlehrerin arbeitet und in diversen Songwriting-Projekten und Live-Auftritten involviert ist. Da es sich um eine sehr seltene Krankheit handelt und die Behandlungsmöglichkeiten nicht überall gleich gut sind, entscheidet sie 2019, gemeinsam mit ihrem Mann, zurück nach Büsingen zu kommen. 

Der Traum von einer professionellen Pianistinnen-Karriere ist zu diesem Zeitpunkt ausgeträumt. Doch Lydia Mel ist eine Kämpferin und gibt nicht auf, sondern widmet sich dem, was sie noch kann: dem Texten und Singen. «Beim Liederschreiben verarbeite ich, was in mir und um mich herum passiert», erklärt die Künstlerin. 

Nach vielen schwierigen Monaten, in denen sich alles um die Behandlung ihrer Krankheit dreht, erkennt Lydia Mel, dass sie ihre Gesundheit mit der Musik fördern kann und entscheidet sich dazu, weiterzumachen. So bewirbt sie sich für einen Bachelorstudienplatz in Songwriting am Berklee College of Music in Boston. Sie wird angenommen und studiert nun im Fernstudium in Etappen, so wie es ihre Gesundheit und die Umstände zulassen. «Durch die Krankheit braucht mein Körper mehr Ruhepausen, das habe ich gelernt. Es ist ein Geschenk für mich, dieses Studium trotzdem absolvieren zu dürfen.» Das Singen ist bis heute die beste natürliche Therapie für die 31-Jährige. Lydia Mel sieht die Musik als einen Schlüssel, den Fokus weg von den eigenen Problemen zu legen.

Filmdreh im Smilestones

Zum «Turning Point», an dem Lydia Mel entscheidet, sich voll auf die Musik zu konzentrieren, kommt es durch den erneuten Kontakt zu ihrem ehemaligen Klavierlehrer aus Zürich. «Als er sagte <Du bist wie ein Auto, das noch in der Garage steht. Du bist zwar krank, aber du kannst noch singen und Lieder schreiben>, rüttelte mich das so richtig wach», erinnert sich Lydia Mel. Kurz darauf beginnen sie gemeinsam, einige ihrer Lieder neu zu verpacken – wobei die schwedischen Einflüsse vom Electropop unverkennbar sind. Produziert und gemischt werden die Lieder in den Sonar Sound Studios Zürich. Mit «Different Planet» veröffentlichte Lydia Mel den ersten von fünf Songs. Das Lied spiegelt einen Teil ihrer Lebensgeschichte wider, «es ist alles anders, aber immer noch gleich». Mit dem Lockdown bekam das Lied sogar noch einen viel tieferen Sinn: «Was wir immer brauchen, sind Liebe, Freundschaft und Gemeinschaft.» 

Das Video zu «Different Planet», in dem Lydia Mel in einem Astronautenanzug zu sehen ist, wurde in der Region Schaffhausen gedreht. «Die 360-Grad-Kamera verleiht dem Randen, den Feldwegen und der Stadt einen Planeteneffekt», so Lydia Mel zur Produktion. Das zweite Lied «Another Dimension» wird ab dem 21. Mai auf ihren Kanälen zu hören sein. Der Videodreh dazu hat einen ganz besonderen Hintergrund: «Passend zu anderen Dimensionen, filmten wir einerseits in der Smilestones-Miniaturwelt in Neuhausen, andererseits am Rheinfall», gibt Lydia Mel einen kleinen Vorgeschmack.

Vorfreude auf Live-Auftritte

«Meine Musik soll andere berühren und dazu ermutigen weiterzumachen, nicht aufzugeben», sagt Lydia Mel. Sie erinnert sich, dass sie bereits früher Freundinnen nicht mit Worten, sondern mit Liedern aufmunterte. Und obwohl sie Stockholm vermisst, fühlt sich Lydia Mel in Schaffhausen wieder zuhause. Heute steht sie als selbstbewusste junge Frau da, geprägt von den Herausforderungen, welche ihre Krankheit mit sich brachte. Aktuell freut sie sich darauf, bald einmal live auftreten zu können und ihre ersten eigenen Singles zu präsentieren. Denn, wie Lydia Mel so schön sagt:  «Musik ist eine Sprache, um andere Sachen auszudrücken als mit Worten».

Lara Gansser, Schaffhausen24