Gemäss Zahlen von Gesundheitsförderung Schweiz bewegt sich rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung nicht ausreichend, mehr als eins von sieben Kindern ist übergewichtig, mehr als drei Millionen Menschen leiden mindestens einmal im Monat an Rückenschmerzen und jährlich sterben 9500 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums.
Diese und weitere Gesundheitsthemen wird Michaela Hänggi, die seit dem 1. April kantonale Beauftragte für Gesundheitsförderung und Prävention ist, angehen. Die neue kantonale Fachstelle ist eine Anlaufstelle für private und öffentliche Akteure. «Ich sehe mich vor allem als Koordinatorin», so Michaela Hänggi über ihren Tätigkeitsbereich beim Gesundheitsamt.
Arbeit in Gemeinden und Kanton
Michaela Hänggi hat Sozialpädagogik studiert und anschliessend ein Masterstudium im Bereich Gemeinde-, Stadt-, und Regionalentwicklung absolviert. Zuletzt war sie als Jugendbeauftragte des Kantons Schaffhausen tätig, wo sie in den letzten Jahren am kantonalen Aktionsprogramm Gesundheitsförderung Jugend mitarbeitete.
«Ich bin mich noch viel am Orientieren», so die 47-Jährige rückblickend auf ihre ersten sechs Wochen. Der zukünftige Fokus liegt auf der Entwicklungsarbeit: Projekte sichten, ordnen und umsetzen. Hier arbeitet sie eng mit diversen Fachstellen und Akteuren zusammen. Aktuell beschäftigt sich Michaela Hänggi unter anderem mit den Bewegungsförderungsprojekten «Schule in Bewegung» und «Purzelbaum». Ihre Aufgabe sieht sie auch darin, die Vernetzung zwischen den Fachstellen zu fördern. «Statt ganz neue Projekte zu entwickeln, nutzen wir bereits vorhandene Ressourcen», erklärt Michaela Hänggi. So wurde die Integrationsfachstelle Integres beauftragt, das Projekt Femmes-Tisch umzusetzen. Femmes-Tische sind vertrauliche Gesprächsrunden unter Frauen, die in mehr als 20 Sprachen durchgeführt werden. Das Angebot soll vor allem Migrantinnen unterstützen, andere Frauen kennenzulernen.
Nah an der Zielgruppe sein
Sensibilisierung und Information nennt Michaela Hänggi als zwei relevante Stichworte in ihrer Tätigkeit. Die Menschen müssen wissen, dass sie genug Wasser trinken und sich ausreichend bewegen sollen. «Ich selbst würde mich in diesen Bereichen als Durchschnittsmensch bezeichnen, dadurch bin ich der Zielgruppe auch näher», so die Beauftragte. Und ergänzt: «Ich laufe nicht jeden Tag 10 000 Schritte.» Dadurch, dass sie sich in den letzten zwei Jahren sehr stark mit Gesundheitsförderung befasst hat, konnte sie vieles in ihrem Verhalten erkennen und auch verändern. «Ich achte mittlerweile beim Einkaufen noch mehr darauf, was in den Lebensmitteln drin ist, und konsumiere weniger Zucker sowie Fleisch.» Auch ihren zehnjährigen Zwillingen zuliebe. «Jede und jeder will, dass die Kinder gesund aufwachsen», so die 47-Jährige. Die Familienzeit ist ihr sehr wichtig, sei es beim Wandern oder Spielen. Weiter ist sie in ihrer Freizeit politisch und ehrenamtlich in Thayngen engagiert und präsidiert in der Gemeinde die Kinder- und Jugendkommission.
Bewegung, Ernährung und Psyche
Thematisch stehen, in Anlehnung an das kantonale Aktionsprogramm, momentan drei Bereiche im Fokus: Bewegung, Ernährung und psychische Gesundheit. «Schaffhausen hat viel Potential in diesen Themen und es sind bereits viele gute Ansätze vorhanden» sagt Michaela Hänggi. Sie ergänzt: «Meine erste Aufgabe ist es nun, eine Übersicht zu bekommen, Vernetzungsgefässe zu schaffen und daraus konkrete Ziele zu entwickeln.»
Die Früherkennung ist ein wichtiges Gebiet der Gesundheitsförderung. «Beispielsweise gibt es Jugendliche, die täglich gamen und dadurch nicht mehr richtig schlafen können», so Michaela Hänggi. Dies könne bis zum Verlust der Lehrstelle führen. Ziel der neuen Fachstelle ist unter anderem, einerseits Kinder und Jugendliche zu sensibilisieren – beispielsweise mittels Workshops an Schulen – und andererseits die Eltern zu erreichen, damit diese wachsam sind. «Für Hilfesuchende müssen dann entsprechende Beratungsstellen zur Verfügung stehen», ergänzt die Beauftragte.
Gesunde Verhältnisse schaffen
In der Gesundheitsförderung geht es nicht nur darum, das Verhalten von Menschen zu verändern, sondern auch Verhältnisse zu schaffen, die eine Veränderung ermöglichen. «So brauchen wir auch in den kleinen Gemeinden gute Velowege und attraktive Spielplätze», nennt Michaela Hänggi ein Beispiel. Auch auf die Corona-Pandemie nimmt die Beauftragte Bezug: «Gefährdete Personen sind aktuell noch gefährdeter. Etwa 80 Prozent der Vorerkrankungen könnten jedoch durch einen gesunden Lebensstil vermieden werden.» Im Homeoffice sieht sie selbst Vor- und Nachteile: «Die Leute kochen mehr selber und kaufen regionaler ein. Ausserdem verbringen Familien mehr Zeit miteinander, das ist schön», so Michaela Hänggi. Und ergänzt kritisch: «Aber man sitzt halt auch die ganze Zeit aufeinander und viele Arbeitsplätze sind nicht ergonomisch eingerichtet.»
Aber was muss denn nun geschehen, damit sich die Bevölkerung gesünder verhält? «Jede Person muss das finden, was für ihn oder sie selbst gut ist», so die Thayngerin. Statt alles auf einmal zu verändern, seien kleine Veränderungen, die dann zur Routine werden, viel sinnvoller. Ganz nach dem Motto: «Kleine Veränderungen können Grosses bewegen».