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Kanton
04.09.2025

Mit Wissen den Hof stärken

Lukas Vogelsanger, frisch diplomierte Meisterlandwirt, setzt auf regenerative Landwirtschaft und tiergerechte Damhirschhaltung.
Lukas Vogelsanger, frisch diplomierte Meisterlandwirt, setzt auf regenerative Landwirtschaft und tiergerechte Damhirschhaltung. Bild: Fam. Vogelsanger
Lukas Vogelsanger hat die Meisterlandwirt-Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Im Gespräch mit dem Schaffhauser Bauer spricht er über seine Ausbildung, seine Zukunftspläne und den Familienbetrieb Landenhof in Beggingen.

Ende August nahmen die Absolventinnen und Absolventen der Höheren Berufsbildung am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg ihre eidgenössischen Diplome entgegen. Unter ihnen war auch Lukas Vogelsanger aus Beggingen, der neben der Betriebsleiterschule nun auch den Meisterlandwirt erfolgreich abgeschlossen hat. «Ich kann es noch gar nicht fassen, dass ich nun fertig bin mit der Ausbildung», sagt er.

Was hat die Ausbildung insgesamt beinhaltet?
Lukas Vogelsanger, diplomierter Meisterlandwirt: Die Betriebsleiter-Ausbildung ist sehr essenziell. Dort schreibt man eine Betriebsstudie über den eigenen Betrieb und nimmt alle Zahlen auseinander: Wirtschaftlichkeit, Buchhaltung, Interpretation der Zahlen. Das war wegweisend. Zudem hatten wir Fächer wie Ackerbau, biologischer und biologisch-dynamischer Landbau. Viele dieser Inhalte konnte ich auf unserem Gemeinschaftsbetrieb Landenhof umsetzen. Der Meister war dann eher noch für das fundierte Wissen da und erleichtert mir heute, den Betrieb zu führen. Rückblickend ist der Schritt wichtig gewesen, um fachlich breiter aufgestellt zu sein und für die Zukunft Sicherheit zu gewinnen.

Sie mussten einen Businessplan schreiben. Worum ging es?Vogelsanger: Ich hatte drei Themen zur Auswahl: Agroforst, Doppelnutzung der Weideflächen mit Hirschen und Ackerbau sowie Fotovoltaik. Entschieden habe ich mich für die Fotovoltaikanlage auf unserem Dach, da die Stromzuleitung ohnehin ersetzt werden sollte. Der Businessplan war kein Herzensprojekt, aber ein realistisches. Wir werden ihn momentan zwar nicht umsetzen, doch es war wichtig, alles durchzurechnen. Künftig könnte eine Eigenverbrauchsanlage mit Blick auf Elektrofahrzeuge und die Heutrocknung interessant werden. Beim Erstellen des Businessplans beschäftigt man sich sehr detailliert mit Fragen, die man sonst gerne hinausschiebt. So konnte ich Themen neu bewerten und die wirtschaftlichen Auswirkungen verschiedener Projekte vergleichen.

Warum haben Sie nach der Betriebsleiterschule auch noch den Meister gemacht?
Vogelsanger: Ich werde noch 30 Jahre als Landwirt arbeiten und wollte Sicherheit und ein breites Wissen. Die Pflichtfächer wie Agrarpolitik, bäuerliches Bodenrecht oder Versicherungen helfen mir. Auch das Excelprogramm «Betvor», mit dem ich Projekte über sechs Jahre durchrechnen kann, ist ein grosser Gewinn. Der Betriebsleiter gibt das Fundament, der Meister baut darauf auf. Dieses Wissen ist etwas, das ich mein ganzes Berufsleben lang nutzen kann.

Was hat Sie in der Ausbildung besonders überrascht?Vogelsanger: Der breitere Blickwinkel. Das Schwierigste für uns Landwirte ist, sich zu positionieren: Lebensmittel zu produzieren und gleichzeitig im Einklang mit der Natur zu arbeiten – effizient und ökologisch. Die Weiterbildung hat mir gezeigt, dass wir mit unserem Weg richtig liegen. Besonders wertvoll war der Austausch mit den anderen Absolventinnen und Absolventen.

Das heisst, ihr setzt weiter auf regenerative Landwirtschaft?Vogelsanger: Ja. Für uns ist die biologisch-dynamische und regenerative Landwirtschaft zukunftsweisend. Wir wollen im Biobereich wieder etwas Pionierarbeit leisten. Ein Beispiel: Der Ackerfuchsschwanz, welcher bereits Resistenzen gegen Herbizide entwickelt ha. Es gibt kaum mehr Pflanzenschutzmittel die wirken. Seit wir kein Spritzmittel und keinen schnell verfügbaren Stickstoff mehr einsetzen, haben wir mit ihm keine Probleme mehr. Jeder Betrieb muss seinen eigenen Weg finden, aber für uns stimmt dieser Ansatz.

Wo sehen Sie den Betrieb in 10 oder 20 Jahren?
Vogelsanger: Unser grösstes Standbein, der Ackerbau, soll bis dahin perfektioniert sein. Wir wollen Humus aufbauen und die Bodenqualität verbessern. Zudem hoffe ich, dass sich unser Damhirsch Fleisch stärker etabliert. Gesunde, nachhaltige Lebensmittel in hoher Qualität – das ist unser Ziel.

Was wünschen Sie sich von Politik und Gesellschaft?
Vogelsanger: Mehr Verständnis. Der Graben zwischen Stadt und Land ist gross. Viele politische Vorstösse sind nicht realistisch, weil das Wissen fehlt. Ich wünsche mir mehr Auseinandersetzung der Bevölkerung mit Landwirtschaft, mehr Toleranz und Transparenz auf beiden Seiten.

Welchen Rat geben Sie jungen Berufskolleginnen und -kollegen?Vogelsanger: Das Wichtigste ist, sich bewusst zu sein, dass wir eine grosse Verantwortung gegenüber der Natur haben. Wir können vieles direkt bewirken. Hört auf die Natur – das kommt zurück.

Landenhof Beggingen

Lukas und Eric Vogelsanger sowie Lukas’ Frau Alessia führen den Landenhof mit Fokus auf Ackerbau und Damwildhaltung. Auf 14 Hektaren leben bis zu 250 Hirsche, die stressfrei auf dem Hof geschossen und in der eigenen Metzgerei verarbeitet werden. Der Hofladen und die Website landenhof.com dienen als zentrale Absatzkanäle. Seit 2024 ist der Betrieb Demeter-zertifiziert und setzt auf pfluglose Bewirtschaftung, Dauerbegrünung und gezieltem Humusaufbau. Jeder bringt sein Know-how ein: Eric bringt sein ETH-Wissen in den Ackerbau ein, während Alessia das Büro, den Hofladen und die Kommunikation betreut. Lukas kümmert sich um die Hirschzucht und den Futterbau.

Ihr Ziel: gesunde Böden, hochwertige Lebensmittel – nachhaltig und zukunftsgerichtet.

Schaffhausen24, Originalmeldung Nici Peter