«Die Landwirtschaft war schon immer ein Bubentraum von mir», erzählt Pius Zehnder. Der Schaffhauser Unternehmer lebt heute mit seiner Frau Astrid in Bargen. In den letzten Jahren konnten sich die beiden dort einen Traum erfüllen. Der ehemalige Firmengründer und Inhaber des Bauunternehmens «pmb bau ag» ist heute nicht mehr nur im Immobiliengeschäft tätig, sondern züchtet auch mit grosser Leidenschaft eigene Angusrinder. Wie er zu dieser Passion gekommen ist, erzählt Pius Zehnder: «Zu unserer Hochzeit vor zehn Jahren haben wir von einigen guten Freunden eine Anguskuh mit Kalb geschenkt bekommen. Sie wussten, dass wir grosse Tierfreunde sind. Als wir die Tiere bekamen, war klar, dass ein Stall nötig war.» Zufällig ergab sich zur gleichen Zeit die Möglichkeit, einem älteren Bauern in Bargen seine Scheune abzukaufen. So wagten die Zehnders den Schritt in die Landwirtschaft. Worauf Pius Zehnder 2016 nochmals die Schulbank drückte und eine Ausbildung zum Landwirt absolvierte. «Ich konnte mein Wissen vertiefen. Und weil damals auch alles mit der Übergabe der ‹pmb bau ag› an den neuen Inhaber Pascal Gurtner funktioniert hat, haben wir den Schritt dann gewagt», erklärt Pius Zehnder.
Vom Maurer zum Landwirt
Ursprünglich machte Pius Zehnder eine Lehre als Maurer. Rückblickend findet er die Berufe Maurer und Landwirt gar nicht so unterschiedlich. «Beide Berufe macht man draussen an der frischen Luft und sind körperlich aktiv. Der einzige grosse Unterschied ist, dass wir auf dem Bau keine Tiere haben», fügt er schmunzelnd hinzu. Ein weiterer Vorteil war, dass Pius und Astrid Zehnder rasch gute Kontakte mit Anguszüchtern schweizweit knüpfen konnten und so schnell Fuss fassten. 2018 kam dann ein weiteres Projekt dazu. Die «zehnder immo ag» kaufte den alten Gasthof Ziegelhütte. Gemeinsam mit seiner Frau und dem Gastronom Urs Hallauer, der bis Ende 2020 im Gemeindehaus Merishausen gewirtet hatte, investierten sie viel Zeit und Herzblut in das Neubauprojekt des Gasthofs Ziegelhütte. Anfang 2021 konnte die «Hallauer Gastro GmbH», den neu gebauten Gasthof Ziegelhütte eröffnen.
Nebst dem Cordon-Bleu bietet Urs Hallauer Angus-Spezialitäten vom hauseigenen Rind an. Denn direkt neben der Ziegelhütte nutzen Pius und Astrid Zehnder das landwirtschaftliche Weideland für ihre Angusrinder. Ziel ist es, die Küche des Gasthofs Ziegelhütte mit eigenen Angusrindern zu beliefern. Doch die Umsetzung der Projekte war nicht ganz einfach. «In der Vergangenheit gab es einige Diskussionen rund um unsere Bauprojekte bei der Ziegelhütte», erinnert sich Pius Zehnder. «Es war ein langer Weg, bis wir den Weideunterstand so machen durften, wie er heute dasteht. Rückblickend war dieses Projekt mit dem Weideunterstand für alle Beteiligten und vor allem für das Tierwohl der Angus-Herde, die richtige Entscheidung.»
Das Tierwohl an erster Stelle
Nebst dem Weideunterstand direkt bei der Ziegelhütte, wo immer nur ein kleiner Teil der Herde steht – ausser in den vier Wintermonaten – befindet sich die grosse Herde meist in Bargen. Und dann gibt es laut Pius Zehnder noch die sogenannte «Wellness-Auszeit» für die Angusrinder. 25 Tiere sind jeweils für 100 Tage auf der Alp im Engadin. Dort haben sie, wegen der Höhe, weniger Hitzestress und Ruhe vor den lästigen Fliegen und Bremsen. Insgesamt besteht die Herde aus etwa 30 Tieren.
Zu 100 Prozent dahinter stehen
Pius Zehnder ist überzeugt, dass ihr Unternehmen «Zehnder Angus» als Produzent Premium-Fleisch erzeugt. «Unsere Tiere bekommen ausschliesslich Gras, Heu und eigene Grassilage», erklärt der Landwirte. Das sei ihm wichtig. Für ihn ist klar: «Mit dieser Futtergrundlage ist das Angusrind die beste Rasse für die Mutterkuhhaltung in unseren Breitengraden. Werden alle Faktoren beachtet und konsequent eingehalten, kann ich zu 100 Prozent hinter dem Fleischkonsum unserer Tiere stehen. Bei uns stehen das Tierwohl und die Qualität im Vordergrund.» Deshalb sind deren Weideflächen und Stallbauten grosszügig bemessen – das heisst, sie hätten Platz für mehr Tiere, als sie tatsächlich besitzen. Damit verhindern die Landwirte einen Infektionsdruck, der bei Tieren durch zu wenig Platz entstehen kann. Dass direkt bei der Ziegelhütte einige Rinder stehen, ist kein Zufall. «Das gehört ganz klar zur Marketingstrategie», berichtet Urs Hallauer. «Unsere Besucherinnen und Besucher sollen sehen, wie gut es unseren Tieren geht. Und das funktioniert auch.»
Aufzeigen, woher das Fleisch kommt
Ein weiterer Punkt, der Pius und Astrid Zehnder wichtig ist, ist die Aufklärungsarbeit, in die sie Zeit investieren. «Wir machen regelmässig Vorträge, bei denen wir interessierten Leuten unsere Arbeit zeigen», erzählt Astrid Zehnder. «Was uns dabei immer wieder auffällt: Viele Personen wissen heute gar nicht mehr, woher ihr Fleisch, das sie auf dem Teller haben, eigentlich kommt.» Die Diskussion, ob es heute überhaupt noch Fleisch-Produzenten brauche, ist aktuell. «Mit unseren Wiederkäuern leisten wir einen grossen Beitrag im Flachland, wie auch in den Alpen zur Landschaftspflege und zum Erhalt der Biodiversität», erklärt die Landwirtin. Für Astrid und Pius Zehnder als auch für Urs Hallauer ist klar: «Ein bewusster Fleischkonsum von artgerecht gehaltenen Tieren ist das A und O», sagt Pius Zehnder. «Ich verzichte lieber auf Fleisch, wenn ich nicht weiss woher es stammt.»