«Seit 1975 bin ich eigentlich ununterbrochen am Fahrradfahren», erzählt Theo Otth. Der heute 75-jährige Feuerthaler hat in seinem Leben schon so einige Kilometer auf dem Sattel verbracht – in der Schweiz, in Österreich oder in Nordamerika. Gemeinsam mit seiner Frau Ruth Meister Otth plant er Mitte August ein neues Abenteuer: eine Tour entlang der Grenze rund um Deutschland. Am 13. August geht es los. Da die beiden die Strecke Feuerthalen – Salzburg über die Allgäuer Alpen bereits gemacht haben, ist der Startpunkt Bad Reichenhall, eine Ortschaft im Bundesland Bayern, etwa 15 Kilometer von der österreichischen Stadt Salzburg entfernt. Von dort aus führt die Route nordwärts bis an die Ostsee, weiter zur Nordsee, dann der Rheingrenze entlang zurück in den Süden. «Wir haben uns bewusst dafür entschieden, am Rhein entlangzufahren», erklärt Théo Otth. «Das wollten wir schon immer einmal machen, auch wenn es nicht ganz der Grenze nach ist.»
Ein Leben auf zwei Rädern
Schon als junger Mann entdeckte Théo Otth das Velofahren für sich und blieb seiner Leidenschaft bis heute treu. 1987 stellte sich der Feuerthaler einer seiner bislang grössten Herausforderungen – einer Solotour quer durch die USA. «Von San Francisco bis nach New York. Also einmal von Küste zu Küste», erinnert sich der 75-Jährige zurück. Die Route ist auch als «Race Across America» bekannt. Ein Ultraradrennen von über 4800 Kilometern und mehr als 50 000 Höhenmetern. Doch Théo Otth fuhr die Strecke auf eigene Faust. «Ich wollte unbedingt mitmachen, doch ich konnte keine Sponsoren für das offizielle Rennen finden. Also sagte ich mir: Dann fahre ich es eben allein. Ohne das Ganze rundherum.» Diese Tour war der Beginn vieler Reisen, die er später gemeinsam mit seiner Frau unternahm.
Zu zweit unterwegs
«Ich war schon immer sportlich», erzählt Ruth Meister Otth. «Früher nahm ich an Triathlons teil oder lief Halbmarathon. Das Velofahren kam erst später dazu, aber dann mit voller Begeisterung.» Ihre erste grosse gemeinsame Tour machten die beiden 2008 von Quebec bis nach Vancouver. Von dort ging es weiter Richtung Süden, bis nach San Diego. Acht Jahre später machten sich die zwei Fahrradfans erneut auf den Weg, rund um die Vereinigten Staaten. Dieses Mal vom Norden in den Süden. «Obwohl wir alle unsere grossen Touren meist in den USA gemacht haben, war jede Tour etwas ganz Einzigartiges. Kein Tag war wie der andere. Das macht es umso abenteuerlicher», fügt Ruth Meister Otth weiter hinzu. 2018 folgte eine dritte Nordamerika-Tour. Sie fuhren entlang der Grenze zwischen den USA und Kanada bis nach Missoula im Bundesstaat Montana und weiter im Landesinnern bis runter nach San Diego. Weshalb die USA es den beiden so angetan haben, antwortet Ruth Meister Otth: «Einerseits faszinieren uns dort die Landschaften, andererseits sind es die Menschen. Wir werden überall freundlich empfangen und kommen mit Einheimischen ins Gespräch, was die Reise umso besonderer macht.» Und dann ist da noch Théos heimliche Leidenschaft: «Ich bin ein grosser Country-Fan», gesteht er lachend. «In den USA ist man da natürlich am richtigen Ort.» Vor zwei Jahren machten sie ihre letzte grosse Tour. Gestartet sind sie in Vancouver, dann ging es mit der Fähre nach Vancouver Island und von dort hinauf nach Campbell River. Danach führte sie der Weg erneut südwärts. In San Diego angekommen und nach zwei Ruhetagen fuhren sie für die letzte Etappe mit den Fahrrädern wieder nach Los Angeles zurück.
Am Morgen früh
Wie ein typischer Tag unterwegs aussieht, erzählt das Ehepaar, ohne lang zu überlegen, denn sie haben sich in den letzten Jahren eine klare Routine aufgebaut. «Wir stehen morgens meist gegen fünf Uhr auf, trinken einen Kaffee und sobald es genügend hell ist, binden wir unsere beiden Taschen ans Velo und fahren los», berichtet Théo Otth. Nach rund drei Stunden und einigen Kilometern später gibt es dann Frühstück – irgendwo am Wegrand oder bei einer Raststätte. Danach geht es weiter, bis sie ihr Tagesziel erreicht haben. «Normalerweise erreichen wir unseren Übernachtungsort gegen zwei Uhr nachmittags. Dann schauen wir uns noch etwas um, essen gut zu Abend und gehen früh schlafen», sagt Ruth Meister Otth. 120 bis 150 Kilometer pro Tag sind für das Ehepaar keine Seltenheit. Zeitdruck verspüren sie dabei jedoch keinen. «Es geht uns nicht um Schnelligkeit, möglichst rasch von Ort zu Ort zu kommen», sagt Ruth Meister Otth. «Wir haben Zeit. Wenn uns unterwegs etwas interessiert, biegen wir eben ab, auch wenn es nicht geplant war.» Was den beiden besonders wichtig ist, ist, dass sie die ganzen Strecken aus eigener Kraft zurücklegen. Also ganz ohne die Hilfe oder Unterstützung eines Motors. «Wir sind Bio-Radler», sagt Théo Otth schmunzelnd. Auch bei ihrem Gepäck setzen sie nur auf das Nötigste. «Eine Tasche links, eine rechts», erklärt er weiter. «Die eine mit Kleidung und Hygieneartikeln, die andere mit Werkzeug und Ersatzteilen, wie zum Beispiel einem Fahrradschlauch.» Zelten wollen sie in der freien Wildnis nicht, das sei ihnen zu gefährlich. Stattdessen steuern sie spontan ein Hotel oder eine andere Übernachtungsmöglichkeit an. «Bisher hat alles immer bestens geklappt», ergänzt der leidenschaftliche Radler.