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Kanton
08.08.2025
05.08.2025 13:43 Uhr

Wenn die Glocken verstummen – Älplermangel in der Schweiz

Verbindung, die keine Worte braucht -Alltag auf der Alp.
Verbindung, die keine Worte braucht -Alltag auf der Alp. Bild: Angi Pfeiffer
Die angehende Landwirtin Angi Pfeiffer erzählt von ihrem Alltag während der Alpsaison im Berner Oberland.

Während die Kühe in den Bergen friedlich grasen und das Alpenpanorama in sattem Grün erstrahlt, fehlt vielerorts etwas Entscheidendes: die Menschen, die all das ermöglichen. Der Mangel an Älplerinnen und Älplern ist längst Realität – spürbar in fast allen Regionen der Schweiz. Auch in meiner aktuellen Alpsaison im Berner Oberland begegnet mir das Problem beinahe täglich.

Ich bin angehende Landwirtin, arbeite diesen Sommer mit Milchkühen und Kälbern auf der Alp – und suche bereits jetzt für die kommende Saison 2026 eine verlässliche Unterstützung. Und damit bin ich nicht allein. Viele Betriebe finden kaum mehr Mitarbeiter, die bereit sind, den Sommer mit den Tieren zu verbringen. Besonders anspruchsvoll ist es, wenn nicht nur betreut, sondern auch gemolken, geheut, gezäunt und gepflegt werden muss – mit Verantwortung, Ausdauer und Herz.

Dabei ist klar: Eine bewirtete Alp bedeutet nicht nur Käse, frische Milch oder schöne Bilder – sie ist ganz konkret ein Schutzraum. Für Tiere, die bei Gewittern, Verletzungen oder Krankheitsanzeichen jemanden brauchen, der hinsieht und handelt. Für Weiden, die gepflegt und nicht verbuschen sollen. Und für das alpine Kulturgut, das ohne Menschen nicht weitergetragen wird.

Alpalltag

Ein Tag auf der Alp beginnt meist noch bevor die Sonne die Bergspitzen berührt, dann stehen wir im Stall, zwischen dampfendem Atem, brummenden Kühen und dem vertrauten Klang der Melkmaschine. Nach dem Melken geht’s auf die Weide – Weidepflege, eine unendliche Geschichte. Heu einbringen, Zäune reparieren, Stall misten, wieder melken. Und irgendwo dazwischen: ein Kaffee im Gras, ein Marmeladenglasmoment mit der Herde, das Staunen über ein nahes Wildtier oder einen stillen Sonnenuntergang. Die Arbeit ist hart, aber sie gibt viel zurück – wenn man bereit ist, wirklich anzukommen.

Der Beruf Älpler hat es schwer. Zu tief die Löhne, zu hoch die Verantwortung, zu wenig Freizeit und Sicherheit – und oft kaum Wissen darüber, was der Alltag auf der Alp wirklich bedeutet. Dabei ist genau das die Stärke: Wer sich auf diese Arbeit einlässt, wächst. An der Natur, an sich selbst, an den Tieren. Es braucht vielleicht neue Modelle, mehr Wertschätzung und realistischere Bedingungen – aber vor allem braucht es Menschen, die noch bereit sind, diesen Weg zu gehen.

Ich wünsche mir, dass dieser Ruf gehört wird – nicht nur von jenen, die sich nach Sinn und Natur sehnen, sondern auch von Gesellschaft und Politik, die den Wert dieser Arbeit anerkennen müssen.

Älpler gesucht

Falls du selbst neugierig bist, ob eine Alpsaison etwas für dich wäre – ganz egal, ob mit oder ohne landwirtschaftliche Erfahrung – findest du auf www.zalp.ch viele Informationen, offene Stellen und Erfahrungsberichte.

Denn wenn wir den Klang der Kuhglocken auch morgen noch hören wollen, braucht es heute Menschen, die hinaufsteigen und lieben, was sie tun.

Und auch wer nicht gleich auf die Alp ziehen will – kann helfen, dass die Glocken weiterklingen: mit Interesse, mit Wertschätzung, mit dem Griff zu regionalen Produkten.

Schaffhausen24, Originalmeldung Angi Pfeiffer.