Nicht alle haben es auf dem Radar, dass die Region Schaffhausen eine Pionierrolle beim Jassen einnimmt. Aus den Niederlanden gelangte das Spiel Ende des 18. Jahrhunderts durch Söldner, Werber und reisende Handwerker in die Flussregionen der Schweiz. Besonders im Bodenseeraum, entlang des Rheins und eben auch im Schaffhauserland fand es rasch Anklang. Den frühesten schriftlichen Nachweis liefert ein Ratsprotokoll der Stadt Schaffhausen aus dem Jahr 1796: Vier Bauern wurden angezeigt, weil sie in einem Wirtshaus in Löhningen dem damals neuartigen Spiel frönten. «Überliefert ist, dass wohl der Dorfpfarrer die Bauern bei der Obrigkeit verpetzte, weil sie ihre Zeit zu ausgiebig im Wirtshaus verbrachten und dort ein neues, offenbar wenig willkommenes Kartenspiel spielten, das sie ‹Jassen› nannten», sagt Daniel Grütter.
Hochburg dank AGM
Die Spielkarte hat in Schaffhausen eine lange Geschichte: Das Museum zu Allerheiligen bewahrt mit über 18 000 Kartensets und mehr als einer Million Karten die bedeutendste Spielkartensammlung der Schweiz. Daniel Grütter, der seit bald 25 Jahren im Museum zu Allerheiligen kuratiert, erklärt: «Dieser Bestand erlaubt es uns, regelmässig Ausstellungen auf höchstem Niveau zu realisieren.» Aktuell zeigt das Museum mit «SpielKartenKunst» eine Schau, die unter anderem mit hochspannenden Werken von Félix Vallotton, HR Giger, Niki de Saint Phalle, Jean Dubuffet den Fokus auf künstlerische Positionen legt.
Dass Schaffhausen als Hochburg des Kartenspiels gilt, hat nicht nur mit seiner frühen Jasshistorie zu tun, sondern auch mit der Spielkartenfabrik AG Müller. Deren Geschichte beginnt 1828 im Haus «Zum Korallenbaum» auf dem Herrenacker. 1898 verlegte man den Firmensitz nach Neuhausen am Rheinfall. Über viele Jahrzehnte hinweg produzierte AG Müller Jass-, Skat-, Tarot- und Quartettkarten für den Weltmarkt und war die bedeutendste Spielkartenfabrik der Schweiz. Seit 1999 gehört sie zur internationalen Cartamundi-Gruppe, produziert wird heute in Turnhout, Belgien, ab nächstem Jahr dann in Spanien. Der historische Firmenbestand wurde dem Museum übergeben – und bildet das Herzstück der Schaffhauser Sammlung.