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Gesellschaft
16.07.2025

Träume niemals aufschieben

Im Hamburger Studio von Dominik Rivinius: Der gefragte Produzent arbeitete bereits mit Grössen wie Taylor Swift, Eminem oder Alicia Keys.
Im Hamburger Studio von Dominik Rivinius: Der gefragte Produzent arbeitete bereits mit Grössen wie Taylor Swift, Eminem oder Alicia Keys. Bild: zVg.
Das Leben ist alles andere als gerecht. Zwei Tage Sonnenschein und fünf Tage Donner und Blitz. Tyra Zachmann bekam die volle Schlagseite. Zuerst verunfallte ihr Vater folgenschwer, dann erhielt sie die schreckliche Diagnose Krebs. Trotz all diesen Hürden kämpfte sie sich ins Leben zurück und kam dem Traum einer Musikkarriere einen Schritt näher.

Sie ist erst 25 Jahre alt und hat schon mehr erleben müssen, als viele nicht einmal im ganzen Leben. Trotz Ängsten und Zweifel blieb die Diessenhoferin standhaft und kehrte stärker als je zuvor zurück in den Alltag. Durch das Psychologiestudium konnte sich Tyra Zachmann selber helfen. Gelernt hat sie in dieser schweren Zeit, dass man Wünschen und Zielen jetzt und nicht später nachgehen soll. 

«Bock»: Von einem Tag auf den anderen veränderte sich dein Leben: Diagnose Krebs. Was ging dir durch den Kopf?
Tyra Zachmann: Es war ein Wendepunkt. Plötzlich war alles anders. Ich habe mein Leben und meine Prioritäten komplett neu überdenken müssen. Es war der Beginn einer neuen Reise, wenn auch einer, die ich mir nie ausgesucht hätte. Obwohl ich jetzt «froh» bin, weil ich dadurch meinen Traum realisieren konnte und aus dieser Scheinwelt aufgewacht bin.

Der Weg zur Genesung war sicher ein steiniger Weg.
Zachmann: Das war er definitiv. Es gab viele Höhen und Tiefen, gute Tage und schlechte Tage. Die Therapie war anstrengend, sowohl körperlich als auch emotional. Es gab Momente, in denen ich einfach aufgeben wollte, aber dann habe ich mich immer wieder daran erinnert, warum ich kämpfe. Besiegt habe ich den Krebs jedoch noch nicht ganz.

Vor deiner schlimmen Zeit blieb dein Vater nach einem Unfall querschnittgelähmt. Wie hat deine Familie all das bewältigen können?
Zachmann: Es war eine unglaubliche Belastung für die ganze Familie. Mein Vater war immer unser Fels in der Brandung, und plötzlich war er selbst auf unsere Hilfe angewiesen. Es war eine Zeit der grossen Herausforderungen, aber es hat uns auch als Familie noch enger zusammengeschweisst. Wir haben gelernt, uns gegenseitig zu unterstützen und füreinander da zu sein.

Und wie hast du selbst stets Kraft zum Weitermachen gefunden? Entwickeltest du dazu eine Strategie?
Zachmann: Ich habe versucht, mich auf die positiven Dinge zu konzentrieren und mir kleine Ziele zu setzen. Ich habe mir gesagt, dass ich jeden Tag ein bisschen besser werden möchte, sowohl körperlich als auch mental. Ich habe auch viel Zeit mit meiner Familie und Tieren verbracht und versucht, meine Gefühle zuzulassen und zu verarbeiten. Und natürlich hat mir die Musik sehr geholfen, meine Emotionen auszudrücken und Kraft zu schöpfen.

Nahmst du zur Unterstützung psychologische Hilfe in Anspruch?
Zachmann: Nein, ich habe keine externe Hilfe hinzugezogen. Glücklicherweise konnte ich mir bei vielen Sachen dank meines Psychologiestudiums selbst helfen. Aber am meisten geholfen haben mir meine Familie, und deren positive Einstellung, sowie meine zwei Hunde Anouk und Plume.

Kannst du unterdessen optimistischer in die Zukunft schauen?
Zachmann: Ja, definitiv. Es gibt immer noch Tage, an denen es mir schwerfällt, aber insgesamt bin ich viel optimistischer als noch vor einiger Zeit. Ich habe gelernt, das Leben mehr zu schätzen und mich auf die Dinge zu konzentrieren, die mir wirklich wichtig sind, und dass ich nicht so viel Wert auf andere Meinungen legen soll.  Diese sind ja schliesslich nicht meine.

Hast du trotz all den Schrecken etwas dabei lernen können?
Zachmann: Absolut. Ich habe gelernt, dass das Leben unvorhersehbar ist, und dass man jeden Moment geniessen sollte. Ich habe gelernt, dass ich stärker bin, als ich dachte, und dass ich auch in den dunkelsten Zeiten Hoffnung finden kann. Und ich habe gelernt, wie wichtig es ist, seine Träume zu verfolgen und sich nicht von Ängsten aufhalten zu lassen. Am Abend des ersten Studiotages, als ich im Hotel sass, habe ich etwa zwei Stunden aus Freude geweint. Ich hatte echt das Gefühl angekommen zu sein.

«Ich hatte jahrelang Angst zu versagen, Angst vor Ablehnung, Angst vor dem, was die Leute sagen würden. Angst vorm Anders sein.»
Tyra Zachmann, Psychologiestudentin und Musikerin

All diese Zerbrechlichkeit hat dir vor Augen geführt, dass man seine Träume nicht vor sich herschieben soll. War es dennoch schwer Mut zu fassen und es mit der Musik zu wagen?
Zachmann: Es war unglaublich schwer. Ich hatte jahrelang Angst zu versagen, Angst vor Ablehnung, Angst vor dem, was die Leute sagen würden. Angst vorm Anders sein. Aber irgendwann habe ich realisiert, dass die Angst, es nicht zu versuchen, noch viel grösser ist. Ich habe mir gesagt, dass ich es zumindest versuchen muss, und wenn es nicht klappt, dann habe ich es wenigstens probiert.

Wie kam es dazu, dass du mit dem renommierten Produzenten Dominik Rivinius zusammenarbeiten konntest?
Zachmann: Nachdem ich zwei Wochen recherchiert hatte, welche Produzenten erfolgreich sind und an Bedeutung gewinnen, kontaktierte ich Dominik Rivinius und einige andere. Nachdem ich ihm Gesangsaufnahmen und weiteres Material zukommen liess, führten wir ein Zoom-Meeting. In diesem Gespräch erläuterte er seine Arbeitsweise, seine Konditionen und gab mir einen Einblick in das Musikbusiness. Nach reiflicher Überlegung entschied ich mich für eine Zusammenarbeit und reiste eine Woche später nach Hamburg.

Welche Erfahrungen konntest du sammeln?
Zachmann: Die Zusammenarbeit mit Dominik war eine unglaublich wertvolle Erfahrung. Ich habe so viel über Songwriting, Produktion und die Musikbranche gelernt. Er hat mir auch geholfen, mein Selbstvertrauen als Künstlerin zu stärken und meinen eigenen Sound zu finden wir sind mittlerweile auch richtig gut befreundet.

Was für Songs sind dabei entstanden? Und was bedeuten sie dir?
Zachmann: Es sind Songs entstanden, die ehrlich, authentisch und persönlich sind. Sie handeln von meinen Erfahrungen, meinen Ängsten, meinen Hoffnungen und meinen Träumen. Sie bedeuten mir sehr viel, weil sie ein Teil von mir sind und weil ich hoffe, dass sie auch andere Menschen berühren können.

Deine Debüt-Single ist Anfang Monat erschienen. Wie geht es nun mit deiner musikalischen Karriere weiter?
Zachmann: Die Veröffentlichung meiner Debüt-Single hat sich aufgrund technischer Schwierigkeiten verzögert. Es gab eine fehlerhafte Verknüpfung mit einem anderen Künstlerprofil. Kurzgesagt, es war eine richtige komplizierte Sache einen Song hochzuladen. Mein Ziel ist es, meine Musik einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen und meine Botschaft zu verbreiten. Daher bin ich aktiv auf der Suche nach einem Management, das mich bei der Verwirklichung meiner Ziele unterstützt. Ich würde mir wünschen, eines Tages Musik mein Beruf nennen zu können.

Kann man dich bald live erleben?
Zachmann: Live-Auftritte sind definitiv mein erklärtes Ziel. Da die Veröffentlichung einer einzelnen Single für die Realisierung von Konzerten jedoch nicht ausreichend ist, arbeite ich derzeit an einem Konzept, um in den kommenden Monaten Live-Performances zu ermöglichen. Ich freue mich sehr darauf, meine Songs live zu präsentieren und mit meinem Publikum in Kontakt zu treten.

Zum Schluss ein paar ermutigende Worte an Personen, die sich gerade in einem dunklen Strudel befinden.
Zachmann: Wenn du dich gerade in einem dunklen Strudel befindest, dann möchte ich dir sagen: Du bist nicht allein. Es ist okay, sich schlecht zu fühlen, es ist okay, Hilfe anzunehmen. Gib nicht auf, auch wenn es schwerfällt. Es gibt immer einen Weg aus der Dunkelheit, und du bist stark genug, ihn zu finden. Glaube an dich selbst, verfolge deine Träume und lass dich nicht von Ängsten aufhalten. Du bist wertvoll, du bist wichtig, und du hast so viel zu geben. Das Leben ist kein Social Media Profil.

Sandro Zoller, Schaffhausen24