Sie ist erst 25 Jahre alt und hat schon mehr erleben müssen, als viele nicht einmal im ganzen Leben. Trotz Ängsten und Zweifel blieb die Diessenhoferin standhaft und kehrte stärker als je zuvor zurück in den Alltag. Durch das Psychologiestudium konnte sich Tyra Zachmann selber helfen. Gelernt hat sie in dieser schweren Zeit, dass man Wünschen und Zielen jetzt und nicht später nachgehen soll.
«Bock»: Von einem Tag auf den anderen veränderte sich dein Leben: Diagnose Krebs. Was ging dir durch den Kopf?
Tyra Zachmann: Es war ein Wendepunkt. Plötzlich war alles anders. Ich habe mein Leben und meine Prioritäten komplett neu überdenken müssen. Es war der Beginn einer neuen Reise, wenn auch einer, die ich mir nie ausgesucht hätte. Obwohl ich jetzt «froh» bin, weil ich dadurch meinen Traum realisieren konnte und aus dieser Scheinwelt aufgewacht bin.
Der Weg zur Genesung war sicher ein steiniger Weg.
Zachmann: Das war er definitiv. Es gab viele Höhen und Tiefen, gute Tage und schlechte Tage. Die Therapie war anstrengend, sowohl körperlich als auch emotional. Es gab Momente, in denen ich einfach aufgeben wollte, aber dann habe ich mich immer wieder daran erinnert, warum ich kämpfe. Besiegt habe ich den Krebs jedoch noch nicht ganz.
Vor deiner schlimmen Zeit blieb dein Vater nach einem Unfall querschnittgelähmt. Wie hat deine Familie all das bewältigen können?
Zachmann: Es war eine unglaubliche Belastung für die ganze Familie. Mein Vater war immer unser Fels in der Brandung, und plötzlich war er selbst auf unsere Hilfe angewiesen. Es war eine Zeit der grossen Herausforderungen, aber es hat uns auch als Familie noch enger zusammengeschweisst. Wir haben gelernt, uns gegenseitig zu unterstützen und füreinander da zu sein.
Und wie hast du selbst stets Kraft zum Weitermachen gefunden? Entwickeltest du dazu eine Strategie?
Zachmann: Ich habe versucht, mich auf die positiven Dinge zu konzentrieren und mir kleine Ziele zu setzen. Ich habe mir gesagt, dass ich jeden Tag ein bisschen besser werden möchte, sowohl körperlich als auch mental. Ich habe auch viel Zeit mit meiner Familie und Tieren verbracht und versucht, meine Gefühle zuzulassen und zu verarbeiten. Und natürlich hat mir die Musik sehr geholfen, meine Emotionen auszudrücken und Kraft zu schöpfen.
Nahmst du zur Unterstützung psychologische Hilfe in Anspruch?
Zachmann: Nein, ich habe keine externe Hilfe hinzugezogen. Glücklicherweise konnte ich mir bei vielen Sachen dank meines Psychologiestudiums selbst helfen. Aber am meisten geholfen haben mir meine Familie, und deren positive Einstellung, sowie meine zwei Hunde Anouk und Plume.
Kannst du unterdessen optimistischer in die Zukunft schauen?
Zachmann: Ja, definitiv. Es gibt immer noch Tage, an denen es mir schwerfällt, aber insgesamt bin ich viel optimistischer als noch vor einiger Zeit. Ich habe gelernt, das Leben mehr zu schätzen und mich auf die Dinge zu konzentrieren, die mir wirklich wichtig sind, und dass ich nicht so viel Wert auf andere Meinungen legen soll. Diese sind ja schliesslich nicht meine.
Hast du trotz all den Schrecken etwas dabei lernen können?
Zachmann: Absolut. Ich habe gelernt, dass das Leben unvorhersehbar ist, und dass man jeden Moment geniessen sollte. Ich habe gelernt, dass ich stärker bin, als ich dachte, und dass ich auch in den dunkelsten Zeiten Hoffnung finden kann. Und ich habe gelernt, wie wichtig es ist, seine Träume zu verfolgen und sich nicht von Ängsten aufhalten zu lassen. Am Abend des ersten Studiotages, als ich im Hotel sass, habe ich etwa zwei Stunden aus Freude geweint. Ich hatte echt das Gefühl angekommen zu sein.