Wo einst der Wein kelterte, schlafen heute Gäste in überdimensionalen Holzfässern. Willkommen im Fasshotel Trasadingen, einem Ort, an dem der Agrotourismus nicht nur eine Geschäftsidee, sondern gelebte Überzeugung ist.
«Ehrlich gesagt entstand die Idee in einer lustigen Runde», erinnert sich Katja Waldmeier, Gastgeberin mit Herzblut. «Damals war ‹Schlafen im Stroh› gerade im Trend – aber wir hatten nie Tierhaltung. Der Wein war unser Hauptzweig. Also dachten wir: Schlafen im Fass.» Es blieb nicht bei der Idee. Heute stehen vier mächtige Weinfässer auf dem Gelände. Ausgestattet mit Betten auf mehreren Etagen, hat jedes Platz für bis zu sechs Gäste – wobei nur zusammengehörige Gruppen oder Paare ein Fass belegen.
Über eine kleine Tür – aufrecht kommt niemand hinein – betritt man die Fässer. Eine Leiter führt zu den Schlafplätzen bis hinauf unters Dach. «Wer’s luftig mag und keine Höhenangst hat, schläft oben am besten», lacht Katja. Kleine Lampen fluten den Innenraum mit Licht und lassen Matratzen, Decken und Kissen einladend wirken. Tagsüber ist der Platz begrenzt – gewollt, denn das Konzept heisst zurück zur Natur – Slowtourismus: Weniger ist mehr. Fernseher? Fehlanzeige. Dafür Wandertipps, Gespräche, ein gutes Glas Wein.
Mehr als nur Übernachten
WLAN und Technik sucht man vergeblich, dafür gibt es echte Gastfreundschaft. «Viele kommen nicht nur zum Schlafen, sondern wollen auch uns und unsere Arbeit kennenlernen», sagt Katja. Als zertifizierte Naturpark-Wirtin ist ihr Regionalität ein Herzensanliegen: «Ich verarbeite am liebsten Produkte aus dem Naturpark – Honig vom Nachbarn, Fleisch aus dem Nachbardorf, Traubensaft vom eigenen Rebberg.»
Dass dieses Angebot ankommt, beweisen die vielen Stammgäste – und auch jene, die überrascht werden. Wie jene Dame, die einst in Absatzschuhen und Sommerkleid anreiste und nach einer Rezeption suchte: «Sie hatte sich etwas ganz anderes vorgestellt. Sie blieb über Nacht, frühstückte bei uns – und obwohl sie sagte, sie käme nie mehr, meinte sie, dass es trotzdem sehr gut gewesen sei.» Das passt zur Philosophie der Waldmeiers: kein Angebot für alle, aber ein Erlebnis für viele.
Agrotourismus mit Tiefe
Hinter dem kulinarischen Erlebnis steckt harte Arbeit – besonders in den Erntezeiten. «Das Zeitmanagement war eine Herausforderung. Wenn viel im Rebberg zu tun ist, fällt es mir schwer, gleichzeitig Gastgeberin zu sein.» Heute helfen feste Check-in-Zeiten und ein eingespieltes Team. Auch Ferien zu nehmen, war ein Lernprozess: «Mittlerweile gönnen wir uns eine Woche. Das musste ich lernen.»
Dass sich die Mühe lohnt, zeigen die Rückmeldungen. Gäste dürfen nicht nur im Fass schlafen, sondern auch den Rebberg erleben – inklusive Rebschnitt mit Anleitung. «Ein Highlight für unsere internationalen Gäste», erzählt Katja lachend. «Manchmal muss ich sie sogar bremsen.» Diese Form des Tourismus schafft Wertschätzung, was ein Feedback besonders eindrücklich zeigte: «Ein Gast sagte: ‹Sie haben nicht gejammert, sondern haben mir die Wertschöpfung gezeigt.› Das hat mich berührt.»
Katja Waldmeier ist überzeugt: Agrotourismus leistet einen wertvollen Beitrag zur bäuerlichen Wertschöpfung. Als Präsidentin der Rebbaugenossenschaft Trasadingen bringt sie sich aktiv ein. Neue Projekte wie eine Velosafari bieten neue Chancen.
Frühstück mit Spassfaktor
Ein Höhepunkt der Saison ist der 1. Augustbrunch – nicht nur kulinarisch. Er beginnt morgens um neun, mit einem Buffet, das von Rösti über Rührei bis zu hausgemachten Desserts alles bietet. Zopf, Lachsforelle, Fleisch aus der Region – alles frisch, saisonal und liebevoll präsentiert. Und dann der Clou: Der Preis richtet sich nach der Körpergrösse – 18 Rappen pro Zentimeter.
«Das Messen sorgt jedes Mal für Lacher», erzählt Katja. «Es gibt keinen zweiten Tischbezug – unsere Gäste dürfen bis 13 Uhr sitzen bleiben und geniessen.» Bei schlechtem Wetter ist bei rund 50 Personen Schluss, bei Sonnenschein dürfen es auch mal ein paar mehr sein – sofern sie spontan Platz finden. Orangensaft? Fehlanzeige. «Bei uns wachsen keine Orangen. Dafür gibt es Apfelsaft, Traubensaft und Sekt.»
Was nicht fehlen darf: das hausgemachte Birchermüesli und die in Butter gebratene Rösti. «Vielleicht ist die Butter das Geheimnis, warum viele die Rösti so lieben», schmunzelt Katja. Das Buffet soll bis zum Schluss vollständig sein: «Vom ersten bis zum letzten Gast bekommt jeder alles.»