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Kultur
01.07.2025

«Schaffhausen kann auch Kulturhauptstadt»

Der Kick-Off ist lanciert: Im Gaswerkareal ist das Projekt «Kulturhauptstadt Schaffhausen» vorgestellt worden.
Der Kick-Off ist lanciert: Im Gaswerkareal ist das Projekt «Kulturhauptstadt Schaffhausen» vorgestellt worden. Bild: Ronny Bien
Am vergangenen Freitag fand im Gaswerkareal der Kick-off eines neuen ambitionierten Kulturprojekts statt. Ziel ist, dass Schaffhausen auf 2030 den Titel als Kulturhauptstadt erhält und diesen nachhaltig gestaltet. Nun ist auch die Bevölkerung gefragt: Mitreden kann man per QR-Code und Fragebogen.

Kaum gehört die zweite Austragung der Schaffhauser Kulturtage der Vergangenheit an, ist der Drang nach einer dritten Version 2027 bereits da. Würde man alle Bewerbungen, die für dieses Jahr eingingen, berücksichtigen, müsste man die Kulturtage wohl um ein paar Tage verlängern. Wichtige Erkenntnis: Die Kulturtage stossen auf überwiegendes Interesse und locken die Menschen in alle erdenklichen Winkel der Stadt. Nicht nur die Stadtbevölkerung war zugegen – aus diversen Regionen reisten sie an, jene, die das Licht des neuen Leuchtturmanlasses erspähten. Auch das OK wird bei der noch folgenden Schlussanalyse vorwiegend Positives berichten können – abgesehen von den üblichen kleinen Stellschrauben, an denen bei jedem Event gedreht werden müssen.

Nyons Stapi als Initiator

Doch nicht nur Schaffhausen ist eine Kulturhochburg. Im tiefen Südwesten der Schweiz wirbelt seit 1972 ein Kulturanimator namens Daniel Rossellat. Er gilt als Gottheit des Paléo Festivals, das seit 1976 diesen Namen trägt und jährlich ein riesiges Publikum anzieht. Als Quereinsteiger wurde Rossellat 2008 zum Stadtpräsidenten von Nyon VD gewählt – ein Amt, das er bis heute innehat. 2013 initiierte er zudem den Verein «Kulturhauptstadt Schweiz», mit dem Ziel, dass alle drei Jahre eine Stadt diesen Titel tragen darf. Rossellat ist überzeugt, dass dieses Projekt zur nachhaltigen Förderung des Landes beiträgt. 2027 folgt nun ein Testlauf: Nicht etwa Nyon selbst, sondern La Chaux-de-Fonds NE darf ein Jahr lang als Kulturhauptstadt ihre kulturelle Vielfalt präsentieren.

Im Eiltempo zur Bewerbung

Ende 2024 wurden Kultur- und Politikschaffende darauf aufmerksam, dass die Ausschreibung für das Jahr 2030 eröffnet wurde. Von SP-Grossstadtrat Christian Hunger flatterte umgehend eine Kleine Anfrage ein, während Kulturchef Jens Lampater im Hintergrund bereits die Fäden spannte, um eine erste Arbeitsgruppe zu bilden. Dabei sind unter anderem Stadtpräsident Peter Neukomm selbst, Kulturreferent Marco Planas sowie Projektleiterin Sibylle Lichtensteiger, die bis letztes Jahr im Stapferhaus in Lenzburg AG kuratierte – einem Haus, das unter ihrer Leitung internationalen Ruhm erlangte und prämiert wurde.

Dem Aufruf zum Kick-off folgten rund 130 Personen ins Gaswerkareal. Vor Ort traf sich ein kunterbunter Mix aus Kultur, Wirtschaft, Politik und Interessierten – sogar der FC Schaffhausen zeigte Präsenz. Nach einer eigens arrangierten «Industrial-Jazz»-Version von «Blos e chlini Stadt» durch Joscha Schraff und Nicolin Janet eröffnete Peter Neukomm den Anlass mit den Worten: «Schaffhausen kann Kulturtage. Schaffhausen kann aber auch Kulturhauptstadt.» Diese Chance wolle man unbedingt wahrnehmen, weil alle davon profitieren. Nicht nur, dass die Region in allen Landesteilen stärker wahrgenommen werde – auch das heimische Kulturschaffen erziele grössere Reichweite. Davon profitiere ebenso die Wirtschaft: Es ziehe Menschen mit kultureller Affinität an. «Wir waren uns schnell einig und warfen den Hut in den Ring», erläuterte er die Beweggründe.

Projektleiterin Sibylle Lichtenstieger und Kulturchef Jens Lampater informieren die rund 130 Gäste im Gaswerkareal. Bild: Ronny Bien

Genaues Budget noch offen

Mit einem Budget von 18 Millionen Franken rechnet man in La Chaux-de-Fonds – eine Mindestvorgabe gibt es allerdings nicht. Der Kanton soll zwei Millionen beitragen, weil die Regierung hinter dem Projekt steht, von der Stadt sollen vier Millionen durch das Volk gesprochen werden. Weiter soll das Budget durch Stiftungen, Sponsoren und später durch direkte Einnahmen gebündelt werden. Ein realistisch kalkuliertes Gesamtbudget wird noch definiert. Abgabetermin des vollständigen Dossiers ist am 31. Dezember.

Nach den Sommerferien soll der Grosse Stadtrat die vier Millionen zur Volksabstimmung freigeben. Dass die Stimmbevölkerung Ende November an der Urne mitentscheiden soll, wertet die Projektgruppe als grossen Vorteil. «Es ist essenziell, die ganze Stadt hinter dieses Projekt zu bringen», betonen alle unisono. «Zudem», ergänzt Peter Neukomm, «werden wir uns nicht nur als Stadt Schaffhausen bewerben, sondern auch als Region.» Zur Region zählen neben den Kantonsgemeinden, die Zürcher und Thurgauer Nachbarorte sowie das süddeutsche Grenzgebiet. Diese Strahlkraft soll später die Nachhaltigkeit des Projekts auszeichnen.

Nebst Schaffhausen bewerben sich Aarau, Zug, Thun, Lugano und Bellinzona um den Titel. Die Kandidaten trafen sich vergangene Woche mit der Jury. Die fünfköpfige Schaffhauser Delegation hinterliess einen sehr positiven Eindruck. «Wir als Stadt und Region wollen diesen Wettbewerb gewinnen.» Warum? «Weil wir es können», sagen die Anwesenden selbstbewusst.

Kritische Stimmen sollen gehört werden

Sibylle Lichtensteiger stellte zudem Fragen, worauf sich alle an die zugewiesenen Orte begaben. Eine lautete, ob es Personen gebe, die dem Projekt skeptisch gegenüberstehen, denn diesen Stimmen gälte es besonders gut zuzuhören. Vier outeten sich – darunter SVP-Grossstadtrat Thomas Stamm. Die Bänkliaktion liege ihm noch auf dem Magen, daher habe er noch Vorbehalte. «Die Kultur-Bubble soll es einfach nicht übertreiben», mahnte er und verwies auf das in der Rhybadi versenkte Haus kurz nach dem Unglück in Blatten VS. Kultur solle für alle sein. «Auch mal ein Hudigäggeler», schmunzelte Stamm.

Ziel des Kick-offs war es, über hundert Meinungen, Visionen und Anregungen auf Papier zu bringen. Diese werden nun ausgewertet und am 21. August beim zweiten Treffen vorgestellt.

Auch jetzt kann sich die Bevölkerung einbringen – per QR-Code lässt sich ein Fragebogen ausfüllen. Besonders gefragt sind die kritischen Stimmen, um diese einfliessen zu lassen.

Unter diesem Link finden Sie eine Umfrage mit verschiedenen Fragen um das Projekt Kulturhauptstadt Schaffhausen.

https://docs.google.com/forms/u/0/d/e/1FAIpQLSfUm0Wql7PPeS40718w-hMqpEK3ikkfZ0A0nadakyqWCDA4kQ/viewform?pli=1

 

Ronny Bien, Schaffhausen24