Nach einer Vernissage auf Burg Hohenklingen liegt ein Mann tot im Hof und das Drama nimmt seinen Lauf. Die unkonventionellen Privatdetektive Max, Fede und Milagros stossen bei ihren Ermittlungen auf ein dunkles Geheimnis aus dem Zweiten Weltkrieg, das bis in die Gegenwart reicht.
«Bock»: Frau Götschi, was hat Sie dazu inspiriert, Ihren neuen Krimi in der Region Schaffhausen spielen zu lassen?
Silvia Götschi: Vor fast genau einem Jahr war ich als Überraschungsgast auf die Burg Hohenklingen eingeladen, wo ich an einer Jubiläumsfeier eine Krimi-Performance durchführen durfte. Da ich schon länger beabsichtigte, einen Krimi auf einem Schloss oder einer Burg anzusiedeln, kam mir das gelegen. Ich war von der Burg fasziniert und voilà: Ein Jahr später halte ich den Krimi druckfrisch in der Hand.
Sie kannten die Burg davor also gar nicht?
Götschi: Nicht wirklich. Allerdings war ich schon oft in Schaffhausen wie auch in Stein am Rhein. Beide Orte habe ich ins Herz geschlossen. Mir gefällt die Lage, das spezielle Stadtbild mit den tausend Erkern und die Geschichte, wenngleich sie mit viel Traurigem behaftet ist.
Einiges davon kommt auch in Ihrem Krimi vor. Wie viel ist Fiktion, wie viel Realität?
Götschi: Ich lasse den Krimi in zwei Parallelen laufen. Ein aktuelles (erfundenes) Verbrechen sowie ein Rückblick in den Februar 1945, als Stein am Rhein im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurde. Ich verwebe hier Vergangenheit und Gegenwart und lasse die Stränge ineinanderlaufen. Was vor achtzig Jahren geschah, ist vielleicht bei der heutigen Generation nicht mehr so präsent. Der Krimi soll auch gegen das Vergessen sein, gerade heute, wo eine neue Kriegsrhetorik im Anmarsch ist.
Warum sollte man – gerade als Einheimischer – Ihren Kriminalroman sonst noch lesen?
Götschi: Der Krimi ist, nebst dem düsteren Grundton, Unterhaltung für jedermann. Wenn Einheimische mein Buch lesen, freut es mich und diejenigen, die sich vor Ort gut auskennen, lernen die Sichtweise einer Innerschweizer Schriftstellerin kennen, die sich erlaubt, über ihr Städtchen zu schreiben.
Sie greifen reale Orte wie das Kloster St. Georgen, den Kirchhofplatz oder den Kreuzgang auf. Macht es das Schreiben leichter, wenn man sich an der Realität orientiert?
Götschi: Tatsächlich macht es die ganze Sache schwieriger, weil einheimische Leser stärker auf die Richtigkeit achten. Wenn man einen Ort – wie zum Beispiel das Kloster – nur einmal gesehen hat oder nur von aussen kennt und man sein Vorstellungsvermögen walten lässt, kommt es zuweilen vor, dass man sich ein anderes Bild davon macht als jemand, der sich gut auskennt und dort vielleicht täglich vorbeigeht. Ich glaube aber, dass einer Autorin gewisse Freiheiten erlaubt sind.
Wie haben Sie sich auf die Schauplätze vorbereitet? Gab es besondere Recherchereisen oder persönliche Erlebnisse, die in das Buch eingeflossen sind?
Götschi: Selten lasse ich persönliche Erlebnisse in einen Krimi einfliessen. Ich habe eine begnadete Fantasie, ein annähernd fotografisches Gedächtnis und viel Empathie für Menschen und Orte. Letztes Jahr war ich allerdings am Rheinfall. Damals brachte er viel Wasser. Diese Szene hielt ich im Buch fest – natürlich ausgeschmückt mit einem Drama.
Stichwort Drama: Es gibt in Ihrem Krimi einen Farbanschlag, ein Mann stürzt vom Balkon, ein Junge wird entführt – wie passt das in unsere idyllische Region?
Götschi: Zuerst ist die Idylle, dann der Schock. Mich fasziniert es, einer heilen Welt einen düsteren Stempel aufzusetzen. In erster Linie geht es mir im Regio-Krimi darum, einen Wiedererkennungswert zu geben. Man kennt den Ort, man fühlt sich zuhause, spürt Geborgenheit und dann kommt das Verbrechen. Für mich ist es ein Spiel zwischen dem real Schönen, vielleicht der Fassade und dem Ungemach, was sich dahinter verbirgt.
Im Buch kommen auch die berühmten Schaffhauser Zungen aus der Conditorei Reber vor. Wie kam es dazu?
Götschi: Das ist eine Geschichte für sich. Ich wollte unbedingt eine Spezialität aus der Gegend ins Buch nehmen, die es bereits um 1945 herum gab. Dabei bin ich auf die Schaffhauser Zungen gestossen und ebenso auf die Geschichte der damaligen «Conditorei Reber». Natürlich besuchte ich die heutige Konditorei und naschte von der süssen Versuchung. Bei dem einem Mal blieb es nicht.