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Kultur
10.06.2025

«Bis das böse Einhorn tanzt»

Wer böse sein will, braucht erst einmal ein Konzept von Gut und Böse.
Wer böse sein will, braucht erst einmal ein Konzept von Gut und Böse. Bild: David Schelker
Ein Einhorn, das nicht gut, sondern böse ist, das nicht in der Glitzerwelt lebt, sondern im Müll-Land. Ein Kinderstück über das Beste, das Schlimmste und alles, was dazwischen liegt.

Gut und Böse prallen aufeinander: Das Einhorn, der Inbegriff des Guten, möchte gerne böse sein. «Das kennen wir doch alle. Manchmal will man jemand sein, der man gar nicht ist», sagt Olivia Stauffer. Sie gehört mit Melanie Guntern und Jana Brändle zum Theaterkollektiv, das das Stück «Bis das böse Einhorn tanzt» entwickelt und inszeniert hat, es co-leitet und auch spielt – Stauffer unter anderem in der Rolle des Einhorns.

Das Problem des Fabeltiers: Es hat gar kein wirkliches Konzept von Gut und Böse. Es ist frustriert. Hinzu kommt ein verbitterter Streit mit einer ehrenlosen Schulklasse um die Frage, wer denn nun böser ist. Klingt alles etwas düster für ein Kinderstück? Olivia Stauffer: «Wir arbeiten viel mit Kindern zusammen. Das Spiel mit dem Schlimmen und Bösen reizt sie, es löst starke Gefühle aus.» Im Stück seien düstere Teile darum erlaubt und auch wichtig: «Wir legen das Schlimmste und das Beste auf den Tisch. Das Stück ist eine lustvolle Mischung aus beidem.»

Die Figur des bösen Einhorns stammt von den Kindern selbst. «Wir sassen mehrmals für mehrere Stunden mit Kindern und Erwachsenen zusammen und haben Ideen gesammelt», sagt Olivia Stauffer. Dieser Austausch, das Auseinandersetzen mit sich selbst und der Welt ist nicht nur Basis, sondern auch ein Hauptmerkmal des Stücks. Stauffer: «Wir wollen mit dem Stück zum Diskutieren anregen.» Und zwar direkt schon vor Ort. Es wird interaktiv: «Man muss nicht auf die Bühne kommen, aber wir beziehen das Publikum mit ein.» Das beginnt schon vor der Aufführung. Im Vorraum werden die Gäste befragt, was denn für sie persönlich das Beste und das Schlimmste sei. Bei den Antworten ist alles erlaubt, wie Publikumsstimmen zeigen:

«Das Schlimmste ist, wenn ich nur fünf Minuten gamen darf.»
«Das Beste ist eine Woche Velo fahren mit meinen Freunden.» 
«Das Schlimmste ist Krieg.»
«Das Beste ist eine Welt ohne Angst.»

Und es gibt auch während des Theaters immer wieder direkte Fragen in den Saal. Zum Beispiel:
«Wer hat schon einmal etwas geklaut?»

Die grosse Frage aber kommt zum Schluss:
«Welches ist die beste Welt, die man sich erträumen kann?»

Diese Frage kann dann jeder für sich beantworten – oder gleich nochmals in der Gruppe vertiefen. Im Anschluss ans Stück gibt es noch einen Workshop, in dem alle Altersklassen willkommen und alle Antworten erlaubt sind.

Claudia Riedel