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Schaffhausen
27.05.2025
27.05.2025 14:13 Uhr

Drei Powerfrauen vom Land

Die drei Powerfrauen Tabitha Hallauer, Rahel Brütsch und Heidi Vestner gaben einen Einblick in ihren Alltag als Bäuerinnen, Mütter und Direktvermarkterinnen.
Die drei Powerfrauen Tabitha Hallauer, Rahel Brütsch und Heidi Vestner gaben einen Einblick in ihren Alltag als Bäuerinnen, Mütter und Direktvermarkterinnen. Bild: Nici Peter
Drei Bäuerinnen, drei Höfe, drei Wege: In der Vortragsreihe «Speis & Trank» auf der Schaffhauser Haberhaus Bühne erzählten Heidi Vestner, Rahel Brütsch und Tabitha Hallauer von ihrem Alltag in der Direktvermarktung. Wie ihre Leidenschaft für Tiere, Ackerbau, Verarbeitung und Verkauf sie prägt und welche Herausforderungen der Weg direkt zum Konsumenten mit sich bringt, war Thema dieses inspirierenden Abends.

Am Abend im Haberhaus drehte sich alles um die Direktvermarktung in der Region Schaffhausen: Wie gelangen Produkte eines Bauernbetriebes direkt zu den Konsumenten? Wie kommt die Kundschaft ohne Umweg auf den Hof? Drei Frauen erzählten.

Rahel Brütsch, Präsidentin der Kommission Ernährung und Hauswirtschaft sowie Vorstandsmitglied des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands, eröffnete: «Ich habe ChatGPT gefragt: Was ist eine Bäuerin?» Die gezeigten Bilder – Bäuerinnen in Latzhosen, Karohemd und Gummistiefeln – sorgten für Lacher im Publikum. Brütsch stellte klar: «Dieses Bild entspricht nicht der modernen Bäuerin. Heute gibt es keine festgelegte Rolle mehr. Ob Frau mit lackierten Nägeln oder in Arbeitskleidung – Bäuerinnen sind vielseitig, engagiert und gestalten den Betrieb aktiv mit.»

Tabitha Hallauer aus Wilchingen übernahm das Wort: «Wir drei stehen stellvertretend für all jene Frauen, die hinter den Produkten unzähliger Bauernbetriebe stehen.» Sie präsentierte einen Korb voller Confi, Fleisch, Pasta – alles von Frauen und Familien für den Schaffhauser Puuremärkt produziert.

 

Drei Bäuerinnen – drei Geschichten

Tabitha Hallauer, Wilchingen

Sie und ihr Mann führen gemeinsam einen konventionellen Bauernbetrieb mitten in den Rebbergen von Wilchingen. Neben Rebbau bewirtschaften sie Sonnenblumen-, Dinkel- und Weizenfelder, halten Kälber und betreiben ein Eventlokal. Die gelernte Pflegefachfrau kam erst mit der Hofübernahme zur Landwirtschaft und entschloss sich, die Bäuerinnenschule zu absolvieren, um das nötige Wissen für den Betrieb zu erlangen.

«Meine Rolle ist, überall einsatzbereit zu sein: als Pressesprecherin, in der Vermarktung, beim Weinverkauf, auf dem Feld oder im Stall», erzählte sie. Neben ihrem Engagement im Schafuuser Mumpfel, beim Puure Märkt und den Landfrauen Wilchingen pflegt sie auch einen grossen Hausgarten.

«Ich habe keinen Bauern geheiratet», lacht Hallauer. «Doch zusammen haben wir den Weg gewählt. Heute sind wir ein starkes Team, das sich blind versteht.» Ihre Leidenschaft gilt dem Zusammenspiel von Natur, Tieren und Menschen.

 

Heidi Vestner, Büsingen

Sie bewirtschaftet mit ihrer Familie einen Bio-Suisse-zertifizierten Hof in Büsingen Deutschland, politisch deutsch, wirtschaftlich zur Schweiz gehörend. Mutterkuhhaltung mit 34 schottischen Hochlandrindern, Winterweizen, Dinkel, Direktvermarktung und graslandbasierte Fütterung prägen den Betrieb.

«Ich bin wohl der erste Bio-Suisse-Betrieb auf deutschem Boden», schmunzelte sie. Als ausgebildete Landwirtin mit Meisterprüfung und Bäuerin mit Fachausweis kombiniert Vestner ihr Wissen um Maschinen, Tiere und Haushalt. Nebenbei arbeitet sie als Lastwagenfahrerin und Expertin bei der Bäuerinnenausbildung.

Die Direktvermarktung nahm ihren Anfang im sogenannten Brothüsli – einem kleinen Verkaufshäuschen einer Bäuerin aus der Gemeinde. «Unsere Idee war, unsere Produkte zusätzlich zu ihren auf der Rampe der Milchzentrale anzubieten. Doch leider kam es wiederholt zu Diebstählen, sodass sie den Verkauf einstellen musste.» Für Vestner und ihre Familie war klar: Sie wollten dennoch direkt vermarkten – aber sicher. «Also haben wir einen Verkaufsautomaten bei uns auf dem Hof installiert. Der funktioniert rund um die Uhr – und ohne böse Überraschungen.» Schon ihre Eltern haben ab Hof vermarktet. Nach der Hofübernahme habe man das Angebot laufend erweitert und neue Produkte in Auftrag gegeben. «Wir schlachten regional und lassen unser Fleisch speziell nach unserem Geschmack veredeln», erklärt sie.

Eine dramatische Herausforderung traf ihren Betrieb dieses Jahr: Ihr Stier war aufgrund einer vermuteten Blauzungenkrankheit unfruchtbar. «Statt 14 trächtige Kühe haben wir nur eine. Das heisst: ein Jahr ohne Fleischproduktion. Ein harter Schlag.»

 

Rahel Brütsch, Barzheim

Sie ist gelernte Köchin und seit ihrem 18. Lebensjahr auf dem landwirtschaftlichen Familienbetrieb in Barzheim aktiv. Sie führen einen Ackerbaubetrieb, einen Munimaststall mit 500 Mastplätzen sowie als einzige in der Schweiz eine Ölkürbis­produktion.

«Ich habe mir alles ‹by doing› angeeignet», erzählte sie lachend. Die Spezialität der Familien Brütsch sind Kürbiskerne, die sie in der eigenen Ölmühle verarbeiten und über rund 120 Hof- und Spezialitätenläden und Verarbeitungsbetriebe vertreiben. Brütsch engagiert sich zudem als Vorstandsmitglied des SBLV und setzt sich für Alltagskompetenzen und Frauenthemen ein.

«Unsere Direktvermarktung bedeutet Selbstbestimmung über die Preise, aber auch ein grosses Risiko bei Anbau und Absatzplanung.» Rahel ergänzte: «Ich liebe es, Gäste, Familie und Mitarbeiter am grossen Familientisch zu bewirten. Diese Vielseitigkeit gehört für mich zum Beruf der Bäuerin.»

 

Herausforderungen und Klischees

Im offenen Gespräch berichteten die Bäuerinnen von Alltagsklischees:

Vestner: «Wenn ich auf dem Hof arbeite, werde ich oft gefragt: ‹Wo ist denn Ihr Mann, ich muss mit dem Chef sprechen›. Viele glauben mir kaum, dass ich die Betriebsleiterin bin.» Brütsch ergänzte: «Gestern fragte mich ein Gast in der Ölmühle, ob der Gastraum überhaupt eine Heizung hat. Viele stellen sich Bauernhöfe noch immer mit Milchgeschirr vor der Türe und uns mit Stroh im Haar vor.» Hallauer berichtete: «Wenn Vertreter Termine mit mir absprechen, rufen sie später nochmals meinen Mann an. Mein Mann reagiert gelassen: ‹Du hast alles mit meiner Frau besprochen, nicht auch noch mit mir.›»

 

Leidenschaft trotz langer Arbeitstage

Auf die Frage aus dem Publikum, wie die Frauen die langen Arbeitstage bewältigen, antwortete Hallauer: «In der Landwirtschaft gilt die 55-Stunden-Woche. Die Aufgaben sind fliessend: Haushalt, Kinder, Stall, Garten – alles verschmilzt.»

Brütsch: «Unsere Kinder waren von klein auf immer mit dabei. Klar, es ging etwas langsamer, aber ich habe das gemeinsame Arbeiten sehr geschätzt.»

 

Kulinarischer Abschluss

Zum Apéro wurde das Publikum mit einer Rieslingsuppe von Hallauer, einem Fleischplättli mit Hochlandrindfleisch von Vestner, Brütschs Kürbiskernpesto und einem Kürbiskernbrot verwöhnt. Den süssen Abschluss bildete Vestners selbstgemachte Süssmostcrème. Passend dazu konnten Kürbiskerne in verschiedenen Variationen probiert werden.

  • Tabitha Hallauer ist überall einsetzbar – ob im Stall, Eventlokal oder in den Reben. Bild: SHBV
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  • Rahel Brütsch ist mehr als eine Köchin für Events in der Ölmühle. Bild: zVg.
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  • Täglich ist Heidi Vestner bei ihren Tieren und führt den Betrieb in Büsingen. Bild: zVg.
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Schaffhausen24, Originalmeldung Schaffhauser Bauer, Nici Peter