Frühmorgens wurden die Rinder mit Transportern angeliefert. Sie stammen von über 20 Bauernfamilien aus den Kantonen Zürich, Thurgau und Schaffhausen. Einige hatten einen weiteren Weg zurückzulegen, andere legten den Anmarsch sogar zu Fuss zurück – etwa jene vom benachbarten Miltenhof in Schleitheim.
Der Stier
Besondere Aufmerksamkeit gilt in diesem Sommer einem neuen Vierbeiner: Ducano, ein zweijähriger Limousin-Stier, wurde für die natürliche Besamung in die Herde auf der Heerenwies integriert. «Ein stattlicher Bursche», sagt Leila Wanner, Geschäftsführerin der Viehweidegenossenschaft, mit einem Lächeln. Warum der Einsatz eines Stiers? «Die Fruchtbarkeit und somit das Besamen der Rinder waren letztes Jahr schwierig – wegen der Wetterverhältnisse. Deshalb haben wir uns entschieden, auf der einen Weide den Stier einzusetzen», erklärt Wanner. Ducano wird ausschliesslich auf der Heerenwies grasen – aus Sicherheitsgründen: Dort kreuzen keine Wanderwege die Weide. Sein Einsatz verlangt sorgfältige Planung, denn nicht jeder Landwirt möchte seine zukünftigen Kälber mit dem Genmaterial eines Limousin-Stiers zeugen lassen.
Alpaufzug
Kaum werden die Weidegatter geöffnet, kommt sie: die Herde. Einige Rinder sind nervös und rennen mit vollem Karacho auf die Zäune zu. Deshalb stehen Helferinnen und Helfer bereit, um die Tiere durch Rufe und ihre Präsenz vom Zaun fernzuhalten. Innert Kürze beruhigen sich die Tiere. Einige muhen vor sich hin, andere grasen bereits ruhig. Und mit ihnen ist ein vertrauter Klang zurück: Die Kuhglocken sind wieder im Babental zu hören.
Auf der Heerenwies kam Ducano bald ins Schwitzen. Er wartete mit einigen anderen Tieren auf der Weide, als der Zaun für die restlichen Rinder geöffnet wurde. Zunächst spazierte er gemächlich seinen neuen Damen entgegen – doch dann begann seine eigentliche Arbeit. Immer wieder hebt er die Nase in die Luft. Durch das sogenannte «Flehmen» kann er erschnuppern, ob ein Weibchen paarungsbereit ist.
Ein Alphirt mit Gespür
Die Sömmerung wird vom Vorstand der Viehweidegenossenschaft in Zusammenarbeit mit Alphirt Andreas Schaffner organisiert. Schaffner ist kein gelernter Landwirt, dafür umso mehr ein Naturtalent. «Unser Alphirt Andreas hat ein unheimlich gutes Gespür für die Rinder. Da kann sich noch manch anderer etwas abschauen», sagt Karl Hug, Kassier des Vorstands. Schaffner betreut die Tiere während der gesamten Alpzeit. Er sorgt für ihr Wohlergehen, kontrolliert täglich die Herden, erkennt Krankheiten frühzeitig und unterstützt den Tierarzt bei künstlichen Besamungen. Geduld ist auch gefragt, wenn es zu einem der lebendigen «Missgeschicke» kommt, wie sie auf der Alp Babental immer wieder vorkommen. Denn eigentlich sollen die Rinder entweder frisch trächtig auf die Alp kommen oder vor Ort besamt werden. Doch nicht jede Trächtigkeitsberechnung der Besitzer ist exakt. So kann es vorkommen, dass mitten im Alpbetrieb ein Kalb zur Welt kommt. In diesem Fall ist erneut der Alphirt gefragt: Er muss das Neugeborene und seine Mutter von der Herde trennen. Für beide heisst es dann: zurück in den Heimatstall. Denn gemolken wird auf der Alp Babental nicht. Hier sind ausschliesslich Rinder unterwegs; Milchkühe und eine Milchverarbeitung gibt es auf der Alp nicht.
Länger als auf der Hochalp
Ein grosser Vorteil gegenüber Hochalpen: Die Weidezeit im Babental ist rund 60 Tage länger. Während viele Bergalpen Mitte September bereits schliessen müssen, bleibt das Babental bis in den Oktober hinein offen. Die Tiere profitieren von milderen Temperaturen und gut zugänglichem Gelände. Die Nachfrage nach Weideplätzen ist gross: Für die diesjährige Sömmerung gibt es eine Warteliste.
Das Alprestaurant
Im Babental wird kein eigener Käse produziert, dafür betreibt Marianne Meier-Schaffner ein Alprestaurant mit persönlichem Engagement und klarer Handschrift. Das mit dem Naturpark-Label ausgezeichnete Haus legt grossen Wert auf eine regionale und saisonale Küche.
Viehweidegenossenschaft
Die Verantwortung für den Betrieb der Alp liegt bei der Viehweidegenossenschaft. An der letzten Generalversammlung wurden die Vorstandsmitglieder für eine weitere Amtszeit von vier Jahren bestätigt.
Bernhard Suter ist seit über 20 Jahren Präsident der Viehweidegenossenschaft und war bereits zuvor im Vorstand aktiv. Er ist stark mit dem Babental verbunden – seine Mutter ist nur wenige Luftlinien entfernt aufgewachsen. «Mister Babental», wie er schmunzelnd von einem Vorstandskollegen genannt wurde.
Videos vom Alpaufzug auf unserem Instagramkanal schaffhauser_bauernverband.