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Kultur
30.04.2025

«Ein überwältigender Erfolg»

Zweimal historisch, einmal heute: Der Dampfzug aus Winterthur lässt einer S-Bahn von Thurbo den «Vortritt». Im Hintergrund sind zudem ein älterer Wagen und Dieselloks zu sehen.
Zweimal historisch, einmal heute: Der Dampfzug aus Winterthur lässt einer S-Bahn von Thurbo den «Vortritt». Im Hintergrund sind zudem ein älterer Wagen und Dieselloks zu sehen. Bild: Johannes von Arx
Die intensiven und akribischen Vorbereitungen des Organisationskomitees, für das Fest «150 Jahre Schweizerische Nationalbahn», wurden am letzten Sonntag reichlich belohnt: Die Erwartungen von über 3000 Festgästen wurden offensichtlich übertroffen.

Durch die Woche steigen in Etzwilen Pendlerinnen und Pendler morgens ein in die S1 nach Schaffhausen beziehungsweise Stein am Rhein und weiter seeaufwärts oder dann nach Winterthur oder in die Agglo Zürich. Zugpendler dürften an einer Hand abzuzählen sein. Die Landwirtschaft beruht auf Familienbetrieben. Im Bahnhof gibt längst kein Stationshalter mehr Billette aus. Post, Volg & Co waren einmal. An Wochenenden steigen Wanderer im 270-Seelendorf aus, um eine Wanderung zu unternehmen über den Seerücken oder auf einen grossen Hügel, der sich sanft aus der umgebenden Landschaft erhebt. Es ist der heimliche Hausberg von Etzwilen und Rheinklingen, beide der Gemeinde Wagenhausen angehörend, zu der auch noch Kaltenbach gehört: «Rodebärg», und der hat eine bedeutende Geschichte. Davon später mehr.

Minutiöse Vorbereitungen

Gleich neben dem denkmalgeschützten Bahnhofgebäude steht das frühere Dienstgebäude der SBB. Lokführer Christian R. Frauenknecht dachte, «daraus kann man doch etwas machen.» Und er «machte», heisst, er renovierte das ganze Innere sanft und richtete eine riesige Bahnbibliothek mit einem kleinen Kinosaal ein. «Chrigu», wie ihn Freunde und Kolleginnen ansprechen, wollte aber auch die Leute im Dorf mit einbeziehen.

Da wäre es schon fast eine «Bahnsünde» gewesen, wenn man das Jubiläum 150 Jahre Schweizerische Nationalbahn SNB einfach so auf einem Nebengleise hätte vorbeiziehen lassen. «Und wenn wir da schon etwas anpacken, so darf es auch gleich eine ‹grosse Kiste› sein», waren sich die ersten Initianten um Chrigu einig. Ad hoc und formlos war das zehnköpfige OK zusammengestellt. Das «Haus Lokgesicht» war denn auch gleich das Nervenzentrum. Zahlreiche weitere Kräfte, speziell von den Vereinen und SBB Historic mit ihren zuführenden Extrazügen, verstärkten diesen «inneren Kreis». Beat Joos hielt als Koordinator die Fäden zusammen. Anders als bei einem Volksfest mit den üblichen Ingredienzien stellte die Logistik für all die einfahrenden historischen Extrazüge, die Dampfbahnfahrten des Vereins zur Erhaltung der Bahnlinie Etzwilen-Singen VES und vielen Spezialfahrzeugen. Denn die fahrplanmässigen Züge von Thurbo durften in keinster Weise verzögert oder behindert werden. Auch hier galt: Sicherheit ist oberstes Gebot. Die Wege zwischen den vielen Attraktionen mussten klar definiert und mit Absperrbändern gegen den Bahnbetrieb abgegrenzt werden. Jede Zugbewegung war minutengenau geplant. Signale und Weichen wurden aus der Betriebszentrale im Flughafenbahnhof Kloten ferngesteuert. Dazu setzte die SBB, die für die Infrastruktur zuständig ist, über den ganzen Tag einen Betriebsleiter in Dienst.

Für einen Tag Hochbetrieb

Ja, und mit dem bei Petrus erbetenen passenden Wetter, strömen lange vor 9 Uhr die ersten Festgäste ein mit den verlängerten Zügen von Thurbo, in historischen Extrazügen, sehr viele mit Velos und zu Fuss aus Nachbargemeinden. Auf den provisorisch eingerichteten Parkplätzen stehen über 350 Autos. An den zehn Ständen von Vereinen werden viele Kontakte geknüpft. Lange Schlangen vor mehreren Cateringständen und gegen 100 über Stunden belegte Sitzplätze im Schweizerhof – drinnen und auf der Terrasse – sprechen von der guten Stimmung. Getrübt für etliche Leute mit der Dampfbahn nach Singen wird sie nur durch das Versagen einer der Diesellokomotiven, was zu Verspätungen und einem Ausfall der Dampfzüge nach Singen führt. Ein Sanitätsposten meldet «nicht ein Pflaster am Knie eines Kindes». Kinder haben ihr Gaudi an zwei Liliputbahnen, eine davon die traditionelle in Stein am Rhein. Am Zwillingsfest in Rielasingen schätze man die Zahl der Festbesuchenden auf 500.

Aber lassen wir drei ins Auge fallende Festgäste sprechen. «Wir drei haben Freude an gepflegten, alten Dingen, hier sind es die Relikte aus dem vergangenen Bahnzeitalter», sagt Gilbert Rüegg und Andrea Dragone, die Frau von Andreas Dragone ergänzt: «Und dementsprechend kleiden wir uns auch, damit alles zu allem passt.»W

Wanderung mit Historiker

Und da wäre noch der nächste Anlass, die Wanderung mit Historiker Hans-Jürg Fehr, aus Schaffhausen, zu «225 Jahre Rheinüberquerung des französischen Heeres». Dies auf den Tag genau am 1. Mai. Treffpunkt um 10 Uhr auf dem Tennisplatz Rheinklingen. Zu Fuss in 20 Minuten vom Bahnhof Etzwilen. Kontakt Fabian Lüthi, soziales@wagenhausen.ch

  • Der Schneepflug geht nach dem Fest schnurstracks in die Saisonpause. Bild: Johannes von Arx
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  • Andrea und Andreas Dragone (m.) sowie Gilbert Rüegg warfen sich passend in «Schale». Bild: Johannes von Arx
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  • Der Dampfzug des VES nach Singen muss warten, weil eine Diesellok Öl verloren hat. Bild: Johannes von Arx
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  • Christian Frauenknecht alias «Chrigu», Chef Technik, nutzt ein E-Trotti, um schneller an einzelne «Schaltstellen» zu gelangen. Bild: Johannes von Arx
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  • Die grosse Ausstellung auf den vielen Abstellgleisen, rechts der Lösch- und Rettungszug LRZ der SBB. Bild: Johannes von Arx
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  • Ein «Schnauzer», vor dem denkmalgeschützten Bahnhofgebäude, bereit für die erste Rundfahrt. Bild: Johannes von Arx
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  • Vor dem denkmalgeschützten Bahnhofgebäude scharen sich Jung und Alt um die Liliputbahn. Bild: Johannes von Arx
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  • Die langen Schlangen vor den Essensständen trübten nicht die Feststimmung. Bild: Johannes von Arx
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  • Die kleinste Bahn von allen: Die Gartenbahn. Bild: Johannes von Arx
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Schaffhausen24, Originalmeldung Johannes von Arx