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20.05.2025

Wenn die Kettensäge auf Hallauer Eiche trifft

Zwei Pensionäre mit grosser Vision: Ernst Künzi (l.) und Gustav Arnold sind die Initiatoren eines grenzüberschreitenden Skulpturenwegs.
Zwei Pensionäre mit grosser Vision: Ernst Künzi (l.) und Gustav Arnold sind die Initiatoren eines grenzüberschreitenden Skulpturenwegs. Bild: Claudia Riedel
Wenn die Kettensägen heulen und Holzspäne durch die Luft wirbeln, ist es so weit: Dann verwandelt sich das Gelände beim Schützenhaus in Wilchingen in einen lebendigen Schnitzplatz. Am 30. und 31. Mai finden dort die Kettensägen-Kunsttage statt. Hinter dem Projekt stehen zwei Rentner mit viel Herzblut.

Es ist die Idee zweier Pensionäre, die Zeit und Lust auf ein Projekt hatten. «Wir wollten etwas machen, das wir selbstbestimmt und mit Freude umsetzen können», erzählt Ernst Künzi, «ohne jeden Morgen um sieben Uhr auf der Matte stehen zu müssen.» Zusammen mit Gustav Arnold, der viel Know-how aus der IT-Branche mitbrachte, entwickelte er das Projekt für einen grenzüberschreitenden Skulpturenweg. Der Naturpark Schaffhausen unterstützt das Vorhaben aktiv und hilft bei der Vermarktung. «Man hat uns dort mit offenen Armen empfangen», sagt Arnold und Künzi ergänzt: «Die Zusammenarbeit funktioniert wirklich sehr gut und ist in jedem Fall bereichernd für uns und das Projekt.»

Wo Kunst lebendig wird

Das Besondere: Interessierte dürfen den Weg später nicht nur begehen, sondern bei der Entstehung der Skulpturen dabei sein. Dazu werden massive Eichenklötze aus dem Hallauer Wald angekarrt und mit der Kettensäge bearbeitet. «Der schwerste Stamm wiegt sechs Tonnen», sagt Künzi, der selbst solche Figuren schnitzt. An den Kettensägen-Kunsttagen ist er jedoch für den reibungslosen Ablauf zuständig. Dann greifen andere zur Säge. 
Diese Profis zu finden, war aber gar nicht so einfach. Trotz fairer Entlöhnung. «Wir zahlen 700 Franken pro Skulptur», sagt der Handwerker.  Viele Schweizer hätten keine Zeit oder kein Interesse gehabt. Doch die beiden Initiatoren liessen sich nicht entmutigen. «Wir haben dann in Deutschland jemanden angeschrieben – und plötzlich ‹häts gräblet ›.» Zum Schluss konnte sogar noch ein Künstler aus dem Klettgau als Reserve gewonnen werden – und genau dieser kommt nun zum Einsatz, da ein anderer gesundheitsbedingt absagen musste.
Das Handwerk ist brachial. Man beginnt mit einem Riesenklotz und schneidet ihn grob zurecht. Je näher man dem Ende kommt, desto kleiner wird die Kettensäge. Ein Fehlschnitt lässt sich nicht korrigieren. Ernst Künzi: «Dann muss man nochmals von vorne anfangen – oder aber genau dieser Fehler macht die Figur lebendig.» 

Baubewilligungen für die Skulpturen

Mit der einen oder anderen Überraschung war auch die Planungsphase gespickt. Fürs Aufstellen einiger Skulpturen brauchte es zum Beispiel Baubewilligungen. «Das wussten wir vorher auch nicht», sagt Gustav Arnold.  Doch die beiden findigen Rentner liessen sich von solchen bürokratischen Hürden nicht aufhalten. «Eine Figur haben wir einfach ein paar Meter hinter die deutsche Grenze versetzt – da brauchte es keine Bewilligung», grinst Künzi. 
Die beiden lachen viel, wenn sie über ihr Projekt erzählen. Über Diskussionen mit Förstern, über die Eidechse, die eigentlich ein Krokodil werden sollte. «Man muss halt flexibel bleiben!» 
Auch die finanziellen Herausforderungen wurden gemeistert: Die beiden Rentner haben auf beiden Seiten der Landesgrenze über 20’000 Franken Sponsorengelder zusammengesucht und sogar auf den 2’500 Franken, welche die unerwarteten Baubewilligungen letztlich kosteten, blieben sie nicht sitzen. «Wir haben Regierungsrat Martin Kessler angeschrieben und erhielten das Geld aus dem Lotteriefond zurückerstattet.» Da sei etwas, das sie während der ganzen Planungsphase gespürt haben. «Wir sind von Anfang an auf sehr viel Goodwill gestossen.»

Zwei Länder, ein Weg

Symbolisch steht der Skulpturenweg auch für die Verbindung über Grenzen hinweg. «Gerade auch aus Jestetten kam viel Engagement und positive Rückmeldung», berichtet Künzi.
Und in der Gemeinde Wilchingen, wo die Skulpturen für den Weg entstehen, fand man unkompliziert Lösungen. Die Kettensägen-Kunsttage fallen zeitlich mit einer Turnveranstaltung in Wilchingen zusammen – aber statt Stress gibt es Zusammenarbeit: «Wir koordinieren die Parkplätze, den Verkehr und die Sanität gemeinsam», sagt Arnold. «Das gibt wieder neue Synergien und funktioniert richtig gut.»
Spätestens am 7. Juni stehen die Figuren dann an ihrem finalen Platz und der rund acht Kilometer lange Skulpturenweg wird feierlich eröffnet. Der Weg ist gut begehbar und bis auf zwei umfahrbare Stellen kinderwagentauglich. Rastmöglichkeiten wie die Wasenhüte mit Brätlistelle und ein Spielplatz machen ihn zu einem Wanderabenteuer für Gross und Klein. Und das soll möglichst lange so bleiben. «Solange ich kann, pflege ich den Weg», sagt Künzi. «Und irgendwann übernehmen vielleicht andere oder die Brombeeren sind schneller. Aber bis dahin schauen wir, dass es stimmt – fürs Auge und fürs Herz.»

Werke für den Skulpturenweg

Die Kettensägen-Kunsttage finden am 30. und 31. Mai statt. Von 9 bis 17 Uhr arbeiten elf Künstlerinnen und Künstler aus der Schweiz und Deutschland an Skulpturen aus massiven Holzstämmen. 
Für das leibliche Wohl ist gesorgt. Der Eintritt ist frei.

Die fertigen Kunstwerke säumen dann den grenzüberschreitenden Skulpturenweg zwischen Osterfingen (CH) und Jestetten (D), der am 7. Juni eröffnet wird.

Weitere Informationen unter: naturpark-schaffhausen.ch

Claudia Riedel