Der Familienbetrieb am Rande von Beringen SH ist ein Musterbetrieb für Schweizer Verhältnissen. Im hellen und luftigen Offenstall stehen rund 200 Mastrinder. Gut 50 Aufzuchtkälber liegen und spielen im sauberen Stroh in grossen Buchten. Das Tierwohl wird hier grossgeschrieben. Gefüttert wird möglichst aus eigenem Anbau.
«Auf diesen Besuch habe ich mich schon lange gefreut!» schwärmt ein älterer Farmer. Es war der letzte Halt ihrer 14-tägigen Europareise. Obwohl die Teilnehmerinnen und Teilnehmer alle Farmer sind oder einen Bezug zur Landwirtschaft haben, war dies der erste und einzige Halt auf einem Bauernhof. In den Niederlanden besuchten sie den grössten Tulpenzüchter, in Deutschland die Horsch und Deutz-Fahr Fabriken und das ehemalige Dachau Konzentrationslager. Ganz begeistert erzählen alle von der Fahrt mit dem Glacier Express durch die Schweizer Alpen, besonders die grandiose Aussicht vom Gornergrat auf das Matterhorn.
Komplizierte Welt
Die Farmer werden in zwei Gruppen aufgeteilt, eine folgt Roman Schlatter zur Betriebsbesichtigung, übersetzt wird er wo nötig von Catherine Alder, welche längere Zeit in Kanada wohnte. Die andere bleibt bei Walter Rahm in der Maschinenhalle. Walter war selbst etwa zwei Jahre Farmer in Ontario.
Er versucht, einen Überblick über die komplizierte Welt der Schweizer Gesetzgebung und der Verordnungen über die Landwirtschaft zu geben. In der Schweiz – anders als in Kanada – ist der Schutz landwirtschaftlicher Betriebe in der Verfassung verankert. Ein Vater, dessen Sohn den Hof übernehmen möchte, kann ihm den Betrieb nicht einfach zum Markpreis verkaufen. Die nächste Generation soll die Möglichkeit haben, weiterzumachen.
«Der Boden in der Schweiz ist ein Darlehen an uns Bauernfamilien. Wir dürfen ihn bearbeiten und unseren Kindern weitergeben», erzählt Walter Rahm. Auch die Ernährungssicherheit ist in der Verfassung verankert. Die Agrarpolitik in der Schweiz sei immer noch stark beeinflusst von der Zeit des zweiten Weltkriegs, als Nahrung knapp und die Grenze geschlossen war. Eine Frau stellt fest, «Solche Zeiten kannten wir in Kanada halt nie.»