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Gesellschaft
23.04.2025

Mit Raddampfern Geld verdienen

Der schlanke Schiffskörper ist auf diesem Bild des Raddampfers Dresden besonders gut zu erkennen. Auffällig ist auch die geringe Wellenbildung, die die Ufervegetation kaum beeinträchtigt.
Der schlanke Schiffskörper ist auf diesem Bild des Raddampfers Dresden besonders gut zu erkennen. Auffällig ist auch die geringe Wellenbildung, die die Ufervegetation kaum beeinträchtigt. Bild: Robert Horlacher
Die Sächsische Dampfschifffahrt, die seit dem 1. September 2020 von der in Basel ansässigen United Rivers betrieben wird, macht ihrem Namen alle Ehre. Ausgehend von Dresden betreibt sie auf der Elbe neun Raddampfer und verdient damit gutes Geld, notabene ohne Subventionen.

Wie der Hochrhein leidet auch die Elbe häufig unter Niedrigwasser, seltener unter Hochwasser. Der geringe Tiefgang der Raddampfer ist – nebst ihrer touristischen Attraktivität – ein Hauptgrund für ihre Beibehaltung. Die zwischen 1879 und 1929 gebauten Schiffe sind trotz ihres Alters schneller und effizienter als die beiden 1994 erbauten Motorschiffe. Doch wie kann es sein, dass sehr alte Dampfschiffe mit vermeintlich schlechtem Wirkungsgrad weniger Brennstoff verbrauchen als sogenannte moderne Motorschiffe? Das Geheimnis liegt in der strömungsgünstigen Bauform der Raddampfer. Aufgrund der seitlichen Schaufelräder wirken sie zwar breit, doch der für den Strömungswiderstand entscheidende, das Wasser durchpflügende Schiffskörper ist extrem schlank. «Länge läuft» – so lautet ein bekanntes Sprichwort im Schiffbau. Gemeint ist das Verhältnis zwischen der wasserberührten Schiffslänge und der Breite. Am extremsten zeigt sich das bei Ruder-Rennbooten: Ein Achter mit Steuermann erreicht ein Verhältnis von 20 zu 1. Die besonders strömungsgünstigen Elbe-Raddampfer liegen bei 10 zu 1, die Elbe-Motorschiffe bei 7 zu 1. Die Motorschiffe der Untersee und Rhein Schifffahrt (URh) schneiden mit einem Verhältnis von 5 zu 1 deutlich schlechter ab.

 

Weniger PS, dafür mehr Tempo

Um den höheren Strömungswiderstand zu überwinden, benötigen Motorschiffe stärkere Antriebe. So leisten die Dampfmaschinen der Raddampfer Dresden und Leipzig lediglich 350 PS, während bei den Motorschiffen August der Starke und Gräfin Cosel je 920 PS installiert sind. Alle vier Schiffe sind für 600 Passagiere zugelassen. Trotz der deutlich geringeren Antriebsleistung sind die Raddampfer merklich schneller als die Motorschiffe, die im Dampfschifffahrplan nicht mithalten können. Der Vorteil des geringeren Strömungswiderstands wirkt sich zudem positiv auf den Tiefgang aus, da kleinere Antriebsanlagen leichter sind und die Schiffsstruktur weniger belasten. Leichtere Schiffe haben automatisch einen geringeren Tiefgang.

 

Schrauben brauchen mehr Abstand

Konkret liegt der Tiefgang der Elbe-Raddampfer zwischen 78 und 88 Zentimeter, jener der Elbe-Motorschiffe bei 95 Zentimeter. Die Motorschiffe der Untersee und Rhein Schifffahrt (URh) erreichen bei leerem Schiff einen Tiefgang von 110 bis 120 Zentimeter. Im Gegensatz zu Schaufelrädern erzeugen Schiffsschrauben eine Sogwirkung, die bei zu geringem Abstand zur Flusssohle Schäden anrichten kann – sowohl an der Sohle als auch an den Schrauben. Deshalb muss bei Schraubenantrieben zusätzlich ein Sicherheitsabstand von rund 40 Zentimeter einkalkuliert werden, wenn man die Flusssohle nicht gefährden will.

Der elegante Raddampfer namens «Leipzig», Baujahr 1929, gleitet kraftvoll über die Elbe und bleibt ein echter Publikumsmagnet. Bild: Robert Horlacher

URh sieht Potenzial im Dampf

Die Schifffahrtsgesellschaften verdienen nur Geld, wenn ihre Schiffe tatsächlich fahren. Bei Niedrigwasser sind Ersatzbusse keine echte Alternative – in solchen Fällen greifen viele Reisende gleich zum Zug. Raddampfer hingegen bieten bei niedrigen Pegelständen eine deutlich bessere Fahrfähigkeit und könnten somit das Geschäftsergebnis der URh nachhaltig verbessern. Wie URh-Geschäftsführer Remo Rey in einem Radiointerview erklärte, wäre ein einzelner Raddampfer zwar ein Exot – und damit hat er durchaus recht. Um den Fahrplan auch bei Niedrigwasser zuverlässig einhalten zu können, wären drei bis vier Raddampfer sinnvoll.

 

Nachhaltige Begeisterung

Ob diese mit Pellets oder Leichtöl befeuert werden, ist letztlich zweitrangig – Dampf lässt sich mit verschiedensten Energieformen erzeugen. Zudem gilt die Dampfkraft als sichtbarste und faszinierendste aller Antriebsarten: Die Umwandlung von Brennstoff in Wärme und Dampf, die für die Passagiere sichtbare Dampfmaschine und der ruhige, vibrationsfreie Vortrieb sorgen für ein einmaliges Erlebnis. Gerade in einer zunehmend digitalen Welt sollten wir unseren Kindern wieder vermehrt reale Erlebnisse bieten, die sie nachhaltig begeistern. Wenn die erhöhte Attraktivität auch zu einem besseren Geschäftsergebnis führt, ist das umso erfreulicher.

Schaffhausen24, Originalmeldung Roger Waller
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