Etienne Graf ist heute 61 Jahre alt und lebt seit Geburt im Raum Schaffhausen. Bis 1969 wohnte er mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder beim Galgenbuck in Neuhausen. Nach dem Umzug auf die gegenüberliegende Rheinseite nach Flurlingen lernte er bis heute seine Heimat zu lieben und zu schätzen. Als Reiseexperte von Kuoni Reisen Schaffhausen, war er in jungen Jahren oft weltweit unterwegs und lernte die fremden Kulturen kennen und liebte es die Tierwelt zu beobachten. So interessant und spannend auch eine Reise war, freute er sich immer wieder auf die Rückreise in seine Heimat.
«Bock»: Etienne, was bedeutet Dir Heimat?
Etienne Graf: Der Ort, welcher mit Gefühlen und Erinnerungen verbunden ist – an welchen ich immer wieder gerne zurück kehre. Wichtig sind dabei, eine gute Nachbarschaft, welche nicht durch einen Zaun abgegrenzt ist, sondern über die Zeit zu liebenswerten Freunden wurden. Die Verbundenheit schenkt uns viele gemeinsame Stunden ob geplant oder spontan. Die gegenseitige Hilfsbereitschaft ist dabei ebenso wichtig, wie das gesellige Zusammensein. Auch die Natur trägt einen Grossteil zu Heimatsgefühlen bei. Was gibt es schöneres, als den Rhein und den Rheinfall vor der Tür zu haben? Oder einen Arbeitsplatz in der wunderschönen Erkerstadt mit der Munotfestung? Oder einen Spaziergang im Cholfirst-Wald, beim Lindli oder Rund um den Engeweiher?
Welche Persönlichkeit hast Du schon einmal getroffen?
Graf: In meinen Kindheitsjahren in Neuhausen besuchten wir ab und zu die Zentralapotheke um einzukaufen. Der Apotheker und Besitzer war kein Geringerer als Dieter Wiesmann. Vor dem Verlassen des Geschäfts durfte ich mir jeweils Süssigkeiten aus einem grossen Glas auf der Theke herauspicken. Dieter Wiesmann war schweizweit bekannt als Chansonnier für Mundartmusik im Schaffhauser Dialekt. Sein Lied «Blos e Chlini Stadt» wurde zur Hymne seiner, meiner und unserer Heimatstadt. Das Lied bringt Ende der 1960er-Jahre treffend zum Ausdruck, was viele mit Heimat verbinden. Kurz vor Mitternacht wird das Lied oft auch noch heute auf Radio Munot abgespielt.
Wie siehst Du Schaffhausen in zehn Jahren?
Graf: Wenn ich die vergangenen 10 Jahre zurückblicke und die Veränderungen betrachte, dann bekomme ich Sorgenfalten, was uns in den kommenden 10 Jahren erwarten wird. Laufe ich heute durch die Gassen, fallen mir nicht mehr die schönen Erker und Fassadenmalereien auf, sondern die unzähligen leerstehenden Verkaufslokale. Es fehlt auch an einer Diversifikation im Detailhandel, die die Einwohner im Raum Schaffhausen dazu motivieren würde, die schöne Altstadt zu besuchen und ihre Einkäufe hier zu tätigen. Die Stadt Schaffhausen verliert zunehmend an Attraktivität.