Schaffhauser Bauer: Sie führen die Weinbaugenossenschaft Löhningen seit 2019 – was hat Sie dazu bewogen, diese Aufgabe zu übernehmen?
David Walter: Für mich war immer klar, dass ich im Weinsektor arbeiten möchte. Meine Eltern hatten die Geschäftsführung viele Jahre lang inne, und ich durfte ihnen schon früh über die Schultern schauen. Das hatte den grossen Vorteil, dass ich die Kundschaft sowie die Genossenschafter gut kannte. Nach meiner Lehre zum Weintechnologen stellte sich die Frage, ob ich mir selbst etwas aufbaue oder meine langjährige Erfahrung weiterhin in der Weinbaugenossenschaft Löhningen einsetze. Ich nutzte die Chance und übernahm die Geschäftsleitung.
Sie sind als Bauernsohn aufgewachsen. Was produzieren Sie und Ihre Eltern auf dem Betrieb?
Walter: Wir betreiben Ackerbau, Reben sowie einen Spargel- und Kürbisanbau, Letzteres für die Direktvermarktung. Unser Verkaufshäuschen steht auf dem Betrieb, gleich eingangs Löhningen. Dort befindet sich übrigens auch der Produktionskeller für die Weine der Genossenschaft. Die Trauben werden im Herbst in der Trotte angeliefert und verarbeitet und anschliessend in unserem Produktionskeller gekeltert. Seit 2019 erfolgt dort die gesamte Produktion bis hin zur Abfüllung und Lagerung. Zuvor wurde die Kelterung extern vergeben. Mir war es jedoch wichtig, mein Wissen und die Leidenschaft für Reben und Wein im eigenen Weinkeller umsetzen zu können.
Die Genossenschaft lebt von der Verbundenheit der Winzer mit der Trotte und dem Weinbau. Wie fördern Sie das Gemeinschaftsgefühl?
Walter: Unterschiedliche Meinungen gibt es immer, aber wir versuchen, partnerschaftlich zusammenzuarbeiten. Wir zeigen den Genossenschaftern offen die Finanzen. Als Genossenschaft sind wir nicht so flexibel und können unter anderem bei Trends nicht so schnell reagieren. Dafür bieten wir mit den Abnahmeverträgen unseren Mitgliedern eine grosse Sicherheit. Zudem werden die Gewinne verteilt, und die Rebbauern dürfen bei allen wichtigen Entscheidungen mitreden. Wir bieten auch regelmässig Weiterbildungen an.
Wie war das Rebjahr 2024 für die Weinbaugenossenschaft?
Walter: Wir hatten letztes Jahr ein sehr gutes Jahr. Die Weissweintrauben, die 70 Prozent unseres Sortiments ausmachen, hatten fast keine Frostschäden, und wir blieben zum Glück vom Hagel verschont. Deshalb freuen wir uns über eine ausgezeichnete Qualität des Jahrgangs 2024. Aufgrund des Frosts gibt es allerdings weniger Rotwein und Spezialitäten.
Riesling-Silvaner spielt eine zentrale Rolle in Löhningen. Was macht ihn hier so besonders?
Walter: Der Riesling-Silvaner hat in Löhningen eine lange Tradition und gehört einfach hierher. Der Löhninger Riesling ist dank unseres kalkhaltigen, flachgründigen Bodens besonders charakterstark und mineralisch. Dadurch wird der Wein fruchtig und elegant. Er ist unsere Leidenschaft, weshalb wir immer wieder neue Reben setzen. Der Riesling-Silvaner wird stets eine zentrale Rolle in unserer Weinproduktion spielen.
Sie haben in den letzten Jahren neue Traubensorten wie Merlot und Malbec angepflanzt. Was war die Motivation dahinter, und wie schlagen sich diese Sorten bisher?
Walter: Diese Sorten sind noch nicht in der Produktion. Wir setzten die Rebstöcke erst letzten Jahres, weshalb sie noch etwas Zeit benötigen zum wachsen und gedeihen. Voraussichtlich ab 2028 sind die ersten Flaschen käuflich erhältlich. Da unser Sortiment eher auf Weisswein ausgerichtet ist, haben wir uns entschieden, charakterstarke Rotweine wie den Merlot und Malbec zu integrieren.
Die historische Spitaltrotte aus dem Jahr 1603 ist ein Wahrzeichen der Region und wird von der Genossenschaft gepachtet. Was bedeutet der Name Spital-Trotte?
Walter: Die Trotte gehörte früher zum Kloster Allerheiligen, das dem Spital Schaffhausen unterstand. Daher stammt der Name.
Welche Rolle spielt sie heute für die Weinbaugenossenschaft und die Dorfgemeinschaft?
Walter: Sie ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil. Im Herbst wird sie für die Weinproduktion genutzt, während sie in den wärmeren Monaten für Veranstaltungen zur Verfügung steht. Im Winter findet mitten in der Trotte ein Weihnachtsmarkt statt.
Wird die Trotte oder anders gesagt die Weinpresse noch genutzt?
Walter: Die Weinpresse aus dem Jahr 1713 funktioniert immer noch. Nicht nur das: Der mit ihr gepresste Wein hat eine besonders hohe Qualität. Allerdings ist sie mittlerweile etwas in die Jahre gekommen, was man daran merkt, dass sie leicht undicht ist. Ich glaube aber, dass sie nicht mehr in diesem hervorragenden Zustand wäre, wenn wir sie jedes Jahr voll im Einsatz hätten. Sie ist eine der letzten schweizweit, die noch am Originalstandort steht. Vor ein paar Jahren haben wir sie für eine Sendung des Schweizer Fernsehens in Betrieb genommen.
Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft des Weinbaus in der Region, und wie bereiten Sie sich darauf vor?
Walter: Der Klimawandel ist unsere grösste Herausforderung. Wichtig ist, dass wir den richtigen Erntezeitpunkt und das Blattmanagement optimieren. Der Weinbau wird bestehen bleiben, aber er wird sich wandeln.
Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre?
Walter: Am liebsten ruhige Jahre, aber das wird schwierig. Eigentlich wünsche ich mir einfach, dass es ohne Hagel und Frost weitergeht. Ich strebe keine Massenproduktion an, sondern setze auf Qualität. Dort sehe ich unseren grossen Vorteil.