Die Kinder zogen nach und nach aus. Gingen ihre eigenen Wege, so muss es ja auch sein. Schön zu sehen, wenn sie ihre eigenen Familien gründen und in ihren gelernten Berufe aufgehen. In der Schule war der Ehrgeiz noch nicht so vorhanden, was einem manchmal zur Verzweiflung brachte. Ich musste feststellen: Nur nie die Hoffnung aufgeben, denn der Ehrgeiz kommt schon noch.
Im Haus wurde es ruhig. Eine Ruhe an die man sich schnell gewöhnt und auch nicht mehr missen will. Weniger Wäsche, keine Einzel-Socken mehr. Der Kühlschrank kann auch mal leer sein. Weniger kochen und weniger abwaschen. Das Weniger-Kochen dauerte lange, bis ich es in den Griff bekam. Hatte ich zu wenig gekocht, war der Hunger meines Mannes natürlich gross, hatte ich zu viel gekocht, war der Hunger klein.
Ja, jeder Lebensabschnitt hat sein Gutes
Wieder mal, es war beim Mittagessen, sassen mein Mann und ich einander schweigend gegenüber. Da dachte ich: «Da war doch noch was…» Am Mittagstisch erzählten unsere Kinder immer von der Schule und nachher in der Lehre von der Arbeit. Also alles drehte sich um die Kinder, ihre schönen Erlebnisse und auch um ihre Probleme. Es war aber gut, wenn man das direkt hörte und nicht durch dritte erfahren musste.
Probleme und Betriebsarbeiten diskutierten mein Mann und ich immer bei der gemeinsamen Stallarbeit. Eben, nur die Probleme von der Arbeit wurden besprochen.
Wir sind nicht nur Betriebsleiter und Eltern sondern auch ein Ehepaar. Das blieb wohl in den Jahren etwas auf der Strecke. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Also… jetzt müssen wir wieder lernen auch als Ehepaar miteinander zu sprechen und zu leben. Das ist eine grosse Herausforderung und bedingt ein ständiges daran arbeiten. Mit viel Respekt und Toleranz sind wir dies angegangen und pflegen das weiterhin.
Es war vorher immer alles so selbstverständlich. Ein gefährliches Wort, dieses «selbstverständlich». Ein Wort, welches schon so viel kaputt gemacht hat in unserem Umfeld. Sei es in Ehen, Familien, bei der Arbeit oder bei Vereinsarbeiten.
Einige meiner Kolleginnen meinten, es gäbe doch nichts schöneres, als mit dem Ehemann zusammen zu arbeiten. Ich gebe jeweils den Ball zurück und frage sie, ob sie sich denn das für sich selber auch vorstellen könnten. Die Antwort war immer ein Stirnrunzeln und ein ernüchterndes «nein». Das würde bei ihnen nie funktonieren, meinten sie jeweils. Auch wenn man 365 Tage im Jahr zusammen arbeitet, kann man sich auseinander leben. Kaum zu glauben, aber es ist so.
Bei uns waren es die Enkel, die wieder eine gemeinsame Basis und grosse Freude in unser Leben brachten. Grosseltern zu werden ist keine Selbstverständlichkeit, sondern ein wunderbares Geschenk.
Es gibt immer einen neuen Tag, einen neuen Anfang und eine neue Chance.