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18.03.2025
18.03.2025 14:32 Uhr

Mobilität im Umbruch: Über E-Autos, Baustellenchaos und die Zukunft mit Autopiloten

«Viele fahren ihr altes Auto, bis es nicht mehr geht», sagt Robin Dossenbach, Präsident des Automobilclubs Schaffhausen.
«Viele fahren ihr altes Auto, bis es nicht mehr geht», sagt Robin Dossenbach, Präsident des Automobilclubs Schaffhausen. Bild: Claudia Riedel
Inmitten von Unsicherheiten und politischem Druck zeigt sich Robin Dossenbach, Präsident des Automobilclubs Schaffhausen, kritisch gegenüber der raschen Einführung von E-Autos. Er sagt, warum der schlechtgemachte Diesel gar nicht so schlecht ist, wo es in Schaffhausen Punkto Verkehrssicherheit Nachholbedarf gibt und warum er die zweite Röhre beim Fäsenstaubtunnel noch nicht ganz aufgegeben hat.

«Bock»: Die Automobilverbände schlagen Alarm. Stecken wir wirklich in der Krise? 
Robin Dossenbach: Es herrscht tatsächlich grosse Verunsicherung. Die Leute wissen nicht, wie es in der Mobilität weitergeht. Viele fahren ihr altes Auto, bis es nicht mehr geht – das sehen wir sogar beim Leasing. Alle warten ab.

Würden Sie denn heute ein E-Auto empfehlen?
Dossenbach: Wenn Sie im Klettgau ein neues Haus mit Photovoltaikanlage haben und direkt vor dem Haus laden können, ist ein E-Auto sinnvoll. In einer Mietwohnung ohne eigene Ladestation ist es umständlicher.

Die Photovoltaikanlage daheim nützt aber nichts, wenn ich auf Reisen bin.
Dossenbach: Ein E-Auto braucht Planung. Das war früher bei den Verbrennern nicht anders. Unsere Grosseltern mussten sich damals auch die Tankstellen auf der Karte einzeichnen. Das vergisst man manchmal. Immerhin kann man sich Ladestationen heute reservieren. Da sehe ich eher das Problem, dass Staus das Ganze erschweren.

Wurden die E-Autos zu schnell eingeführt?
Dossenbach: Meiner Meinung nach macht die Politik zu viel Druck. Deutschland hat das E-Auto zum Gewinner erklärt, aber der Industrie fehlte anfangs schlicht die Zeit, es marktreif zu machen. Dies beweisen die Occasionsbörsen mit ihren vielen unverkäuflichen E-Autos der ersten Generationen. Innovationen kamen noch nie von der Politik, sondern immer von der Industrie. Umgekehrt funktioniert es nicht.

Aber Klimaziele sind ein wichtiger Faktor.
Dossenbach: Diese dürfen aber nicht mit der Brechstange durchgesetzt werden. In einer Energiekrise, wo niemand weiss, was Strom morgen kostet, kauft doch keiner ein E-Auto, wenn er nicht über die entsprechende Infrastruktur verfügt. Die Absatzzahlen zeigen es: Das Schweizer Volk goutiert das nicht. In der Schweiz lässt sich niemand vorschreiben, was er fahren soll.

Also wieder zurück zu Diesel und Benzinern? 
Dossenbach: Im Moment braucht es ein Mobilitätsmix. Diesel zum Beispiel wird schlechtgemacht, aber ein moderner Familienkombi verbraucht fünf Liter auf 100 Kilometer, das ist nicht viel.

Was halten Sie von Car-Sharing?
Dossenbach: In Schaffhausen ist das kein grosses Thema. Aber in Grossstädten wie Berlin oder vielleicht auch im urbanen Zürich kann das durchaus Sinn machen. Leider zeigt sich oft, dass Leuten, die nur selten fahren, die Praxis fehlt. Das kann gefährlich werden – auch wenn moderne Autos viele neue Sicherheitsmerkmale haben.

Die Digitalisierung: Gefühlt blinkt im Auto immer was. Das nervt doch?
Dossenbach: Was die Sicherheit betrifft, sind solche Systeme ein Plus. Ein modernes Auto erkennt zum Beispiel einen schwarz gekleideten Fussgänger in der Nacht und bremst automatisch ab. Natürlich gibt es vermehrt technische Störungen, wenn ein Auto mit rund zweihundert Systemkarten ausgestattet ist, die mit Satelliten kommunizieren. Aber man darf sich davon nicht verunsichern lassen, oft reicht eine Fahrzeugwäsche, um das Problem zu beheben. Dann sind die Kameras und Sensoren wieder frei. Ich sage immer: «Wenns orange leuchtet, ist es nur eine Warnung, bei Rot muss man in die Garage.»

Das Auto sagt, was zu tun ist. Seit Anfang Monat ist der Autopilot auf Schweizer Autobahnen erlaubt. Ist das unsere Zukunft?
Dossenbach: In zehn Jahren ist das autonome Fahren normal. Für mich ein klarer Gewinn. Mit Autopiloten wäre der Verkehr flüssiger. Denn Unaufmerksamkeiten lösen viele Staukilometer aus. Wenn alle hintereinander einspuren und regelmässig fahren, sind sie schneller von Zürich in Bern.

Auch in und um Schaffhausen staut es. Zurzeit hat es viele Baustellen und wenig Parkplätze. Fahren Sie noch mit dem Auto in die Stadt?
Dossenbach: Jeden Besuch in der Stadt mache ich mit dem Auto. Aber ich fahre meist direkt ins Parkhaus. Wenn ich über den Kirchhofplatz fahre, rege ich mich nur auf und an den Walter-Bringolf-Platz darf ich nicht einmal denken. Die Detaillisten waren auf diese Parkplätze angewiesen. Das Desaster mit den gelben Bänkli aus Steuerkasse war dann noch das Tüpfli auf dem i.

Wegen der Baustellen ist es oft unübersichtlich. Macht die Stadt genug für die Verkehrssicherheit?
Dossenbach: Auf der Bachstrasse zum Beispiel definitiv nicht. Diese wichtige Ampel, die dort seit Jahren orange blinkt. Das ist unbeholfen und dient niemanden. Bei Unfällen wird dann immer der Autofahrer verantwortlich gemacht. Bevor man dort Tempo 30 fordert, sollte wenigstens die Ampel funktionieren.

Und dann ist da noch der Fäsenstaubtunnel. Wie sehr nagt das «Nein» zum Ausbau noch an Ihnen?
Dossenbach: Das «Nein» zum Tunnel war ein politischer Schlag. Natürlich interessiert es im Jura niemanden, was mit dem Fäsenstaubtunnel in Schaffhausen passiert. Es war ein nationaler Kampf gegen die Strasse. Die Schaffhauser, die dafür stimmten, haben das Nachsehen.

Der Kanton sagte «Ja», nicht aber die Stadt.
Dossenbach: Wer sich in Schaffhausen ruhigere Quartiere wünscht, und gegen das Projekt stimmte, werde ich nie verstehen. Aber was die Stadt sagte, ist jetzt irrelevant. Eine Mobilitätsgruppe unter Bundesrat Alber Rösti prüft alle Ausbauschritte, denen die betroffenen Kantone im November zugestimmt haben, erneut.

Also haben Sie noch Hoffnung, auf einen vierspurigen Tunnel?
Dossenbach: Wie ich aus Bundesbern weiss, treibt die Mobilitätsgruppe den Sicherheitsstollen voran. Gleichzeitig wurde das Projekt bei der ETH in Prüfung gegeben. Als Schaffhauser kann man nur hoffen, dass die ETH schneller ist als die Bundesbehörden.

Claudia Riedel, Schaffhausen24