Schaffhauser Bauer: Wie kam es dazu, dass du damals im swissherdbook ost in den Vorstand kamst?
René Alder, Landwirt: Ich hatte schon immer Freude an der Zucht. Zudem war mir der Austausch mit den verschiedenen Verbänden und der enge Kontakt zu den regionalen Züchtern wichtig.
Gab es besondere Momente in den 20 Jahren die dir in Erinnerungen geblieben sind?
Alder: Als Präsident fand ich es sehr spannend, die Branche aktiv mitzugestalten. Während meiner Vorstandszeit durften wir unter anderem das 125-jährige Jubiläum von swissherdbook ost organisieren und im Jahr 2018 die swisscow-Züchterehrung am Strickhof durchführen.
Welche Entwicklung in der Milchviehzucht hat dich in den letzten 20 Jahren am meisten überrascht?
Alder: Die massive Steigerung der Milchleistung. Sie ist einerseits auf die Zucht zurückzuführen, andererseits aber auch auf deutlich verbesserte Haltungsbedingungen.
Wie hat sich die Branche in den letzten 20 Jahren verändert?
Alder: Die Betriebe sind deutlich professioneller geworden, die Herden grösser und das Tierwohl wird heute stärker gefördert. Die Betriebsleiter sind hervorragend ausgebildet und setzen auf ein professionelles Herdenmanagement. Besonders in der Fütterung hat sich viel getan: Sie spielt eine entscheidende Rolle für die Tiergesundheit und Milchqualität. Ich selbst konnte viel vom Wissen anderer lernen und auf meinem eigenen Betrieb umsetzen.
Gab es Trends oder Neuerungen in der Zucht, bei denen du zunächst skeptisch warst, die sich aber als positiv erwiesen haben?
Alder: Beim Meilenstein «Spermasexing»* hatte ich anfangs bedenken. Ich war unsicher, ob die Kühe mit gesextem Sperma überhaupt tragend werden. Mittlerweile besame ich meine besten Kühe ausschliesslich damit – mit grossem Erfolg. Wirtschaftlich lohnt sich das für mich, da ich gezielt das Geschlecht des Kalbes bestimmen kann, das ich zu einem bestimmten Zeitpunkt brauche.
Was denkst du, sind die zukünftigen Herausforderungen und Chancen in der Milchviehzucht?
Alder: Die Zucht wird sich weiterhin erfolgreich weiterentwickeln. Schon heute orientieren wir uns an internationalen Trends, da der Schweizer Markt relativ klein ist. Wir müssen jedoch aufpassen, dass wir uns nicht an den Hochleistungen des Auslands messen, sondern mit gesundem Menschenverstand weiterhin Milch produzieren – vor allem auf Basis von Raufutter und nicht mit Kraftfutter, wie es im Ausland oft üblich ist. Die Raufutter-Fütterung** ist unser grösster Trumpf, denn wir produzieren unser eigenes Futter.
Wie sieht die Zukunft der Milchzuchtbranche aus?
Alder: Ich sehe sie positiv – sowohl in der Milchproduktion als auch im Schauring. Schweizer Kühe sind bei internationalen Schauen immer vorne mit dabei, sei es bei der Holstein-, Red Holstein- oder Braunviehrasse. Das zeigt, wie hoch das Niveau unserer Züchter ist.
Was sind deine persönlichen grössten Zuchterfolge?
Alder: Wir konnten bereits mehrfach die Auszeichnung für Milchkühe mit einer Lebensleistung von 100'000 Kilogramm Milch entgegennehmen. Der grösste Erfolg war jedoch die Ehrung für «Exzellentes Herdenmanagement», die wir bereits zweimal erhielten. Nur ein Prozent aller swissherdbook – Züchter bekommen alljährlich diese Auszeichnung. Sie steht für hohe Milchleistung, hohe Lebensleistung, gute Inhaltstoffe in der Milch, tiefe Zellzahlen und fruchtbare Tiere.
Hast du eine Lieblingskuh? Wenn ja, was macht diese Kuh besonders?
Alder: Meine Lieblingskuh war Eli. Sie hatte damals eine der höchsten Lebenstagsleistungen der Schweiz – unglaubliche 34 Kilogramm. Eine Leistung über 20 Kilogramm ist sehr gut, über 30 Kilogramm hervorragend. Das Eli sogar darüber lag, machte sie für mich besonders. Zum Glück leben noch viele ihrer Nachkommen auf unserem Hof.
Aus wie vielen Tieren besteht deine Viehherde?
Alder: Wir halten 70 Milchkühe sowie derzeit 12 Aufzuchtkälber und einige Mastkälber. Unsere Jungtiere kommen mit etwa sechs Monaten zu meinen Cousins ins Toggenburg. Dort verbringen sie den Sommer auf der Alp und leben anschliessend auf deren Betrieb. Sie werden besamt und kehren etwa einen Monat vor der ersten Geburt wieder zu uns auf den
Berghof zurück.
Welchen Rat würdest du einem jungen Züchter mit auf den Weg geben?
Alder: Sich nicht von hochgejubelten Stieren blenden lassen – für eine erfolgreiche Zucht braucht es immer auch eine gute Kuh.
Anmerkung der Redaktion:
- *Mit gesextem Sperma kann das Geschlecht des Kalbes zu 90 Prozent bereits bei der Besamung bestimmt werden.
- **Raufutter ist Gras in allen Variationen (Silage, Heu, etc.), Silomais, Zuckerrübenschnitzel und Stroh. Es ist faserreich und kann von Wiederkäuern hervorragend verdaut werden.