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Schweiz
05.03.2025

Bauernhof auf 1800 Meter

Petra und Patrick mit ihrer trächtigen Stute Cina. Sie bekommt im Frühling ihr erstes Fohlen. Adanks sind schon ganz aufgeregt und gespannt auf den Neuankömmling.
Petra und Patrick mit ihrer trächtigen Stute Cina. Sie bekommt im Frühling ihr erstes Fohlen. Adanks sind schon ganz aufgeregt und gespannt auf den Neuankömmling. Bild: Nici Peter
Der Gaschurna Hof in Sertig Davos, auf 1800 Meter Höhe, wird von Petra und Patrick Adank mit viel Leidenschaft und Hingabe bewirtschaftet. Zwischen steilen Bergen und Naturgewalten züchten sie Hochlandrinder, Freiberger Pferde und führen einen vielseitigen Betrieb, der sich stetig weiterentwickelt.

Der Gaschurna Hof in Sertig Davos liegt rund 15 Autominuten von Davos entfernt, auf stolzen 1800 Meter über dem Meeresspiegel. Petra und Patrick Adank bewirtschaften ihn zusammen mit ihren beiden Söhnen Mario und Nando. Wer  den steilen, kurvigen Weg hinauf in diese abgelegene Gegend wagt, wird mit einem atemberaubenden Bergpanorama belohnt. Doch das Leben hoch oben ist nicht immer nur einfach. Manchmal im Winter können die Adanks von den Naturgewalten eingeschneit sein. Dann hoffen sie, dass kein Notfall ansteht, da die Strassen gesperrt sind. Dies bereitet besonders Petra Mühe. Patrick kennt das Gefühl aus seiner Kindheit: «Früher war es nicht nur ein Tag, an dem wir eingeschneit waren, sondern manchmal eine ganze Woche. Das hiess Schulfrei – und das war bei uns Kindern immer ein Highlight», erzählt er mit einem Schmunzeln.

 

Die Hochlandrinder: Patricks Leidenschaft

Der Gaschurna Hof ist ein vielseitiger Betrieb. Einer der Hauptzweige ist Patricks Leidenschaft, die Hochlandrinder. Schon lange träumte er von diesen besonderen Tieren: «Sie gefallen mir einfach, und dass sie so umgänglich und freundlich sind, passt perfekt zu unserem Betrieb.» Einen Stier halten sie auf dem Hof nicht. Bis vor zwei Jahren lieh Patrick immer wieder einen aus, um die Kühe zu besamen. Doch die Haltung der kräftigen Stiere war nicht immer einfach: «Manchmal flüchtete die Herde vor ihm, und niemand durfte ihm zu nahekommen. Die Stiere sind schwer einzuschätzen», erklärt Patrick. Deshalb entschieden sie sich für die künstliche Besamung, was seither sehr gut funktioniert.

 

Züchterische Vielfalt

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Hofes ist der Aufzuchtbetrieb. Andere Landwirte bringen ihre Rinder zu den Adanks. Dort werden sie besamt und dürfen im Sommer auf die Alp. Kurz vor der Geburt kehren sie wieder zu ihren Besitzern zurück. Auch diese zusätzliche Tätigkeit bringt viel Arbeit und Verantwortung mit sich, aber sie trägt zur Diversifizierung des Betriebs bei. Patricks Eltern führten den Hof ursprünglich als Milchbetrieb. Als Petra und Patrick den Hof übernahmen, stellten sie schnell auf die Haltung von Rindern und Pferden um. «Es war gefühlsmässig ein grosser Kraftakt», erinnert sich Petra. Doch eine Holstein Kuh durfte bleiben – Petras Lieblingskuh, die heute ein Gnadenbrot-Dasein führt: «Wir sind jedes Jahr froh, dass sie den jungen Tieren zeigt, wie der Weg auf die Alp geht und wie sie sich verhalten sollen», erzählt Petra mit einem Lächeln. Die zottelige Herde Hochlandrinder kam vor vier Jahren zu den Aufzuchtrindern dazu.

Die Chefin Helga (hier mit ihrem Kalb) gibt mit ihren mächtigen Hörnern den Ton an in der Herde. Bild: Nici Peter

Pferdezucht als Leidenschaft von Petra

Der dritte grosse Betriebszweig ist Petras Leidenschaft – die Pferdezucht und Pferdehaltung. Der Gaschurna Hof ist Heimat von zehn eigenen Freibergern, vom Fohlen bis zu den ganz alten Senioren wie Piro, ein 32-jähriger Wallach. Die Fohlen bleiben auf dem Hof, bis sie fertig ausgebildet sind. Manchmal werden sie bereits früher verkauft. «Mittlerweile kommt es sogar vor, dass sich bereits vor der Geburt des Fohlens Interessenten anmelden.», sagt Petra. Ihre Pferdezucht war anfangs mit vielen Herausforderungen verbunden, und es gab Jahre, in denen sie sogar ans Aufgeben dachte. «Am Anfang steckt man viel Geld in die Zucht, und man muss sich erst einen Namen machen», erklärt sie. Doch heute läuft es gut, und Petra ist zufrieden und stolz auf den Erfolg, den sie durch viel Arbeit und Geduld erzielt hat.

Neben der Zucht gibt Petra auch dreimal pro Woche Reitunterricht, und zwar von Herbst bis zum Frühsommer. Zwei Ponys stehen dafür zur Verfügung, aber natürlich kommen auch ihre Freiberger zum Einsatz. Einen eigenen Reitplatz hat sie ebenfalls. «Ich gehe selbst mindestens einmal pro Woche nach Davos in die Reithalle. Westernreiten ist meine grosse Leidenschaft, und ich nehme auch Unterricht darin», erzählt sie begeistert. Im Sommer gehen alle Pferde auf die Alp. Etwa 30 Pensionspferde verbringen die heissen Monate ebenfalls dort, was eine zusätzliche aber sehr schöne Herausforderung bedeutet: «Zweimal täglich kontrolliere ich jedes Pferd, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist – und das auf bis zu 2300 Metern Höhe!» Auch die Rinder, von den normalen Rindern bis hin zu den Hochlandrindern, verbringen den Sommer auf der Alp. Doch die Hochlandkühe werden vom Rest der Herde getrennt, da sie viel genügsamer sind. Das nachputzen der Weiden wird somit von den Hochlandrindern übernommen.

 

Vom «Bauernkind» zum Landwirt

Sowohl Petra als auch Patrick sind geborene Bauernkinder, doch bis sie 20 Jahre alt waren, konnten sie sich noch nicht vorstellen, den elterlichen Betrieb einmal zu übernehmen. Patrick machte eine Zimmermannslehre und Petra wurde Pharma-Assistentin. Ihre Liebe zu den Tieren führte sie jedoch zum Beruf Landwirt zurück. So übernahmen sie beide die elterlichen Betriebe. «Nur mit beiden Betrieben konnten wir unser Einkommen sichern», erklärt Petra.

Alles Tierfutter – Heu und Gras – wird auf dem eigenen Hof produziert. Ihr älterer Sohn Mario steht bereits in den Startlöchern, um den Hof eines Tages zu übernehmen. Er hat zuerst Landmaschinenmechaniker gelernt und hängt nun die Ausbildung zum Landwirt an. Ob der jüngere Sohn Nando ebenfalls den Hof übernehmen will, ist noch offen. «Er hat momentan noch andere Prioritäten, aber wenn er Interesse hat, werden wir eine Lösung finden», sagt Patrick.

 

Viel Einsatz und Unterstützung aus der Familie

Bisher meistern Petra und Patrick den Betrieb weitgehend alleine. Zu Spitzenzeiten erhalten sie Unterstützung von Petras Eltern und Patricks Mutter. «Mein Vater und meine Mutter helfen bei der Heuernte und Patricks Mutter ist unsere Älplerin. Sie repariert Zäune und kümmert sich auch um die Tiere», erklärt Petra. In den verschiedenen Betriebszweigen hilft es, dass beide sich gegenseitig vertreten können, falls der andere einmal ausfällt. Dies erlebten sie letzten Herbst, als Petra sich das Handgelenk brach. Sie half zwar weiterhin mit, so gut es ging. Patrick musste sich dann aber auch regelmässig in den Sattel schwingen und bei der Ausbildung der Jungpferde mehr mithelfen. Eine nicht ganz einfache Zeit.

Interessanterweise hat Patrick oft mehr  Mühe, ein selbst aufgezogenes Fohlen zu verkaufen, und Petra tut sich mit den Kühen schwer. Die Entscheidung trifft letztlich, wer dem Tier nähersteht. «Ich habe einmal bei einer Kuh zu Patrick gesagt, sie ist so besonders in der Farbe, lass sie uns behalten. Als er mir dann erklärte, dass sie charakterlich schwierig sei, liess ich mich umstimmen», erinnert sich Petra. Ähnlich geht es bei den Fohlen. Patrick erlebt die Tiere meist beim misten, wenn sie neugierig und zutraulich sind. Petra hingegen kümmert sich intensiv um die Erziehung der Tiere. Die anstrengenden Teenagerjahre bei Kälbern und Fohlen sind manchmal eine grosse Herausforderung. «Dann sind wir beide nicht böse, wenn die Tiere den Hof verlassen und es wieder ruhiger wird», gesteht Petra.

Schaffhausen24, Originalmeldung Schaffhauser Bauer, Nici Peter