Willkommen zwischen Politik und Landwirtschaft. Auf den ersten Blick zwei völlig unterschiedliche Welten, in denen ich mich das ganze Jahr durch bewege. Jeder Bereich für sich spannend und abwechslungsreich, und wenn man genau hinschaut, doch auch mit überraschend vielen Parallelen.
Aktuell wird der oberste Schweizer Bauer, Markus Ritter, gerade als neuer Bundesrat gehandelt. Neben Albert Rösti und Guy Parmelin wäre er der dritte bäuerliche Vertreter im Gremium. Wenn wir bedenken, dass nur gerade vier Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft ihre «Brötli» verdienen, ist unser Berufsstand jetzt schon völlig übervertreten. Warum es aber trotzdem nicht schadet noch einen Landwirt mehr im Bundesrat zu haben? Oder etwas provokativer – sind Bauern einfach die besseren Bundesräte?
Politik und Landwirtschaft haben eines gemeinsam: Sie leben von Planung, Pflege und einem langen Atem. Doch während die Landwirtschaft ihre Früchte regelmässig erntet, tut sich die Politik damit häufig schwerer, diese einzufahren.
In der Landwirtschaft gibt die Natur den Rhythmus vor. Man sät, pflegt und erntet. Es ist ein einfaches und bodenständiges Geschäft. Wer den Boden nicht bearbeitet oder die Saat nicht pflegt, wird auch nichts ernten. Die Politik funktioniert häufig anders. Anstatt langfristig zu denken und zu planen, wird lieber kurzfristig gepunktet. Dabei wird vergessen, dass nachhaltige Politik genauso viel Geduld und Ausdauer braucht wie ein Acker.
Die Landwirte kennen die Bedeutung von Verantwortung. Ein Bauer, der seine Tiere oder Felder vernachlässigt, sieht die Konsequenzen sofort: verkümmerte Pflanzen oder kranke Tiere. In der Politik sind die Folgen schlechter, Entscheide oft erst nach Jahren spürbar – und dann tragen meistens andere die Verantwortung dafür.
Sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Politik braucht es Weitblick. Ein Bauer weiss, dass sein Boden nur eine «Leihgabe» auf Zeit ist und dass er die Flächen für kommende Generationen fruchtbar halten muss. Genauso sollte ein Politiker Entscheidungen treffen, die nicht nur dem raschen Applaus, sondern auch der Zukunft und den kommenden Generationen dienen.
Landwirtschaft ist hartes Brot – «24/7», nicht «five o’clock club». Landwirt ist kein Beruf, sondern Berufung, eine Lebenseinstellung – eben, wie Bundesrat werden.
Es bleibt spannend, wer am 12. März das Rennen um den siebten Bundesratssitz machen wird. Aber eins ist klar – die Kartoffeln sind auch dieses Jahr spätestens Anfang April gestupft.
Politik
05.02.2025
Sind Bauern etwa die besseren Bundesräte?

Andrea Müller aus Thayngen schreibt gelegentlich Gastkolumnen.
Bild:
zVg.
Andrea Müller spricht darüber, ob Bauern besser geeignet sind Bundesrat zu werden.