Seine Stimme wird lebendig, wenn er von Schaffhausen spricht. «Ich verteidige Schaffhausen vehement, gerade wenn ich in der Schweiz herumkomme», sagt Gianluca Looser. Sein Stolz auf den Kanton ist unverkennbar, auch wenn er nicht davor zurückschreckt, mit einem Augenzwinkern die Eigenheiten seiner Heimat kritisch zu beäugen. «Eigentlich ist es mir hier zu bürgerlich, aber es hat zu viel Tolles, um wirklich den Mahnfinger zu erheben.»
Gianluca Looser hat eine enge Verbindung zu seiner Heimat, geprägt von Kindheitserinnerungen, in denen Harmonie und Freiheit eine zentrale Rolle spielten. «Schaffhausen ist ein Rückzugsort, meine Stube», sagt er. Er glaubt, dass die Menschen in Schaffhausen einen besonders starken Bezug zur Stadt entwickeln. «Diese Verankerung spüre ja nicht nur ich, sondern ganz viele hier.» Die Stadt habe für jedes Alter und jede Lebensphase die passenden Orte zur Begegnung – von der Badi über das Lindli bis hin zu den Ausgehlokalen. Schaffhausen, so sagt er, sei überschaubar genug, um das Gefühl zu vermeiden, etwas zu verpassen. Gleichzeitig biete die Stadt genau die richtige Mischung aus Beschaulichkeit und Dynamik.
Mit dem Klimastreik gings richtig los
Politisiert wurde Gianluca Looser im Vorfeld zur Durchsetzungsinitiative, die am 28. Februar 2016 abgelehnt wurde. Mit 13 Jahren trat er der JUSO bei, fand dort jedoch wenig Dynamik und wechselte zwei Jahre später zu den neu gegründeten Jungen Grünen. Sein erster grosser politischer Erfolg war die Organisation des ersten Klimastreiks in Schaffhausen im Jahr 2019. «Wir haben zusammen Hunderte auf die Strasse gebracht. Da ging es dann richtig los», erinnert er sich. Heute hat er seinen Hauptschwerpunkt nicht mehr in der Klimapolitik, doch das Thema liegt ihm weiterhin am Herzen. «Es ist klar, dass wir uns mitten in der Klimakrise befinden, und die Herausforderungen sind grösser denn je. Ich halte es für essenziell, dass die Politik handelt und nachhaltige Lösungen vorantreibt. Globale Klimakipppunkte wurden schon erreicht. Dieses Jahr wurde das erste Mal die kritische 1,5 Grad Erderwärmung überschritten. Es geht um unsere Lebensgrundlagen.»
Als er 2021 die Volljährigkeit erreichte und im Sommer gerade von einem einjährigen Lausanne-Aufenthalt zurückkehrte, wurde Looser von seiner Partei als Nachfolger der zurückgetretenen Aline Iff vorgeschlagen und am Montag, 23. August 2021, in die parlamentarische Pflicht genommen. Dies manövrierte ihn zum jüngsten Kantonsrat der Schweiz. «In Gesprächen mit guten Freundinnen und Freunden kam der Gedanke auf, mich zur Verfügung zu stellen. Nach einer Nacht darüber schlafen, packte ich die Gelegenheit beim Schopf.» Diese erste Legislatur war herausfordernd, zumal er im Frühling 2022 «nebenbei» noch die Matur abschloss. «Nennen wir das Kind beim Namen: Ich brauchte die ersten eineinhalb oder sogar zwei Jahre, um wirklich in der Ratsarbeit anzukommen. So ergeht es allen, die in die Ratspolitik einsteigen.» Doch Looser lernte schnell.
Allerdings ist er keiner, der explizit auf Schmusekurs eingestellt ist, sondern auch mal mit Biss die Konfrontation sucht und zum Diskutieren anregt. Gerade weil ihm auch schon mal «junger Schnösel» nachgeworfen wird, muss man als Jungpolitiker umso vehementer sein und seine Dossiers noch besser kennen, um beim Politisieren wahr- und ernstgenommen zu werden. Doch vor allem in den Kommissionsarbeiten fand er schnell seinen Platz. «Die Arbeit in der Gesundheitskommission macht mir Freude und ist hochaktuell. Auch wenn man in Schaffhausen zuerst lernen muss, auch die Minierfolge zu feiern, geben genau diese einem den nötigen Elan, um weiterzumachen.»
Vom Berg in politische Höhen
An Gianluca Looser ist vielleicht ein Musiker verloren gegangen. «Es fiel eigentlich alles der Politik zum Opfer», sagt er mit Bedauern. Nach drei Jahren Schlagzeugunterricht und ersten Versuchen am Klavier blieb dabei die Musik auf der Strecke. «Ich würde gerne Musik machen. Mir gefiel es auch sehr, im Kantichor mitzusingen.» Doch letztlich hat die Politik auch seine grösste Leidenschaft, das Klettern, in den Hintergrund gedrängt. «Ich ging bis zu viermal wöchentlich ins Training, auch outdoor, ging Bergsteigen, gab ebenfalls Unterricht. Klettern war sehr lange mein Lebenssinn – bis die Politik überhandnahm.»
Er hatte einst damit geliebäugelt, sich einem Bergsteig-Kader anzuschliessen, doch Gianluca Looser entschied sich bewusst dagegen. «Es ist sowohl im Sport wie auch in der Politik: Wenn ich mich komplett reinhänge, dann muss ich alles geben.» Dieser Anspruch zieht sich durch sein Leben. Neben seiner intensiven Arbeit gönnt sich Looser kleine Auszeiten. Ob in der Rhybadi oder während einer Zugfahrt zwischen Berlin und Zürich – er findet immer Wege, sich wieder aufzuladen. «Ich fühle mich entspannter, wenn ich zwischendurch für eine halbe Stunde in meinen Laptop schauen kann.»
Visionen für gerechtere Gesellschaft
Seit seinem Eintritt in die Politik engagiert er sich stark für Themen der LGBTQIA+-Community, ohne selbst queer zu sein. «Es geht nicht um meine Identität, sondern um gesunden Menschenverstand. Wenn es Benachteiligungen gibt, dann sollten wir diese gemeinsam bekämpfen.» Auch bei den steigenden Krankenkassenprämien und hohen Mieten in Schaffhausen sieht er akuten Handlungsbedarf. «Die Menschen ächzen darunter.» Besonders im Bereich sexualisierte Gewalt brauche es eine selbstkritische Regierung, die den Mut habe, diese Themen wirklich anzugehen.
Gianluca Looser setzt sich vor allem für Gesundheits- und Sozialpolitik ein. «Woke Themen nenne ich gerne beim Namen. Denn ‹woke› heisst nichts anderes als ‹achtsam›, was ist daran falsch?» Für ihn ist es essenziell, Benachteiligungen zu bekämpfen, sei es bei der queeren Community oder im Kampf gegen Armut. «Die Politik soll sich am Wohlbefinden des Volkes orientieren.» Den Traum, selbst ein Amt im Bundeshaus auszuüben, verneint er klar. Er verschliesse sich aber auch nichts – es sei unseriös, solche definitiven Aussagen über seine Zukunft zu treffen. «Ich bin nicht karrieregeil, ich war glücklicherweise bisweilen oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort.» Bis dahin geniesst er die Arbeit im Hintergrund als persönlicher Mitarbeiter von Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber. «Am wohlsten fühle ich mich, wenn ich aus dem Hintergrund heraus wirken und mich von dort aus voll verausgaben kann.»
Weihnachtsbesinnung
«Weihnachten sind schöne Tage für mich», sagt er. Mit seiner Familie schmückt er den Baum am 24. Dezember und geniesst die Besinnlichkeit. «Ich wünsche mir, dass wir unsere demokratischen Werte schätzen und Hass sowie Hetze überwinden.» Mit diesem Wunsch offenbart Gianluca Looser nicht nur seine politischen Ambitionen, sondern auch sein tiefes Anliegen, zu einer gerechten und menschlicheren Welt beizutragen.