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Politik
20.11.2024
20.11.2024 17:09 Uhr

Die Jungen in der Politik vertreten

Leonie Altorfer liegen Themen, wie Feminismus oder Bildung besonders am Herzen.
Leonie Altorfer liegen Themen, wie Feminismus oder Bildung besonders am Herzen. Bild: Salome Zulauf
Leonie Altorfer will junge Leute mobilisieren, abstimmen zu gehen. Ab dem nächsten Jahr wird sie die JUSO in der Schaffhauser Politik vertreten.

Als am 22. September die Ergebnisse der Schaffhauser Kantonsratswahlen bekanntgegeben wurden, erreichten Leonie Altorfer und die jungsozialistische Partei (JUSO) ein grosses Ziel. Mit gerade mal 20 Jahren sicherte sich die Schaffhauserin einen Sitz im Kantonsrat. Über 9000 Wähler:innen gaben Jungpolitikerin und der JUSO ihre Stimme, wodurch die Partei nach vier Jahren Abwesenheit wieder einen von den 60 Sitzen im Kantonsrat zurückgewinnen konnte. «Dieser Wahlsonntag war eine emotionale Achterbahnfahrt», erinnert sich Leonie Altorfer zurück. «Ich habe lange nicht damit gerechnet, dass wir genügend Stimmen erhalten.»

 

Diskutieren mit anderen

Leonie Altorfer ist in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, was ihr Interesse an Themen wie Lohnungleichheit und Feminismus weckte.  Auch in der Schule wurde sie früh mit politischen Diskussionen konfrontiert. Über ihre Mitschüler:innen erfuhr sie viel über Ausländerfeindlichkeit. «Ich konnte nie nachvollziehen, weshalb einige keinen Schweizer Pass hatten, obwohl sie immer hier lebten. Ich selbst habe ihn ja nur, weil meine Eltern ihn haben», erklärt Leonie Altorfer. Wie sie von sich selbst behauptet, war sie nie ein schüchternes Kind und hielt gerne in der Schule Vorträge. Diskutieren gehört da auch dazu. Sie äusserte offen ihre Meinung zu Themen, um sich mit ihrem Gegenüber auszutauschen.

 

Richtige Entscheidung getroffen

Das Jahr 2021 war für die Schaffhauserin ein entscheidender Wendepunkt auf ihrem politischen Weg. Da wurde in der Schweiz über die 99-Prozent-Initiative der JUSO abgestimmt, wodurch sie sich sehr mit der Initiative auseinandersetzte sowie mit dem Reichtum in der Schweiz: «Mir wurde erst bei der aktiven Auseinandersetzung des Themas bewusst, wie ungleich das Geld in der Schweiz verteilt ist.»

Gleichzeitig wurde die JUSO Schaffhausen 2021 wiederbelebt, was dazu führte, dass viele junge Menschen der Partei beitraten. Auch Leonie Altorfer zeigte Interesse, war jedoch anfangs unsicher. «Ich habe lange darüber nachgedacht, ob das der richtige Schritt für mich ist», erzählt die junge Politikerin. Anfang 2022, ermutigt durch ihre Freund:innen, trat sie schliesslich der Partei bei. Seitdem ist sie ein aktives Mitglied und steht seit Anfang dieses Jahres sogar als Co-Präsidentin der JUSO Schaffhausen an der Spitze.

 

An Bundesbern vorbei

Die Kantonsratswahl war nicht Leonie Altorfers erster Wahlkampf. Bereits ein Jahr zuvor kandidierte sie für einen Sitz im Nationalrat – ein bewusster Schritt, sich erstmals der Öffentlichkeit zu präsentieren, trotz geringer Erfolgschancen. Rückblickend betrachtet sie diesen Wahlkampf als lehrreiche Erfahrung, die sie aus ihrer Komfortzone brachte. Auch für die erfolgreichen Kantonsratswahlen und die bevorstehenden Grossratswahlen am 24. November, bei denen die JUSO 18 Kandidat:innen aufstellt, war der Nationalratswahlkampf eine wertvolle Vorbereitung. «Viele wissen gar nicht, wie viel Aufwand hinter einem Wahlkampf steckt. Es ist jedes Mal ein absoluter Teamsport», betont sie. Auf Social Media und auf der Strasse macht die JUSO auf ihre Kandidierenden aufmerksam. Ihr politisches Engagement passe aktuell gut in ihre Lebenssituation. «Nach der Erwachsenenmatur habe ich ein Zwischenjahr, in dem ich als Klassenassistentin arbeite und mich der Politik sowie meinem neuen Mandat widmen kann», erklärt Altorfer. In Zukunft plant sie, Politikwissenschaft zu studieren, um ihr Engagement weiter zu vertiefen.

 

Zeit für Veränderung

In ihrer neuen Rolle als Kantonsrätin will Leonie Altorfer vor allem junge und «unpolitische» Menschen motivieren, wählen zu gehen. Ihr Ziel ist eine zugänglichere Politik. Auf ihrem Instagram-Account setzt sie dies bereits um. In kurzen Videos erklärt sie ihren Follower:innen Initiativen. Besonders offen thematisiert sie die ungleiche Geschlechterverteilung in der Schaffhauser Politik. «Im Kantonsrat gibt es aktuell nur 14 Frauen, ab 2025 werden es 22 sein. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber wir sind noch lange nicht am Ziel», sagt Leonie Altorfer. Sie begrüsse, dass nun mehr Frauen im Kantonsrat vertreten sind, möchte aber auch betonen, dass Frauen sich längst nicht bei allen Themen einig sind. «Es braucht feministische Stimmen in diesem Rat – das können und müssen alle sein, unabhängig von ihrem Geschlecht», so die Schaffhauserin.

Für die vier bevorstehenden Jahre im Kantonsrat zeigt sie sich gespannt, wie sich die politische Lage entwickeln wird, denn ihrer Meinung nach gibt es noch viel zu tun – auch in Bezug auf die Vorurteile gegenüber jungen, linken Politiker:innen. «Wenn man uns jungen Menschen zuhören würde, könnte man feststellen, dass wir gute Ideen haben», meint sie. Dabei sei es wichtig, sich nicht in Details von Themen zu verlieren, sondern sich auf die wirklich wichtigen politischen Diskussionen zu konzentrieren.

 

Herausfordernde Legislatur

Die kommenden vier Jahre werden laut Leonie Altorfer kein Zuckerschlecken. «Es wird sicher oft Meinungen und Entscheidungen geben, mit denen ich nicht einverstanden bin», sagt Leonie Altorfer. Auf die Frage, ob es ein Erfolgsrezept für erfolgreiche Politik gibt, antwortet sie: «Ich weiss nicht, ob es das Erfolgsrezept gibt. Aber ich denke, wenn man authentisch ist und seiner Linie treu bleibt, kann man Erfolg haben und genau das werde ich in den kommenden vier Jahren versuchen.»

Salome Zulauf, Schaffhausen24