Home Region Sport Schweiz/Ausland Magazin Agenda
Kultur
19.11.2024

Situationen gehen schief – und inspirieren sie dafür

Aus banalen Lebensbegebenheiten können kuriose Momente entstehen. Für Betroffene manchmal skurril, für Aussenstehende dafür zum Lachen komisch.
Aus banalen Lebensbegebenheiten können kuriose Momente entstehen. Für Betroffene manchmal skurril, für Aussenstehende dafür zum Lachen komisch. Bild: Joel Schweizer
Seit 1987 begeistert sie mit Urs Wehrli im Duo mit «Ursus & Nadeschkin». Am 4. Dezember ist Nadja Sieger im Trottentheater zu Gast bei «Ton!olo deckt auf».

Gelbes Outfit, helle Rasta-Locken – wissen Sie schon, von wem die Rede ist? Gemeint ist Nadja Sieger, besser bekannt als «Nadeschkin». Am 4. Dezember wird sie zusammen mit Heinz Frei bei «Ton!olo deckt auf» im Trottentheater Neuhausen zu sehen sein, das heisst: Nicht zusammen mit Ursus und auch nicht in der Rolle der Nadeschkin, sondern als Nadja Sieger, der Person dahinter.

 

«Bock»: Sie unterhalten Menschen und bringen sie zum Lachen. Wann und wie haben Sie herausgefunden, dass dies ihr Traumberuf ist?

Nadja Sieger: Als ich 14 Jahre alt war, wollte ich in der AG Theater Rämibühl in Zürich mitspielen. Es gab gerade eine Produktion, bei der aber leider schon alle Rollen vergeben waren. Platz gabs nur noch bei den Clowns. Es war kein einfacher Einstieg in diese Kunst, denn zum Lustigsein, braucht es neben Leidenschaft und einem möglichen Talent, vor allem auch Übung. Die anderen übten sich schon monatelang im Fach der Clownerie und ich, als Late-Arrival, nicht. Ob ich lustig war, weiss ich nicht mehr, aber es war mein Debüt als weiblicher Clown. Dass hier eine 37 jahrelange Karriere losgetreten wurde, ahnte niemand. Am wenigsten ich selber.

 

Was inspiriert Sie für Ihre Auftritte?

Sieger: Wer aufmerksam und bewusst durch das Leben geht, findet im Alltag die besten Geschichten. Meistens sind es Situationen, wo kleine, banale Begegebenheiten ein wenig daneben gehen, oder einfach nur schieflaufen. Die interessieren und inspirieren mich. Für diejenigen, die involviert sind, und gerade mit einem Problem hadern, ist es oft weniger amüsant. Für jemanden, der zufällig von aussen zuschaut, je nach dem aber schon. Wer am Ende über die eigenen Patzer lachen kann, schliesst mit sich und den Fehlern, Frieden. Das ist extrem schön. Wer dagegen über die Fehler anderer lacht, der macht die Situation damit eher schlimmer. Das ist dann kein lustiges Lachen, sondern Schadenfreude. Diese hat mich aber noch nie interessiert, die andere Variante liebe ich.

 

Was geht Ihnen durch den Kopf,

wenn Sie auf der Bühne stehen?

Sieger: Auf der Bühne bin ich zu 100 Prozent in der Rolle. Das wäre kein gutes Zeichen, wenn mir dann so Alltagsgedanken durch den Kopf gingen wie: «Hab ich daheim die Herdplatte ausgemacht?» Für sowas hat man dann wirklich gar keine Zeit. Das Schöne an meinem Beruf ist ja auch, dass ich, auch wenn ich mal einen schlechten Tag habe, während dem Auftritt zwei Stunden lang von allen Sorgen befreit bin. Meine Gedanken sind dann im «Jetzt», ich bin ganz und gar für die Vorstellung, und fürs Publikum da. Dadurch, dass wir auf der Bühne auch in unseren Rollen denken, können wir auf Spontanes eingehen und improvisieren. Der rote Faden bleibt jeweils bestehen, aber die Vorstellungen werden so lebendiger und einzigartiger. Das ist nicht nur fürs Publikum spannend, nein auch für uns.

 

Welchen unbeschreiblichen und besonderen Moment Ihrer Karriere werden Sie niemals vergessen?

Sieger: Ich kann mich nicht für einen einzigen Moment entscheiden. Ich durfte schon so viel Schönes erleben. Etwas, was mich jedoch jüngst sehr überraschte und freute, war, dass Ursus & Nadeschkin im vergangenen Mai den Deutschen Ehrenpreis abholen durften. Dabei brachen uns zuvor – pandemiebedingt – sämtliche Tournéen im Ausland ein. Was uns in Deutschland und Österreich in den vergangenen vier Jahren an Vorstellungen abgesagt wurde, blieb abgesagt. Und dann kommt da plötzlich aus heiterem Himmel eine so grosse Wertschätzung. Die einzigen Schweizer Bühnenkünstler, die vor uns von diesen Preis fürs Lebenswerk erhalten haben, sind Emil Steinberger und Franz Hohler. Und jetzt wir. Unser Publikum ausserhalb der Grenze hatte uns also doch nicht vergessen. Das war schon besonders.

 

Welchen Bezug haben Sie zu Schaffhausen?

Sieger: In Schaffhausen dürfen wir seit über 20 Jahren auf der wunderbar schönen Stadttheaterbühne auftreten, und immer sind wir dann ausverkauft. Das ist schon mal sehr verbindend. Aber in Schaffhausen starte ich auch gerne Velotouren, Rheinauf- oder abwärts. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich und toll! Aber etwas vom Schönsten an Schaffhausen ist das «Stars in Town». An diesem einzigartigen Musik-Festival mitten in der Altstadt, habe ich im Jahr 2013 Jamie Cullum entdeckt, und bin seither ein grosser Fan von ihm – und von Stars in Town! Da habt ihr etwas wirklich ganz Besonderes erfunden.

Laura Alar, Schaffhausen24