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Kultur
27.08.2024
28.08.2024 16:27 Uhr

Von London nach New york

Das Konzert im Sorell Hotel Rüden in Schaffhausen war auf ganzer Linie ein Erfolg. Zusammen mit dem Pianisten Julian Chan sammelte Muriel Oberhofer anhand einer Kollekte für ihr Studium in den Staaten.
Das Konzert im Sorell Hotel Rüden in Schaffhausen war auf ganzer Linie ein Erfolg. Zusammen mit dem Pianisten Julian Chan sammelte Muriel Oberhofer anhand einer Kollekte für ihr Studium in den Staaten. Bild: Manuel Oberhofer
Muriel Oberhofer hatte schon mit Anfang 20 die Ehre, als Violinistin in renommierten Sälen wie der Wigmore Hall in London oder dem Auditorio Nacional de Musica in Madrid zu konzertieren. Zudem war sie bereits Konzertmeisterin des Royal Academy Symphony Orchestras. Nach sechs Jahren Studium in London erhielt sie einen Platz bei Pinchas Zukerman an der Manhattan School of Music. Dazu veranstaltete sie vorletztes Wochenende je ein Crowdfunding-Konzert in Schaffhausen und Zürich.

«Sich wirklich auf der Violine ausdrücken zu können, benötigt ein hohes Mass an Koordination verschiedener Fähigkeiten. Kommen diese unterschiedlichen Aspekte zusammen, produziert die Geige einen Klang, an dem ich mich nicht satthören kann», erzählt die 24-jährige Muriel Oberhofer. Sie liebe die Vielfalt der Möglichkeiten zur Erzeugung von Klängen auf der Violine sowie die verschiedenen Charaktere, welche dadurch in den Stücken hervortreten. «Die Geige ist für mich eine konstante Herausforderung. Aber ich bin stets für eine gute Challenge zu haben.»

Mit der Violine aufgewachsen

In eine Musikerfamilie geboren, sei es naheliegend, dass sie selbst früher oder später ein Instrument anlächelte, so Muriel Oberhofer: «Mit drei Jahren habe ich, auf dem Weg zum Eiskunstlaufplatz, in einem Schaufenster eine Kindergeige entdeckt. Diese wünschte ich mir dann sehnlichst zu Weihnachten. Das Christkind hat mir den Wunsch tatsächlich erfüllt.» Mit vier Jahren sei sie das erste Mal zum Violinenunterricht gegangen.

Nach dem Besuch der Kantonsschule Schaffhausen dislozierte sie nicht nur an einen neuen Ort, sondern zog direkt in ein anderes Land– der Liebe zur Violine wegen. «Das Studium in London hat mir eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten und Perspektiven geboten», resümiert die Violinistin. Da sich die Schule auf das Performen spezialisiert hat, bekam sie einige Möglichkeiten, um ihr Können in renommierten Konzerten unter Beweis zu stellen. So spielte sie als Solistin in der Wigmore Hall oder durfte als Teil des Akademieorchesters an einem Mendelssohn Konzert teilnehmen. «Ein weiteres Highlight war sicherlich, als ich die Möglichkeit erhielt, Konzertmeisterin des Royal Academy Symphony Orchesters unter Semyon Bychkov zu sein.» Nicht ausser Acht zu lassen sind zudem Auftritte im Auditorio Nacional de Musica in Madrid und in der Tonhalle Zürich. 

Auch wenn das sechsjährige Studium, das sie mit Auszeichnung abschloss, schon intensiv genug war, besuchte Muriel Oberhofer regelmässig Meisterkurse. Zuletzt war sie bei Hilary Hahn, James Ehnes sowie Peter Zazofsky und an der Kronberg Academy bei Vadim Gluzman.

Nächste Bühne: New York City

Ton um Ton geht es weiter. Noch kaum ist ihre Musik in England verklungen, packt sie ihre Koffer im Big Apple aus. Ihr Flug in die Stadt, die niemals schläft, war bereits am vergangenen Samstag, 24. August. Dort wird die Violinistin voraussichtlich in zwei Jahren an der Manhattan School of Music mit einem Professional Performance Diploma abschliessen. Aber weshalb gerade diese Hochschule in Upper Manhattan? «Letzten September nahm ich an einem Meisterkurs an der Kronberg Academy in der Nähe von Frankfurt am Main teil. Völlig unerwartet sass im Vorspiel für die Aufnahme in den Meisterkurs der Dirigent und Violinist Pinchas Zukerman. Nachdem er mit mir an meinem Stück gearbeitet hatte, ergriff ich die einmalige Gelegenheit und fragte ihn nach seiner Klasse in New York und ob es noch eine Chance gäbe sich zu bewerben. Und ja, er lud mich zum Vorspiel nach Amerika ein», schildert Muriel Oberhofer die glückliche Fügung. Im März sei sie der Einladung gefolgt und nach New York gejettet. 

«Pinchas Zukerman ist einer der besten Violinisten unserer Zeit. Er hat ein unglaubliches Wissen, insbesondere, was den Ton auf dem Instrument betrifft.» Sie erhoffe sich deshalb, ein paar seiner Kniffe adaptieren zu können. Ebenfalls ziele sie darauf ab, längerfristig in den USA ein Netzwerk aufzubauen, um in Zukunft auch dort die Möglichkeit zum Performen zu haben.

«Mein Ziel ist es, als Solistin und Kammermusikerin aufzutreten und davon leben zu können.»
Muriel Oberhofer, Violinistin

Kein Paganini vom Himmel gefallen

Obwohl die Schule in den Staaten Muriel Oberhofer mit einem Stipendium entgegenkommt, reicht dieses noch lange nicht aus, um alle Kosten, die sonst noch anfallen, zu decken. Da weder Geld auf Bäumen wächst, noch je ein Star vom Himmel zur Erde entsandt worden ist, muss beides erarbeitet – in ihrem Fall erspielt – werden. Zusammen mit ihrem ehemaligen Kommilitonen an der Royal Academy of Music Julian Chan führte sie eines der beiden «Sommerabend-Konzerte» am Sonntag, 18. August, im Zunftsaal des Sorell Hotel Rüden durch. «Das Konzert hat meine Erwartungen übertroffen. Es hat mich berührt, dass die Leute so zahlreich erschienen sind. Dabei kam ein ordentlicher Betrag an meine Studienkosten zusammen», so das dankbare Résumé von Muriel Oberhofer. Auch ihr Pianist habe die Atmosphäre im Saal sehr geschätzt. Er gilt als einer der innovativsten Pianisten seiner Generation. Sein Spiel wurde international prämiert, unter anderem mit einem ersten Preis und dem Sonatenpreis beim Nanyang Internationalen Musikwettbewerb in Singapur.

Wenn sie nicht gerade einen Auftritt hat, geht es in den eigenen vier Wänden mit dem «Bearbeiten» des Instruments weiter, erklärt die Violinistin im Austausch mit dem «Bock»: «Generell übe ich etwa fünf Stunden am Tag. Der Fokus liegt abwechselnd auf der Konzertvorbereitung, dem Erlernen von technischen Fähigkeiten oder dem Erarbeiten von neuen Stücken.»

Ziel: von der eigenen Passion zu leben

Muriel Oberhofer hat bereits das Glück, auf einer Vincenzo Rugeri aus dem Jahr 1690 zu spielen, welche ihr von Florian Leonhard Fine Violins in London als Leihgabe zur Verfügung gestellt wurde. «Liebäugeln tue ich mit den Meisterinstrumenten von Guarneri del Gesù», berichtet die Musikerin. Diese liegen in einer sehr hohen Preisklasse. Möglicherweise ergebe sich aber eines Tages ein Arrangement.

Mit ihrer Musik möchte sie Menschen berühren und aus dem Alltag entführen. Zudem hoffe sie, auf ihrem Weg inspirierende Begegnungen zu machen. «Mein Ziel ist es, als Solistin und Kammermusikerin aufzutreten und davon leben zu können.»

  • Muriel Oberhofer spielt auf einer Vincenzo Rugeri von 1690. Bild: Gemma Escribano
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  • Bild: Daniel Stroud
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Sandro Zoller, Schaffhausen24