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Gast-Kommentar
Fussball
19.08.2024

Fussballer und ihre Klischees

Serge Müller ist Fussballer und zur Zeit unter Vertrag beim FC Aarau.
Serge Müller ist Fussballer und zur Zeit unter Vertrag beim FC Aarau. Bild: zVg.
Serge Müller schreibt in seiner aktuellen Kolumne über das Verhalten der sowie die Erwartungen an die Fussballspieler.

Dumm, arrogant, unbelehrbar, realitätsfern, reich. Als Fussballer wird man sehr oft mit den gleichen Klischees zu seinem Beruf konfrontiert. 

Die häufigste Frage ist die nach der Intelligenz von Fussballern. Doch, woran wird diese gemessen? An der Bildung? Tatsächlich war ich in meinem Maturjahrgang der einzige männliche Fussballer. Fehlende Ausbildungen liegen jedoch vorwiegend daran, dass viele alles auf eine Karte setzen, um zu reüssieren. Leider befeuern wir dieses Klischee durch unbedachte Aussagen oder Auftritte aber oftmals selbst. 

Ein weiteres Stereotyp ist dasjenige des «Schoggi-Lebens» eines Fussballers und gleich vorneweg, es bietet viele angenehme Seiten. Man hat ja das Hobby zum Beruf gemacht, ein kleines Pensum mit reichlich Freizeit und wird erst noch mit Geld überhäuft. Oder? 

Dabei geht die ganze unsichtbare Arbeit vergessen, im Kraftraum, bei Videoanalysen und in jedem einzelnen Bereich einer Sportart, welche die umfassendsten physischen Anforderungen und die vielfältigsten taktischen Möglichkeiten vereint. Für den Erfolg muss alles in einer Trainingswoche abgedeckt, untergeordnet und vieles geopfert werden. Unzählige Feste, Schlitteln oder Skifahren lassen grüssen. Wochenenden gibt es nicht und Ferien nur kurze, zu vorgegebenen Zeiten und mit Fitnessprogramm. Dazu kommt eine nicht existente Planungssicherheit, von Wochenplänen, welche bis zuletzt abhängig von Resultaten und Launen des Trainers sind bis hin zur Unsicherheit des Transfermarktes und dem damit verbundenen umkrempeln des eigenen Lebens innert Stunden. Vieles davon liegt an der hohen Aufmerksamkeit unseres Sports. Hier muss ich allerdings auch uns Athleten in die Pflicht nehmen. Oftmals höre ich «Wenn Leute im Büro einen Fehler machen werden auch keine Artikel verfasst oder Noten verteilt», aber arbeiten sie vor Tausenden, die jubeln, wenn sie etwas richtig machen? Der «Foifer und’s Weggli» geht nun mal nicht. Denn die Aufmerksamkeit finanziert den Sport. Sind deswegen alle Profis Millionäre? Keinesfalls. Gerade in kleinen Ländern, wo der TV-Markt nicht viel hergibt und die Klubs ums Überleben kämpfen. Es ist gar oft so, dass junge Sportler Löhne weit unter dem Existenzminimum in Kauf nehmen müssen um einen der begehrten Kaderplätze zu ergattern. Ein Einstieg in die Arbeitswelt anderswo wäre weit lukrativer, bei nicht annähernd gleicher Konkurrenz. Das Verhältnis von erforderlicher Qualität zur gebotenen Entlöhnung ist wohl so schlecht wie kaum sonst wo und steht in krassem Kontrast zu den Perspektiven im gleichen Beruf. Trotzdem sollten wir dankbarer sein, neigen wir doch dazu uns nach einer harten Einheit zu beklagen, statt zu schätzen was wir täglich tun dürfen. 

Ist der Fussballer also wirklich dumm, arrogant oder zu reich? Nein, aber ein bisschen mehr Dankbarkeit, Bodenständigkeit und Reflexion würde uns guttun. 

Schaffhausen24, Originalmeldung Serge Müller