«Diesen Raum werde ich vermissen», hört man der Stimme Raphaël Rohners etwas Wehmut an. «Feinste Renaissance. Original.» Man begibt sich wahrlich auf eine Zeitreise, wenn man in sein Büro tritt. Man neigt zu sagen, dieser Ort sei für ihn geschaffen – oder gar umgekehrt? «Ich muss den Umzug ins Stadthausgeviert nicht mehr mitmachen. Lieber koste ich diese Atmosphäre hier fertig aus.» Macht durchaus Sinn, denn der Stadtrat wird Ende Jahr seine kleine Wohlfühloase verlassen. Fertig Politik, hinein ins Pensionsleben. «Ganz weg bin ich nicht, denn im Kantonsrat bin ich hoffentlich noch vertreten, wo ich mich zur Wiederwahl stelle», relativiert Raphaël Rohner. Aber er beneide seine Amtskollegen nicht, die aktuell um jede Stimme buhlen. «Ich habe viele Wahlkämpfe miterlebt und weiss, wie beansprucht man da ist.» Ihm sei es stets ein grosses Anliegen gewesen, authentisch zu sein, das Mandat würdig zu vertreten. «Eine Wahl gilt auch als Vertrauensbeweis seitens der Bevölkerung und dient zur Verpflichtung des Amtes.» Das wünscht er auch seiner Nachfolge: Mut haben, etwas anzupacken, nicht abzuheben, nichts versprechen, was man nicht halten kann, und das Privileg zu schätzen, dass das Volk einem das Vertrauen schenkt. Rohner selbst gehört zu den Politikern, die grosse Wertschätzung erfahren haben. Er versteckt sich nicht hinter einer Rolle, sondern verkörpert sie so, wie er ist, wie er wirkt. «Ich bin nur bei der Kleidung konservativ, ansonsten sehr offen», schmunzelt der «homme distingué». Ihm hört man auch gerne zu, weil er eine belesene, gewandte und gepflegte Sprachkultur mit angenehmer Tonalität beherrscht, um die Hörerschaft bei Laune zu halten. Auch erntet er mal Publikumslacher oder verschafft sich mit einem zwickenden Spruch den nötigen Respekt.
«Ich mag Menschen»
Die Nähe zur Bevölkerung, sich ihren Fragen zu stellen und auf diese valabel einzugehen, hat Raphaël Rohner stets ausgezeichnet. «Auch, wenn es vielleicht merkwürdig klingt, aber ich mag Menschen. Ich schätze den Kontakt und den Austausch. Nicht nur im Wahljahr, sondern auch davor», schmunzelt der Menschenfänger. Als Rohner Erinnerungen aus seinem politischen Leben hervorholt und erzählt, erkennt man durchaus seine Affinität zum «Storyteller». Er würde wohl eher «Conteur» sagen, immerhin wuchs der Junge Raphaël bilangue auf und pflegt auch heute noch, Begriffe elegant mit französischen Verschnörkelungen aus seinem enormen Wortschatz geschickt zu umschreiben.
Rücktritt im Einklang
Seinen Abschied von der städtischen Politbühne erklärt Raphaël Rohner damit, dass der Zeitpunkt richtig sei. «Irgendwann nach drei Legislaturen ist auch mal genug, schliesslich bin ich doch schon tief in den Sechzigern.» Sein Wunschmandat als Bildungsreferent hält er seit 2017 inne und dieses zehrt trotz grossem Gefallen an den Kräften. «Ich sagte, dass ich dann aufhöre, wenn ich mir auf Wahlplakaten gefalle oder mir in Interviews gerne zuhöre. Ich kann mich heute noch nicht sehen und hören, da schaudert es mich gleich», lacht der 66-Jährige. «Daher müsste ich noch weitermachen, denn Ideen hätte ich noch en masse.» Er sei schon noch fit, spüre aber, dass die Erholungsphase nach Belastungen mehr Zeit in Anspruch nehme. Er sagt auch: «Für mich stimmt es so, wie es ist.»
Wechsel ins Bildungsreferat
Während seiner ersten Legislatur von 2013 bis 2016 hielt Raphaël Rohner das Mandat des Baureferenten inne. Es war anspruchsvoll, er mochte aber Herausforderungen, auch wenn er nicht vom Fach war. Er übergab seiner Nachfolgerin Karin Bernath ein top aufgestelltes Referat mit einem sauberen Büro, derweil Rohner das Bildungsreferat vom damals zurückgetretenen Urs Hunziker übernahm. Bildung und Kultur, deren Dossier ebenfalls dazugehört, spiegeln auch die Steckenpferde des Klassikliebhabers wider. Er selbst absolvierte das Jurastudium und promovierte mit dem Doktortitel als Jurist.