Wenn die 19-jährige Stefanie Schneider aus Dachsen jemandem erzählt, dass sie in ihrer Freizeit Rope Skipping macht, schaut man sie meistens mit fragenden Augen an. Doch wenn man das Wort ins Deutsche übersetzt, wird sehr schnell klar, um was es geht: Seilspringen. Früher als Kinderspiel bekannt, wird es mittlerweile als Wettkampfsportart ausgeübt. Dabei zählen Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, aber auch Kreativität. Im Interview mit dem «Bock» erzählt Stefanie Schneider, wie sie trainiert und welche Ziele sie sich für die Teilnahme an der Europameisterschaft in Eger, Ungarn, gesetzt hat.
«Bock»: Wann hast du mit dem Rope Skipping angefangen?
Stefanie Schneider: Ich übe das Rope Skipping schon seit 12 Jahren im Verein aus. Zu diesem Sport kam ich damals durch eine Kollegin, die ebenfalls in der Rope Skipping Riege des SATUS Dachsen trainierte. Mittlerweile gehöre ich mit meinen 19 Jahren zu den ältesten Springer:innen und bin seit vier Jahren als Leiterin tätig. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Mitglieder immer weiter an, da viele diese Sportart während der Coronazeit für sich entdeckten. Jetzt umfasst der Verein fast 50 Springer:innen in insgesamt drei Gruppen, welche möglichst nach Alter und Level eingeteilt werden. Das fällt uns aber nicht immer leicht, da sich das Niveau bei den Jüngeren stark unterscheiden kann. In der besten Gruppe befinden sich zum Beispiel Springer:innen im Alter von 10 bis 22 Jahren.
Was waren deine bisher grössten Erfolge?
Schneider: Dazu gehören sicherlich meine zwei Schweizermeistertitel in den vergangenen zwei Jahren. Zudem qualifizierte ich mich für die Europameisterschaft 2022 in Bratislava, Slowakei, wo ich erste Erfahrungen auf internationaler Bühne sammeln durfte. Ein aussergewöhnliches Erlebnis war bestimmt auch die Teilnahme an einem Wettkampf während meiner einmonatigen Reise in Mexiko. Verglichen mit Veranstaltungen in der Schweiz steht dort die Gemeinschaft im Vordergrund und nicht der Wettkampfgedanke. Zum Beispiel haben wir uns eine Woche vorher getroffen und ich habe den anderen Wettkämpfer:innen noch Sprünge beigebracht. Es war deutlich zu spüren, dass man sich in einem anderen Land mit einer anderen Kultur befand.
Wie viel Training braucht es, damit man sich mit den Besten messen kann?
Schneider: Im Verein trainiere ich zweimal in der Woche. Dort beginnen wir immer mit einem ‹Abeschüsserlis› oder Line Dance zum Aufwärmen. Danach trainieren wir 30 Sekunden und 3 Minuten Speed. Dabei geht es darum, möglichst viele Sprünge in der angegebenen Zeit zu absolvieren. Weiter geht es dann mit dem Freestyle. Hier üben wir unser selbst zusammengestelltes Programm für den Wettkampf oder probieren neue Sprünge aus. Zusätzlich trainiere ich auch zuhause zweimal wöchentlich. Auch dort wärme ich mich zuerst auf und beginne mit dem Speedtraining. Zum Schluss lerne ich noch einzelne Sprünge aus meinem Freestyle-Programm. Um meinen Körper zwischen diesen intensiven Trainingseinheiten zu regenerieren, mache ich ausserdem Dehnübungen.
Wie stellst du dein Freestyle-Programm zusammen?
Schneider: Meine Kür stelle ich immer selbst zusammen. Insgesamt darf das Programm maximal 75 Sekunden dauern. Für die diesjährige Schweizermeisterschaft habe ich mit der Planung im Dezember begonnen und drei Musikstücke von Lindsey Stirling zusammengeschnitten. Danach überlegte ich mir eine Sprungabfolge, die ich gleich ausprobierte. Meistens plane ich zu viele Sprünge ein und muss dann einiges wieder aus dem Programm streichen. Das gleiche Freestyle werde ich auch an der Europameisterschaft in Ungarn zeigen.
Wie qualifiziert man sich für eine Europameisterschaft?
Schneider: An den Schweizermeisterschaften muss man sich unter den besten drei der eigenen Kategorie befinden. Insgesamt reist dieses Jahr eine zehnköpfige Delegation an die Europameisterschaft an. Andere Nationen, wie Belgien und Deutschland, sind hingegen mit ungefähr 100 Springer:innen vor Ort. Das liegt daran, dass die Sportart in diesen Ländern viel stärker verbreitet ist und entsprechend unterstützt wird. Beispielsweise gibt es in Belgien ganze Trainerstäbe mit Ernährungsberater und Physiotherapeuten.
Würdest du dir wünschen, dass der Sport in der Schweiz mehr unterstützt wird?
Schneider: Es muss jetzt nicht gerade in diesem Ausmass sein, aber natürlich würde ich mir etwas mehr Unterstützung wünschen. Das Problem bei uns besteht darin, dass Rope Skipping in der Schweiz eine junge Sportart ist. Das hat natürlich zur Folge, dass es nur wenige Coaches gibt, die ihre Erfahrung weitergeben können.
Welche Disziplinen wirst du an der Europameisterschaft absolvieren?
Schneider: Insgesamt habe ich mich für fünf Disziplinen qualifiziert. Heute, am Dienstag, 16. Juli, beginnt der Wettkampf mit dem Einzelfreestyle. Danach folgen die Teamkategorien. Hier nehme ich zusammen mit meinem Bruder, Manuel Schneider, am ‹Single Rope Double Unders Relay› teil. Jede Person springt 30 Sekunden lang Doppelsprünge, welche anschliessend zu einem Gesamtergebnis zusammengezählt werden. Am Nachmittag findet dann das ‹Single Rope Pair Freestyle› statt. Auch hier starte ich mit meinem Bruder. Dabei besteht die Schwierigkeit, die Sprünge perfekt aufeinander abzustimmen, denn sonst zählen sie nicht. Morgen Mittwoch, 17. Juli, trete ich dann im 30 Sekunden und 3 Minuten Speed an.
Wie werden die einzelnen Disziplinen bewertet?
Schneider: Beim Freestyle zählen die Schwierigkeit, Kreativität und Variation. Das Bewertungssystem in der Schweiz weicht zudem vom internationalen ab. Bei uns müssen viel mehr vorgegebene Elemente erfüllt werden. An der Europameisterschaft ist man freier, welche Sprünge man zeigen möchte. Zudem legt die internationale Jury mehr Wert auf die Schwierigkeit als auf die Ausführung. Beim 30 Sekunden und 3 Minuten Speed zählt der rechte Fuss. Ausgezeichnet werden immer die drei Besten pro Disziplin. Zudem gibt es noch eine Gesamtwertung in den drei Einzelkategorien.
Was sind deine Ziele?
Schneider: Für mich ist es schwierig einzuschätzen, wie die anderen Teilnehmenden springen. Bei meinem letzten Auftritt an der Europameisterschaft hatte ich zu hohe Erwartungen und ich konnte die Konkurrenz nicht richtig einschätzen. Aus diesem Grund habe ich mir für jede Disziplin ein persönliches Ziel gesetzt. Im Vergleich zum letzten Mal habe ich mir ein einfacheres Freestyle zusammengestellt, da ich mir zu viel vorgenommen hatte und dadurch auch einige Fehler gemacht habe. Dieses Jahr will ich eine fehlerfreie Kür zeigen. Im 30 Sekunden Speed habe ich das Ziel, endlich 80 Sprünge zu erreichen, da ich bei den letzten Wettkämpfen immer bloss 79 Sprünge geschafft habe. Im 3 Minuten Speed liegt mein Fernziel bei 400 Sprüngen, doch auch mit 390 Sprüngen wäre ich sehr zufrieden.
Auf was freust du dich am meisten?
Schneider: Ich bin gespannt darauf, neue Leute zu treffen und andere Sprünge kennenzulernen. Besonders interessant finde ich es, verschiedene Disziplinen zu entdecken, die es in der Schweiz gar nicht gibt. Für mich ist das wie eine neue Welt und ich bin gespannt darauf, diese zu entdecken und neue Inspirationen zu sammeln.