Der Stadtpräsident blickt aus dem Fenster seines Büros und beobachtet die Bauarbeiter, die derzeit die Stadthausgasse pflastern. «Sie kommen gut voran, bald wird gepackt für den Umzug in die renovierten Räumlichkeiten des Stadtgevierts. Die Zügelkisten sind schon angeliefert worden», freut er sich. Immerhin arbeitet der 61-Jährige seit zwei Jahren mitten in der riesigen Baustelle, welche das Stadthaus umschliesst. Eine der vielen Baustellen in und um Schaffhausen, Baustellen der Nachhaltigkeit, weil in die Zukunft investiert wird.
Schlagzeile Schaffhausen
Die Munotstadt ist in jüngster Vergangenheit immer wieder national auf die Titelseiten der Medien geraten. Kommt nicht das Gefühl auf, als würde einem in Schaffhausen alles ein bisschen um die Ohren fliegen? «Nein, dem ist überhaupt nicht so. Die Schlagzeilen in kurzer Folge sind wohl dem Zufall geschuldet. Unsere Stadt geniesst nach wie vor einen hervorragenden Ruf in der Schweiz», beschwichtigt Peter Neukomm, der das anhand von Rückmeldungen aus seinem national und grenzüberschreitend gut vernetzten Umfeld bestätigen kann. Es sei nicht nur den nationalen Schlagzeilen geschuldet, die vor allem auf Klicks und Reichweite basieren, sondern es liege an der allgemeinen Entwicklung der Medien, die eine wesentliche Rolle spielen, wie eine Stadt wie Schaffhausen wahrgenommen werde. «Ich appelliere daher an die Verantwortung der regionalen Medien, die schliesslich mit ihren Inhalten unsere Stadt repräsentieren.»
«Verrohung bereitet mir Sorgen»
Gerade der SRF-Rundschau-Bericht habe auch im Stadthaus für Diskussionen gesorgt. «Ich erhielt sehr viele Mails mit der Aufforderung, ich als Stadtpräsident müsse nun endlich handeln und durchgreifen.» Dabei ist der ganze Justiz- und Polizeiapparat gar nicht der Stadt Schaffhausen angehörig, sondern dem Kanton. In der Rolle als Mitglied des Kantonsrats wäre Peter Neukomm befugt, eine Interpellation einzureichen, was ein überparteiliches Komitee, wo auch die SP dazugehört, schliesslich auch gemacht hat. Dem Stadtrat hingegen sind da die Hände gebunden. «Das antwortete ich auch den Schreibenden, worauf wiederum entgegnet wurde, dass das ‹wieder mal typisch für die Politik› sei, die ganze Verantwortung an andere abzuschieben», beschreibt er die aufreibenden Tage nach der Bekanntmachung dieses Falles. Erschreckt habe ihn vor allem die Art der Reaktionen aus der Bevölkerung: «Einige Mails liessen jeglichen Anstand vermissen, waren teils förmlich in Hass getränkt und völlig unter der Gürtellinie. Diese Verrohung in den elektronischen Medien bereitet mir definitiv Sorgen und sollte ernsthaft überdacht werden», macht Peter Neukomm auf «Hate Speech» aufmerksam.
Da geht sein Herz auf
Dabei sind gerade in Schaffhausen die Wege zur städtischen Regierung sehr kurz. Gerade der Stadtpräsident selbst gibt sich sehr volksnah und mischt sich regelmässig mitten unter die Bevölkerung. «Um den Puls zu spüren, weil ich gerne unter Menschen bin und das auch schätze.» Und lässt man sich auf ein spannendes Gespräch mit ihm ein, ist Peter Neukomm keiner, der auf die Uhr schaut und versucht dem Geschehen auszuweichen, im Gegenteil: Es kann auch mal vorkommen, dass ein Thema ausdiskutiert wird und er dafür gerne Zeit investiert. Zudem informiert er sich regelmässig über das Leben in Schaffhausen, über das Wohlergehen von Projekten aus Kultur, Wirtschaft, Sport und gesellschaftlichen Themen und weiss daher Bescheid, was in «seiner» Stadt alles geschieht. «Ich wertschätze diesen nahen Austausch sehr. Das ist auch der Grund, warum ich mein Amt als Stadtpräsident so liebe», bekennt sich Peter Neukomm. Deswegen liebäugelte er auch nie damit, sich auf andere Staatsebenen, wie beispielsweise den Gang nach Bern, zu bewegen. Die Stadt Schaffhausen, das ist sein Ding, da geht sein Herz auf – und das spätestens seit 1993, als er erstmals in den Grossen Stadtrat gewählt wurde.
Voll auf Kurs
Der Stadtrat sei so gut aufgestellt wie noch nie, lässt sich der Stadtpräsident entlocken. Seit der Ära Bringolf sei Schaffhausen nicht mehr so sehr in Bewegung wie in diesen Jahren. Nicht auszuschliessen, dass die 40 000-Einwohner-Grenze noch in der Ära Neukomm geknackt wird. 38 761 Menschen wurden 2023 gezählt, was bereits jetzt schon Einwohnerrekord bedeutet. «Es wird vielerorts investiert für die kommenden Generationen. Sei dies in der Infrastruktur, in den Dienstleistungen wie auch im kulturellen und gesellschaftlichen Bereich. Die Lebensqualität in Schaffhausen ist ausgezeichnet», weiss Peter Neukomm. «Der Stadtrat ist ein Gremium der Macher, der seinen Weg geht und sich nicht einschüchtern lässt. Er gibt alles dafür, dass der Standort Schaffhausen attraktiv bleibt, darauf bin ich stolz», sagt der Stadtpräsident. Wenn er zurückblickt, dass während der aktuellen Legislatur über hundert teils herausfordernde Massnahmen angegangen und viele davon umgesetzt worden sind, freut es ihn, dass die Stadt voll auf Kurs sei. «Ich hätte nie gedacht, dass wir so viel erreichen können.» Das gebe auch Motivation für die nächste Amtsperiode, in der Peter Neukomm beabsichtigt, zusammen mit seinen Stadtratskolleg:innen neue Projekte aufzugleisen und möglichst viele abschliessen zu können.
«Politische Dynamik nutzen»
Klar hat der erfahrene Berufspolitiker auch Herausforderungen zu bewältigen. «Dort, wo gearbeitet wird, geschehen auch Fehler», steht Peter Neukomm dazu. «Selbstkritisch bin ich im Bereich der erneuerbaren Wärmeversorgung, weil wir auf politischer Ebene zu spät waren, was auf die fehlende Kehrrichtverbrennungsanlage und ein entsprechendes Wärmenetz zurückzuführen war.» Vielen Liegenschaftseigentümern war das bis vor kurzem noch zu teuer. Erst der Krieg in der Ukraine und die drohende Energiemangellage brachten ein Umdenken. «Hier wurden wir etwas auf dem falschen Fuss erwischt, weil nun alle gleichzeitig umrüsten wollen. Wir versuchen jedoch diese vorhandene politische Dynamik zu nutzen, um dies schnell, aber geordnet umzusetzen», sieht er dabei die städtische Politik in der Pflicht. Des Amtes wegen ist auch die SH POWER unter seiner Leitung. Mit Lust oder als Last? «Die Energiepolitik ist aufgrund des Umbruchs spannend und ich bin beeindruckt, was unsere Mitarbeitenden dort tagtäglich für die Grundversorgung alles leisten», lächelt er und sieht Parallelen zu seinem Vater Ernst Neukomm, der 32 Jahre lang beim Kanton Energiepolitik betrieb. Die wenigen Stromausfälle im städtischen Netz im schweizweiten Vergleich seien ausgezeichnet überschaubar und als Erfolg zu werten. Die wiederkehrenden Bashings seien ausschliesslich politischer Natur. Das gehe aber nicht spurlos am Personal vorbei, das am wenigsten etwas dafür könne.
Mehr Würdigung verdient
Eine Lanze brechen möchte Peter Neukomm auch für die Menschen, welche die Stadt bereichern. «Es gibt so viele tolle, kreative Köpfe, die zum Wohlbefinden der Stadt beitragen», lobt er. «Dieses Engagement in Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft wird manchmal zu wenig gewürdigt», sieht er darin noch Potenzial, auch in den eigenen Reihen. Denn: «Für mich ist nur schon das Motivation genug, um jeden Tag zur Arbeit zu gehen, wenn ich sehe, was andere für Schaffhausen alles leisten. Tag für Tag.» Was es bedeutet, auf kompetente Mitarbeitende zurückzugreifen, weiss er als Verantwortlicher des Personals bei der Stadt Schaffhausen selbst am besten. «Das wichtigste Asset sind die Mitarbeitenden, die dazu beitragen, dass in dieser Stadt alles funktioniert», fährt Peter Neukomm weiter. Dass es ausgerechnet bei der Stadt einen Fall im Personalwesen gab, worunter die Belegschaft zu kämpfen hatte, liegt dem Stadtpräsidenten heute noch schwer auf dem Magen. «Wenn jemand über viele Jahre einen super Job ausübt und sich dann plötzlich eine Dynamik in Form einer Negativspirale entwickelt. Dann ist das extrem schwierig zu erklären, vor allem weil es auch immer Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu schützen gilt. Und bei Personalkonflikten gibt es nicht immer eine ‹Schwarz-Weiss-Ansicht›,», schildert der 61-Jährige. «Auch wenn es eine der anspruchsvollsten Aufgaben ist, stehen wir aufgrund unserer Fürsorgepflicht als Arbeitgeberin in der Verantwortung für ein möglichst gutes Arbeitsklima.»
Spezielles Wahlverfahren
Peter Neukomm politisiert bereits seit 1979. Er ist besorgt, wie schleichend Vieles auseinanderzudriften droht. Daher wünscht er sich, dass auf gesellschaftlicher und politischer Ebene alle wieder einen Schritt aufeinander zugehen, auch wenn es unterschiedliche Haltungen gebe. «Auch ich will meinen Beitrag dazu leisten.» In den kommenden vier Jahren werden viele Grossprojekte abgeschlossen, bei denen Peter Neukomm involviert ist, weitere sollen folgen. «Auch die Altersheime am Kirchhofplatz und im Wiesli sind dringend sanierungsbedürftig und sollen möglichst bald erneuert werden. Das wird uns gegen 100 Millionen Franken kosten.» Diese Investitionen müssen bald aufgegleist werden, damit wir die aktuellen Überschüsse aus den Unternehmenssteuern dafür nutzen können. Speziell ist bei Peter Neukomm, dass er sowohl als Stadtrat wie auch als Stadtpräsident wiedergewählt werden muss, will er sein Amt weiter ausüben. «Wenn mich die Bevölkerung weiterhin als Stadtpräsident möchte, muss sie meinen Namen auf den ersten fünf Zeilen und auf der sechsten Zeile für das Präsidium eintragen. Eine Legislatur soll es noch werden, danach sei Schluss. «Ich mache keinen auf Joe Biden», lacht er, «aber ich würde gerne noch einige wichtige Projekte in den kommenden vier Jahren initiieren und abschliessen», hofft Peter Neukomm auf die Gunst der Wählerschaft.