Den Satz «Du bist doch gar kein richtiger SVPler» hört Daniel Preisig immer wieder. Betrachtet man seine Projekte und sein Auftreten – verständlich. Er ist fürs «Vorwärtsmachen» und das erfordert Kompromisse. «Als Stadtrat kann ich nicht immer die reine Parteiideologie vertreten.» Treu ist er der Partei allerdings schon seit über zwei Jahrzehnten. War gar Gründungsmitglied der kantonalen Jungen SVP und Daniel Preisig war es auch, der die SVP nach mehr als zehn Jahren wieder in die städtische Exekutive brachte, wo er sie bis heute vertritt.
Schon als Kind rannte der Ur-Schaffhauser über die Bsetzi-Steine, wohnte in der Neustadt und spielte dort im Höfli. Sein Vater hatte ein Uhrengeschäft in der Stadt, und der kleine Daniel ging in den Fäsenstaub-Chindsgi – den nun auch seine ältere Tochter Emilia besucht.
Es ist aber nicht so, dass der 47-Jährige nie aus Schaffhausen rauskam. Nach der Kindergartenzeit zog die Familie nach Merishausen. Das ist zwar noch kein geografischer Meilenstein, in der Prägung aber essenziell. Denn hier wurde der Grundstein für seine spätere Politkarriere gelegt.
Über Partys zur SVP
Wer Ende der 90er Jahre in Schaffhausen in den Ausgang ging, dem sind sie ein Begriff. Die «Eleven-Fifty-Partys». Legendäre Grossveranstaltungen zu einer Zeit, als es in Schaffhausen nichts Vergleichbares gab. Organisiert hat sie Daniel Preisig. Mit 20 Jahren gründete er zusammen mit Freunden den Partyverein. Hier lernte er das Projektieren, Organisieren und Verantwortung tragen. Im Prinzip das Gleiche, was er heute auch macht.
Und die Party-Zeit führte ihn auch zur SVP. Es war Alt-Regierungsrat Erhard Meister, damaliger Gemeindepräsident von Merishausen, der ihn dazu überredete, zur SVP zu kommen. «Er musste unsere Partys bewilligen, so kamen wir in Kontakt.»
Mut für grosse Projekte
Im Stadtrat ist Daniel Preisig der Mann für die grossen Geschäfte. Die Elektrobusflotte, das Stadthausgeviert, den Hallenbadneubau und die Rheinuferpromenade zählt er zu seinen Lieblingsprojekten.
In seiner Anfangszeit im Stadtrat waren solche Grossprojekte noch kein Thema. In dieser Zeit fehlte es dem Stadtrat nicht nur an Geld, sondern auch an Mut. An Mut fehlt es «Innovationsmotor» Preisig nicht. «Die Möglichkeit zu haben, als Exekutivpolitiker Grosses zu bewirken, ist das Beste, was einem passieren kann.»
Und Schaffhausen hat die Möglichkeit. Die Kassen sind gut gefüllt, die Stadt nimmt jährlich fast 90 Millionen Franken an Unternehmenssteuern ein. «Als ich anfing, waren es noch 15 Millionen», so der Finanzreferent. In seiner Amtszeit wurden die Steuern um 8 Prozent gesenkt, die Stadt konnte ihre Nettoschulden vollständig abbauen und die Investitionen vervielfachen. «Davon können andere nur träumen.» Heute erreichen die 20 grössten Projekte der Stadt ein Investitionsvolumen von 500 Millionen Franken. Zu den Grössten gehört auch das Stadthausgeviert.
Ein «vieldiskutiertes» Dach
Hier gerät Daniel Preisig ins Schwärmen. «Das war ein Traum von mir.» Vor über acht Jahren habe er die Idee des neuen Stadthausgeviertes mal in einer spanischen Tapas-Bar durchgespielt. Nächsten Monat werde das Haus Eckstein mit seinem «vieldiskutierten» Dach nun bezogen, erklärt der 47-Jährige und nimmt sogleich Bezug auf die Kritik an der optischen Gestaltung des Baus. Das Dach des Hauses Eckstein ist einigen zu klobig, die Kunst an der Fassade des neuen Verbindungsbaus für manche gar anrüchig. Für Daniel Preisig gehören solche Diskussionen zum Spiel. «Für mich zählt das grosse Ganze.» Für ihn sei wichtig, dass man als Verwaltung endlich zusammenziehe und dass die Bürger in Zukunft eine zentrale Anlaufstelle hätten. Die Nutzung des Nordteils für Wohnen, Gewerbe und Gastro halte das Stadthausgeviert zudem lebendig. «Wir haben geschafft, was hundert Jahre vorher nicht gelungen ist.»
Für solch grosse Geschäfte braucht es ein gutes Projektmanagement. Es war Daniel Preisigs Mission, dieses in der Stadtverwaltung zu verbessern. Das notwendige Handwerkzeug brachte er aus der Privatwirtschaft mit. Nachdem der gelernte Uhrmacher und Mikrotechnik-Ingenieur lange Jahre bei der Siemens in Zürich als Projektleiter gearbeitet hatte, zog es ihn in die Welt hinaus. Mit seinem Nachdiplom-Studium als Betriebsökonom leitete er unter anderem Projekte in Indien, Brasilien, Argentinien oder der Türkei.
War es ihm in Schaffhausen danach nie zu eng? Es sei schon ein totales Kontrastprogramm zu seinen früheren Jobs. «Die Verbindlichkeit ist im kleinräumigen Schaffhausen maximal», sagt Preisig. «Ich gebe etwas und es kommt direkt etwas zurück.» Täglich werde er unterwegs auf seine Projekte angesprochen. Aber das sei auch gut so, sagt der zweifache Vater. «Ich mache es ja nicht für mich alleine.»
Will nicht unter dem Radar bleiben
Konstruktive Kritik nehme er gerne an. «Wenn man etwas verändert, bewegt das auch.» Insofern sei es ein gutes Zeichen, wenn man über ihn spreche. Für die anstehende Wahl wäre es vielleicht einfacher, unter dem Radar zu bleiben. «Aber diese Alternative könnte ich nicht mit mir vereinbaren», so Preisig. «Ich bin Stadtrat, um etwas zu bewegen.» Und mit seinen Projekten erzeugt er eben auch Widerstand.
So wie bei der Umstellung der Stadtbusflotte auf Elektrobusse. Was inzwischen ganz normal ist, war damals europaweit einzigartig und wurde entsprechend heiss diskutiert. Er müsse lachen, wenn er heute die Leserbriefe von damals anschaue. Da hiess es, so etwas brauche man in Schaffhausen nicht, die Busse kämen nicht unsere steile Steigstrasse hinauf oder die Batterien der Busse würden dem Schaffhauser Winter gar nicht standhalten. Doch Daniel Preisig sollte recht behalten.
Trotzdem sei es auch für ihn nicht immer einfach, im Gegenwind zu stehen. «Ich bin politisch oft in der Minderheit, das braucht starke Nerven», räumt er ein. «Aber wenn man immer auf der Siegerseite ist, wird man unvorsichtig und überheblich.» Das könne ihm nicht passieren. «Ich muss für ausgewogene Lösungen kämpfen und Kompromisse eingehen.»
«Sau-nah» an der Bevölkerung
Der Hut ist sein Markenzeichen. «Inzwischen habe ich bestimmt 20.» Es hätte ihm auch schon mal einen ins Meer geluftet. «Das tat grausam weh», so der Skandinavien-Fan.
Daniel Preisig ist nah am Volk – näher gehts fast nicht. Der passionierte Saunagänger mischt sich in der Rhysauna regelmässig unter seine möglichen Wähler. «Ein Freund sagte mal, ich sei <sau-nah> an der Bevölkerung.» Das könnte auch sein Wahlkampf-Slogan sein. Preisig geht mit «Gemeinsam vorwärts.» ins Rennen. Zwei Worte, die ihn nicht besser beschreiben könnten. In seinem Wahlkomitee hat er Leute aus SP und GLP. «Ich arbeite gerne mit anderen Parteien und Referaten zusammen.»
Seine Partei hat ihn einstimmig zur Wiederwahl nominiert. Obwohl es auch in den eigenen Reihen Skeptiker aus dem konservativen Lager gibt. Umso mehr freut ihn das Resultat. «Nur weil ich Mut zu Veränderungen habe, heisst das nicht, dass ich mit allen Traditionen brechen will.»
Jetzt geht es um die grossen Fragen
Bald zehn Jahre Stadtrat, noch länger im Kantonsrat: Sehnt sich Daniel Preisig nicht nach Neuem? Die Arbeit mache ihm nach wie vor Spass. Er kann sich gut vorstellen, nochmals zehn Jahre anzuhängen. «Es ist mein Anspruch, meine Projekte so gut wie möglich fertig umzusetzen.» Er fühlt sich verantwortlich für die Investitionsstrategie, sieht sich als betriebswirtschaftliches Gewissen im Stadtrat. Einfach davonzulaufen, wenn man so viel aufgegleist hat, sei nicht seine Art. Beim Hallenbadneubau fängt die Arbeit erst an. Jetzt geht es um die grossen Fragen des 80-Mio-Projekts. «Da möchte ich mitreden.»
Darum nimmt er auch den Wahlkampf nach all den Jahren nicht auf die leichte Schulter. «Die Arbeit in der Minderheit in der Exekutive ist extrem wichtig.»
Ambitionen für Regierungsrat
Doch Daniel Preisig macht kein Geheimnis daraus, dass ihn auch das Amt des Regierungsrats nach wie vor reizt. Beworben hat er sich schon einmal, doch die Partei hat ihn nicht nominiert. «Wenn Kanton und Stadt besser zusammenarbeiten würden, könnte man noch mehr erreichen. Das Produkt Schaffhausen ist schliesslich die Summe aus der städtischen und kantonalen Politik.»
Inzwischen gehen ihm die Projekte nicht aus. Eine städtebauliche Studie für ein weiteres Herzensprojekt liegt vor: die Rheinuferpromenade. Daniel Preisig wünscht sich Leben am Wasser mit Gastronomie, Wassersport, einem Spielplatz, Minigolf und vielleicht sogar einem Hotel. Das Areal von den «Fischerhäusern» bis zum «Gaswerkareal» soll vom motorisierten Verkehr befreit werden. «Das Rheinuferprojekt wird das Gesicht von Schaffhausen verändern.» Und dieses Projekt wäre dann wirklich gross – auch für Daniel Preisigs Verhältnisse.