Engagement. Effizienz. Liberalismus. Diese drei Worte beschreiben den 53-jährigen Schaffhauser Stephan Schlatter sehr passend. Ob in der Ausbildung, in führenden Positionen, ehrenamtlichen Tätigkeiten oder politischen Ämtern, er macht keine halben Sachen. Der Stadtratsanwärter geht stets mit vollem Einsatz ins Spiel. Für ihn soll der Weg zum Ziel nicht effektiv, sondern effizient sein: «Man muss klar und einfach handeln und nicht alles zum Problem entwickeln». Das freisinnige Gedankengut schlummerte möglicherweise schon seit jeher in Stephan Schlatter. Spätestens als er sich Gedanken über die Zukunft des Familienunternehmens machen musste, keimte dieses. Er gehöre zu der Art von Menschen, welche sich zuerst ganz einer Sache verschreiben, bevor sie an eine weitere Stufe auf der Karriereleiter denken würden, erklärt der FDP-Ortsparteipräsident und amtierende Grossstadtratspräsident: «Hätten Sie mich noch vor zehn Jahren gefragt, ob ich Stadtrat werden möchte, hätte ich wahrscheinlich Nein gesagt. Doch nun ist die Zeit dafür gekommen.»
Zuerst international, jetzt lokal
Am besten wir beginnen ganz am Anfang. Denn der berufliche wie auch politische Weg des kulturinteressierten Schaffhausers ist alles andere als uninteressant. Die Mittelschule absolvierte er im Internat in Zuoz. Darauf folgten eine kaufmännische Ausbildung und mehrere Auslandspraktika. Dort schnupperte er das erste Mal ins internationale Business hinein. Danach stand schon bald eine schwierige Frage im Raum: «Wie weiter mit dem Familienunternehmen?» Seine Eltern führten in Baden einen Parfümeriebetrieb, in den er nach den Lehrjahren einsteigen durfte: «Ich hatte viel Spass an der Arbeit. Die Beauty-Branche sowie wohlriechende Düfte haben mich schon immer begeistert – auch heute noch. Doch wir mussten uns eingestehen, dass die Zukunft für privat geführte Parfümerien in der Schweiz schwierig werden könnte. Deshalb verkauften wir unser Geschäft.» Da Parfümeriebetriebe sehr kapitalintensive Unternehmen sind, habe er in dieser Zeit wichtige Logistikerfahrungen gesammelt. Was Forecast und Logistik betrifft, sei er ein Vorreiter in der Schweiz gewesen.
Nach einem «Zwischenstopp» in einem Pharmaunternehmen zog er mit der Familie an den Ort seiner Kindheit zurück – Schaffhausen. «Ich bin ein originaler Schaffhauser, das zeigt auch mein Name, Schlatter.» In Neuhausen am Rheinfall hat er im Namen der Medizintechnik-Firma Hermann ein Start-Up aufgebaut, für das er seit fast 18 Jahren als Niederlassungsleiter chirurgische Instrumente in die halbe Welt exportiert. Und genau in diesem Umfeld sei er nah am Puls der Zeit und habe zur Politik gefunden, hält Stephan Schlatter fest: «Es gibt sehr viele Schwierigkeiten, die hausgemacht sind. Und ich finde es schade, dass diese schlussendlich zulasten des Konsumenten gehen.» Gerade in Schwellenländern, wo es Leuten oft nicht gut gehe, seien aufgrund von Regulatorien, gewisse Produkte noch teurer als in der Schweiz. «Diese Einblicke haben sicher den Liberalismus in mir geweckt.»
Aus Spass wurde Ernst
Der FDP-Politiker engagiert sich in der Kirche, im Altersheim und bei Verkehrsverbänden. «Bei einer ACS-Versammlung hielt ich einen Schwatz mit zwei Politikern. Eher im Scherz meinten sie, dass die FDP etwas für mich wäre», lächelt Stephan Schlatter. Seit der Rückkehr nach Schaffhausen sei ihm wichtig gewesen, sich zu engagieren und der Gemeinschaft etwas zurückzugeben. Er habe erkannt, dass sich seine Vorstellungen grösstenteils mit denen der Partei decken würden. Rund zwei Jahre nach dem Beitritt, etwa 2008, ist er Vorstandsmitglied geworden. «Ich war Wahlkampfleiter, lange Plakatchef und eines Tages auch Vizepräsident.» Als Marcel Sonderegger Kantonspräsident wurde, rutschte Stephan Schlatter nach. Seit zehn Jahren hat er das Amt des Parteipräsidenten inne. 2015 beerbte er im Grossen Stadtrat Thomas Hauser. «Man ist durch diese Position nahe am Geschehen. Leider mahlen die Mühlen teilweise langsam.»
Linksgrüne am längeren Hebel
«Momentan dominieren in der Stadt die Linksgrünen. Sie haben deshalb so gut wie immer freie Hand», hält der Stadtratskandidat bedauernd fest. Da könnten die eigenen Argumente noch so überzeugend sein. Kompromisse zu finden, ähnle einem Kraftakt. «Ich denke, das hat auch ein bisschen mit Machtbewusstsein zu tun.» Er sehe auf dem Platz Parallelen zu Deutschland, wo eine Ideologie um deren Willen umgesetzt werde, obwohl sich das Land in eine falsche Richtung entwickle.
Aber nur weil er einmal nicht gewonnen habe, sei das kein Grund sich in Selbstzweifeln zu verlieren und aufzugeben. Wenn die Zeit reif sei, könne ein gescheiterter Vorstoss plötzlich zur Lösung werden.
Ein Rucksack voller Themen
Stephan Schlatter hat eine Vision für Schaffhausen. Um diese zu realisieren, müssen aus seiner Sicht noch einige Themen angegangen werden. Sein Kernanliegen ist die Erreichbarkeit, Selbstverantwortung bei Bürgern und Gewerbe, möglichst wenige Verbote und Vorschriften und ein lebendiges Schaffhausen: «Es kommt mir gerade ein Postulat in den Sinn, in dem ich eine grüne Welle entlang des Rheins gefordert habe. Es muss doch möglich sein, dass, wenn bei der Mühle die Ampel auf Grün schaltet, die Autofahrenden bis zur Bachstrasse gelangen.» Der Stadtrat lehnte dies ab. In der Begründung hiess es, dass die Programmierung dafür nicht umsetzbar sei.
Er unterstütze den ÖV. Doch sei es der Individualverkehr, der volkswirtschaftlich einen enormen Stellenwert habe. «Eine Fussgängerzone braucht es. Aber es ist immer schwieriger, mit dem Auto ins Zentrum zu gelangen. Wir stellen bereits heute fest, dass viele Leute die Stadt meiden und nach Herblingen, Feuerthalen oder, noch schlimmer, nach Singen oder Jestetten ausweichen.» Dabei habe es der Detailhandel sowieso nicht einfach. Das Stemmen der Mieten und die Ausnivellierung des Angebots mache den lokalen Ladenbesitzern bereits das Leben schwer. «Wir hatten sogar etwas wie eine Schaufensterpolizei. Das ist Gift in meinen Augen. Wenn schon jemand eine gute Idee hat, dann soll diese auch so weit wie möglich mitgetragen und nicht gleich verboten werden.»
Die Kultur ist für den Freisinnigen ebenfalls ein wichtiges Thema. 1950 sei ein Fussballmatch bis zu den hintersten Rängen voll gewesen. Heute sehe es ganz anders aus, auch zum Beispiel im Stadttheater. Es sei schade, dass die Leute weniger am Vereinsleben teilnehmen und kulturellen Aktivitäten nachgehen würden. Aber das liege nicht nur an den digitalen Angeboten, erklärt Stephan Schlatter: «Das Arbeitsleben ist sehr fordernd und der Fachkräftemangel macht es nicht besser. Meine Kolleg:innen sagen mir oft, dass ihnen teilweise am Abend die Lust für andere Dinge fehle.» Der Sinn für Kultur müsse vermehrt in der Schule gefördert werden. Ansonsten stehe es um die Bildung in Schaffhausen sehr gut. Und damit es dabei bleibe, seien Investitionen in diesem Bereich essenziell. Und wie ist es um die Stadtkasse bestellt? «Schaffhausen steht finanziell gut da. Die Stadtregierung und das Gemeindewesen sollen trotzdem nicht zu einer Veranstaltungsfirma verkommen. Ich bin für eine schlanke und effiziente Verwaltung», sagt der Stadtratskandidat. Jetzt, wo das Geld vorhanden sei, müsse es hauptsächlich in die Infrastruktur, wie Schulen und Strassen, fliessen. Auch den Steuerzahler zu entlasten, wäre wichtig. Gleichzeitig wünsche er sich, dass Menschen vermehrt etwas für das Gemeinwohl tun und nicht auf den Staat warten würden.
Stephan Schlatter ist ein nahbarer Mensch und freut sich über gute Gespräche: «Wer mehr über mich und meine politischen Themen erfahren möchte, soll sich bei mir melden oder an einem FDP-Stand auf mich zukommen.»