«Bock»: Woher stammt deine Leidenschaft fürs Reisen?
Erika Ramsperger: Im Jahr 1981 beendete ich meine Ausbildung als Primarlehrerin. Aufgrund des damaligen Überschusses an Lehrkräften war es nicht erlaubt, unmittelbar danach im Kanton Schaffhausen beruflich als Lehrperson tätig zu sein. Man musste ein sogenanntes Rucksackjahr absolvieren. Gleich drei Jahre lange arbeitete ich in den unterschiedlichsten Berufsrichtungen, wie zum Beispiel im Service, am Fliessband oder bei der Autovermietung. Ich sammelte unzählige neue Erfahrungen, wobei ich diese Zeit als Lebensschulung betrachte. Andere würden daran sicherlich auch Gefallen finden. In dieser Zeit reiste ich viel und entdeckte meine Leidenschaft dafür.
Wann hast du das erste Mal im Ausland unterrichtet?
Ramsperger: Vor zwölf Jahren nahm ich mir ein Time Out, da ich in dieser Zeit viel arbeitete. Schon lange verfolgte ich den Traum, im Ausland zu arbeiten, und erfüllte mir diesen mit 50 Jahren. Dabei ging es mir nie um den Zahltag, sondern ich wollte als Volontärin tätig sein. Dies fand ich in Ecuador und arbeitete bei Einheimischen als «Hausmutter», in einem Schulheim sowie in einer Fabrik, welche Lebensmittel herstellte. Dort habe ich Blut geleckt, denn im Ausland zu arbeiten ist eine Erfahrung, die man sein Leben lang nicht vergisst. Man lernt das Land und die Kultur aus einer völlig anderen Perspektive kennen. Nachher ging ich gleich nach Rom und unterrichtete an der Schweizerschule. Nach meiner Rückkehr in die Schweiz arbeitete ich zehn Jahre in Beggingen an einer Primarschule und liess mich frühpensionieren. Ich startete meine nächste Reise im letzten Frühling in die Mongolei und unterrichtete dort an einer deutschen Privatschule.
Dieses Jahr zog es dich zum Unterrichten nach Thailand. Wie kam es dazu?
Ramsperger: Da ich immer noch motiviert und körperlich fit bin, entschied ich mich erneut dazu, in ein fremdes Land zu reisen, um dort zu lehren. Dafür durchforstete ich das Internet und fand eine Tempelschule in Thailand, die 100 Kilometer nördlich von Bangkok in Ang Thong liegt. Bei meiner Ankunft wurde ich vom Abt herzlich empfangen. Mit den anderen Mönchen hatte ich aber nicht viel zu tun, denn als Frau darf man sie nicht berühren und muss Abstand halten. Dafür lernte ich ein Paar kennen, das Holz schnitzte für die Verzierungen der Tempel. Zu mir waren sie unglaublich liebenswürdig. Im Laufe der Zeit wurden auch die Schulkinder immer vertrauter und begrüssten mich jedes Mal mit einem strahlenden Lächeln und einem fröhlichen «Hello teacher», wenn sie mich sahen.
Wie lief ein Schultag in Thailand ab?
Ramsperger: Ich unterrichtete Englisch von der zweiten bis sechsten Klasse mit 12 bis 24 Schulkindern pro Jahrgang. Die Lektionen teilte ich mit einem anderen Volontär auf und hielt deshalb nur zwei Stunden pro Tag. Zu Beginn erhielt ich einen Stundenplan. Meistens lief alles nach Plan, doch es kam auch mal vor, dass ich zum Beispiel auf das Schulzimmer der fünften Klasse losmarschierte und mir eine Lehrerin zurief, dass die Stunde auf morgen Nachmittag verschoben wurde, oder ich kurzfristig eine andere Klasse übernehmen musste. Während des Unterrichts bemerkte ich, dass sich die Kinder nicht gewohnt sind selbstständig zu lernen. Sie sprachen mir nach und schrieben ab, konnten das Gelernte aber oft nicht anwenden. Mit meiner 36-jährigen Erfahrung als Lehrerin probierte ich von A bis Z alles, um den Kindern etwas beizubringen. Bei einigen funktionierte es, doch manche hatten Schwierigkeiten damit, weil sie sich nicht gewohnt sind eigenständig zu lernen.