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Kultur
23.04.2024

Andere Länder, andere Sitten

Mit den Kindern in Thailand verständigte sich Erika Ramsperger mit Händen und Füssen.
Mit den Kindern in Thailand verständigte sich Erika Ramsperger mit Händen und Füssen. Bild: zVg.
Vor zwölf Jahren erfüllte sich die Neuhauserin Erika Ramsperger das erste Mal ihren Traum, im Ausland zu arbeiten. Dieses Jahr reiste sie nach Thailand und unterrichtete die zweite bis sechste Klasse einer Tempelschule. Im Interview mit dem «Bock» spricht sie über das einmalige Erlebnis sowie die Herausforderungen, welchen sie sich stellen musste.

«Bock»: Woher stammt deine Leidenschaft fürs Reisen?

Erika Ramsperger: Im Jahr 1981 beendete ich meine Ausbildung als Primarlehrerin. Aufgrund des damaligen Überschusses an Lehrkräften war es nicht erlaubt, unmittelbar danach im Kanton Schaffhausen beruflich als Lehrperson tätig zu sein. Man musste ein sogenanntes Rucksackjahr absolvieren. Gleich drei Jahre lange arbeitete ich in den unterschiedlichsten Berufsrichtungen, wie zum Beispiel im Service, am Fliessband oder bei der Autovermietung. Ich sammelte unzählige neue Erfahrungen, wobei ich diese Zeit als Lebensschulung betrachte. Andere würden daran sicherlich auch Gefallen finden. In dieser Zeit reiste ich viel und entdeckte meine Leidenschaft dafür.

Wann hast du das erste Mal im Ausland unterrichtet?

Ramsperger: Vor zwölf Jahren nahm ich mir ein Time Out, da ich in dieser Zeit viel arbeitete. Schon lange verfolgte ich den Traum, im Ausland zu arbeiten, und erfüllte mir diesen mit 50 Jahren. Dabei ging es mir nie um den Zahltag, sondern ich wollte als Volontärin tätig sein. Dies fand ich in Ecuador und arbeitete bei Einheimischen als «Hausmutter», in einem Schulheim sowie in einer Fabrik, welche Lebensmittel herstellte. Dort habe ich Blut geleckt, denn im Ausland zu arbeiten ist eine Erfahrung, die man sein Leben lang nicht vergisst. Man lernt das Land und die Kultur aus einer völlig anderen Perspektive kennen. Nachher ging ich gleich nach Rom und unterrichtete an der Schweizerschule. Nach meiner Rückkehr in die Schweiz arbeitete ich zehn Jahre in Beggingen an einer Primarschule und liess mich frühpensionieren. Ich startete meine nächste Reise im letzten Frühling in die Mongolei und unterrichtete dort an einer deutschen Privatschule.

Dieses Jahr zog es dich zum Unterrichten nach Thailand. Wie kam es dazu?

Ramsperger: Da ich immer noch motiviert und körperlich fit bin, entschied ich mich erneut dazu, in ein fremdes Land zu reisen, um dort zu lehren. Dafür durchforstete ich das Internet und fand eine Tempelschule in Thailand, die 100 Kilometer nördlich von Bangkok in Ang Thong liegt. Bei meiner Ankunft wurde ich vom Abt herzlich empfangen. Mit den anderen Mönchen hatte ich aber nicht viel zu tun, denn als Frau darf man sie nicht berühren und muss Abstand halten. Dafür lernte ich ein Paar kennen, das Holz schnitzte für die Verzierungen der Tempel. Zu mir waren sie unglaublich liebenswürdig. Im Laufe der Zeit wurden auch die Schulkinder immer vertrauter und begrüssten mich jedes Mal mit einem strahlenden Lächeln und einem fröhlichen «Hello teacher», wenn sie mich sahen.

Wie lief ein Schultag in Thailand ab?

Ramsperger: Ich unterrichtete Englisch von der zweiten bis sechsten Klasse mit 12 bis 24 Schulkindern pro Jahrgang. Die Lektionen teilte ich mit einem anderen Volontär auf und hielt deshalb nur zwei Stunden pro Tag. Zu Beginn erhielt ich einen Stundenplan. Meistens lief alles nach Plan, doch es kam auch mal vor, dass ich zum Beispiel auf das Schulzimmer der fünften Klasse losmarschierte und mir eine Lehrerin zurief, dass die Stunde auf morgen Nachmittag verschoben wurde, oder ich kurzfristig eine andere Klasse übernehmen musste. Während des Unterrichts bemerkte ich, dass sich die Kinder nicht gewohnt sind selbstständig zu lernen. Sie sprachen mir nach und schrieben ab, konnten das Gelernte aber oft nicht anwenden. Mit meiner 36-jährigen Erfahrung als Lehrerin probierte ich von A bis Z alles, um den Kindern etwas beizubringen. Bei einigen funktionierte es, doch manche hatten Schwierigkeiten damit, weil sie sich nicht gewohnt sind eigenständig zu lernen.

Vier Wochen lang gab Erika Ramsperger Englischunterricht für die zweite bis sechste Klasse einer Tempelschule in Thailand, wobei sie sich einigen Herausforderung stellen musste. Bild: zVg.

Woran könnte das liegen?

Ramsperger: Vom anderen Unterricht bekam ich nicht viel mit. Ich beobachtete aber eine Klasse ohne anwesende Lehrperson, welche gelangweilt am Handy sass. Ich denke, dass thailändische Lehrkräfte selbst nicht genau wissen, wie sie richtig unterrichten können. Wohl aufgrund mangelnder Ausbildung und weil sie es selbst nicht anders kennen. So eine Bildung wäre in der Schweiz undenkbar.

Was gab es sonst für Herausforderungen?

Ramsperger: Normalerweise weiss ich mir in vielen Situation zu helfen. Das Schwierigste für mich war aber die Kommunikation mit den Kindern.  Da ich kein Thailändisch spreche und die meisten nur wenig oder gar kein Englisch können, begriffen einige nicht, was ich von ihnen verlangte. Auch mit Körpersprache oder Zeichnungen hatten sie Mühe, mich zu verstehen. Vielleicht hätten sie es erlickt, wenn ich mehr Zeit mit ihnen verbracht hätte. So hatte ich bei der dritten Klasse, die ich mehrmals hintereinander unterrichtete, vollen Erfolg. Zum Beispiel spielten wir Bingo, wobei ich das Wort auf Englisch nannte und sie das entsprechende Bild auf ihrem Blatt abdecken mussten. Das funktionierte einwandfrei. Es braucht eben Zeit, bis sich Lehrperson und Schulkinder aneinander gewöhnen. 

Wie gestaltete sich deine Freizeit ausserhalb des Unterrichts?

Ramsperger: Die Umgebung der Tempelanlage war schwierig zu erkunden, da es keine ÖV-Verbindungen gab und nur ein Velo zur Verfügung stand. Zusätzlich gab es viele herumstreunende Hunde, bei denen man nie sicher sein konnte, ob sie angreifen würden. Deshalb machte ich vor allem am Wochenende grössere Ausflüge zu Freunden nach Bangkok oder besuchte ein Elefantencamp. Einmal lud man mich zu einem Festival mit traditionellen Kostümen ein, wobei ich die Kultur noch besser kennenlernte. Solche Erlebnisse machen jede Reise unvergesslich.

Erika Ramsperger reiste nach Thailand, um zu unterrichten. An den Wochenenden erkundete sie das Land und besuchte auch ein Elefantencamp. Bild: zVg.
Mevina Portner, Schaffhausen24