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Kultur
26.03.2024

Wenn der allerletzte Vorhang fällt

Drei Jahrzehnte lang verbrachte Peter Surbeck unzählige Aufführungen hinter dem Vorhang oder auf der Bühne. Das Bedienen des Seilzuges gehörte unter anderem zu einer seiner Lieblingsbeschäftigungen.
Drei Jahrzehnte lang verbrachte Peter Surbeck unzählige Aufführungen hinter dem Vorhang oder auf der Bühne. Das Bedienen des Seilzuges gehörte unter anderem zu einer seiner Lieblingsbeschäftigungen. Bild: Ronny Bien
In diesen Tagen endet eine grosse Ära: Betriebsleiter und «Mädchen für alles» Peter Surbeck verlässt das Stadttheater nach 33 Jahren und geht in seine verdiente Rente. Eine Reprise über das «Phantom des Stadttheaters».

Übermorgen Donnerstag wird Peter Surbeck zum letzten Mal als Betriebsleiter das Stadttheater betreten. Danach beendet er seine insgesamt 33-jährige Laufbahn im früheren Imthurneum und beginnt mit seiner Pensionierung einen neuen Lebensabschnitt. «Alles in allem stimmt es für mich, auch wenn ich natürlich traurig bin, dass ich diese Wirkungsstätte verlasse», schwimmt er, der während der Hälfte seines Lebens das Stadttheater mitgeprägt hat, im Wechselbad der Gefühle. Beruhigend ist, dass mit Roger Studer ein adäquater und optimaler Nachfolger gefunden wurde. Zwar ist Peter Surbeck, der in seinem Umfeld auch liebevoll PeSu genannt wird, bis zum 31. August angestellt, doch weil sich mittlerweile etwas Überzeit und Ferientage angesammelt haben, kompensiert er die restlichen vier Monate. «Langeweile kommt nur schon aufgrund der grossen Familie nicht auf, zudem erhalte ich bereits jetzt schon verschiedene Anfragen von überall her. Doch ich will nicht schon jetzt alles verplanen.»

Am Anfang war die Annonce

«Theater ist 80 Prozent Organisation und 20 Prozent Kreativität.» Diese Weisheit erkannte Peter Surbeck bald in seinem Leben voller Theater. Wenn PeSu an seine erste Berührung denkt, dreht er die Uhr seiner Erinnerungen zurück bis Anfang der 1980er-Jahre. «Beim Klaiber in der Unterstadt gab es ein Probelokal der Kleinen Bühne», besinnt er sich. «In der damaligen Wirz Wohnboutique sah ich ein Inserat hängen, bei dem Spieler gesucht wurden.» Mit seinem Schulfreund Rudolf Schwarz meldete er sich auf diese Annonce, doch aufgrund des Militärdienstes verlief das Ganze vorerst im Sande. «Später meldete sich die Kleine Bühne bei mir, ob ich nicht doch Lust hätte mitzumachen», erzählt Peter Surbeck weiter. Er wollte sich eigentlich lieber für den Bühnenbau engagieren, doch schliesslich liess er sich dazu überreden, als Laienschauspieler aufzutreten. «Meine Bedingung war, dass ich nicht singen musste, aber am Schluss kam ich auch da nicht drumherum.» Aber den Ärmel hatte es Peter Surbeck trotzdem regelrecht in die Theaterszene reingezogen.

Stelle geschaffen

Mit dem Einblick hinter die Kulissen stellte er bald fest, dass sein damaliger Vorgänger Ruedi Siegrist aufgrund der vielen Aufführungen ziemlich am Anschlag lief. «Da er nur einen technischen Mitarbeiter zur Seite hatte, fragte ich ihn, ob ich ihn unterstützen könnte.» Gemeinsam gingen sie zu ihrem früheren Personalchef und Leiter des Stadttheaters, Arthur Ulmer, und bewirkten aus diesem Gespräch heraus eine 50-Prozent-Stelle für den interessierten Theatermann. Da der mittlerweile fünffache Familienvater jedoch auf ein höheres Pensum angewiesen war, erhielt er zusätzlich noch einen Job als Hauswart. «Doch wir merkten schnell, dass es oft zeitliche Überschneidungen gab», darum war dieses Amt nur von kurzer Dauer. Gleichzeitig wurde eine weitere Stelle als Sachbearbeiter Öffentlicher Verkehr ausgeschrieben, worauf er sich dort bewarb.

Kaum begonnen, war Traumjob frei

Früher waren viele Jobwechsel oft ein Killerkriterium. Auch PeSu war für damalige Verhältnisse ebenfalls sehr sprunghaft. Zuerst studierte er Sekundarlehrer an der Uni in Zürich, 1984 liess er sich als Bahnbetriebsdisponent bei den SBB ausbilden, ehe er drei Jahre später als Exportdisponent bei der Konrad Leu AG einstieg. Das wurde ihm beim Bewerbungsgespräch sogar vorgehalten, worauf Peter Surbeck versicherte, dass er beabsichtige, den Job als ÖV-Sachbearbeiter für längere Zeit wahrnehmen zu wollen. «Doch zwei Wochen nachdem ich diese Stelle angetreten hatte, kündigte Ruedi Siegrist, weil wiederum sein Traumjob als Schulhauswart im Stumpenboden freigeworden war, wo er wohnte.» Peter Surbeck stand seinem Wunsch ganz nah. Dank seiner Passion und dem benötigten Fundus wurde er als einzige geeignete Nachfolgeoption gehandelt, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. Mit diesem Dilemma konfrontiert, wandte PeSu sich an die Verantwortlichen. «Doch weil alles so lokal verankert war, wurden mir schliesslich keine Steine in den Weg gelegt.» Voraussetzung war, dass er binnen eines halben Jahres die brach gelegenen Arbeiten bewältigte. Dabei lehrte er auch seinen Nachfolger Patrick Altenburger ein. «Zum Glück ging alles auf», schmunzelt Peter Surbeck, dessen Traum schliesslich in Erfüllung ging.

Vermisst das Spielen nicht

Bühnenmeister, Betriebsleiter, Beleuchtungsmeister, sogar Pyrotechniker, um es auch mal im Stadttheater «tschädern» zu lassen – «Natürlich nur mit Indoor-Pyrotechnik», wirft er ein – all diese Funktionen betreut Peter Surbeck seit 1993. Dazu stand er zwischen 1982 und der Silvestervorstellung 1996 selbst auf der Bühne. «Das Lampenfieber bei Umbauten des Bühnenbildes bei offenem Vorhang ist genug gross, das habe ich als Schauspieler nicht auch noch gebraucht. Darum habe ich es nie vermisst, selbst wieder in einem Theaterstück mitzuspielen.» Dazu war seine Frau Doris bis 2018 Leiterin der Theaterkasse. «Das war bis dahin übrigens Tradition, dass jeweils die Frau des Betriebsleiters für die Kasse verantwortlich war», bringt Peter Surbeck ein.

Blues Brothers zum Abschied

Am liebsten hätte er sein Lieblingsstück «Das Phantom der Oper» im Stadttheater sehen wollen. «Doch es ist nicht umsetzbar, weil man den Kronleuchter nicht über die Bühne sausen lassen kann», seufzt Peter Surbeck. Wenn er Theaterführungen machte, liess er immer zuerst die Ouvertüre laufen, um die Gäste aus dem Alltag abzuholen. «Da stellte ich mich immer als ‹Phantom des Stadttheaters› vor. Immerhin hat sein aktueller Chef Jens Lampater ihm das Musical «Blues Brothers» als Abschiedsgeschenk nach Schaffhausen geholt.

Viel Herzblut

Während seiner insgesamt 33-jährigen Tätigkeit im Stadttheater erlebte Peter Surbeck je nach Vorgesetztem entsprechende Trends. Unter Arthur Ulmer war das traditionelle Theater sehr geläufig und beliebt, ergänzt mit Opern, Operetten und Musicals. Rolf C. Müller brachte später Kabarett dazu, während unter Jens Lampater das Traditionelle etwas abgenommen habe, dafür ist mehr Tanz und Akrobatik zu sehen. «Für mich ist es manchmal fast etwas zu viel Zirkus, schliesslich sind wir ja ein Theater», bekennt er sich als Verfechter des klassischen Theaters. Das Herz verloren hat der scheidende Betriebsleiter insbesondere an lokale Projekte, wie das Weihnachtsspiel mit der Altra. «Da steckt viel Herzblut drin, weil die gesamte Produktion in Eigenregie absolviert wird.» Auch in Erinnerung bleiben werden PeSu die unzähligen Begegnungen, von lokalen Helden bis zu grossen Stars: Maria Becker, Anne-Marie Blanc, aber auch Dieter Wiesmann oder Heiner Lauterbach, der 1996 mit Dominique Lorenz das Stück «Doppelpass» vorführte. Aber auch das Empfangen von insgesamt vier Mitgliedern des Bundesrats wird Peter Surbeck als Erinnerung wachgerufen, wenn er künftig als Gast seine alte Wirkungsstätte besucht.

  • Künftig nimmt Peter Surbeck im Zuschauerraum Platz. Daran muss er sich erst gewöhnen, war er doch jahrzehntelang hinter oder auf der Bühne aktiv. Bild: Ronny Bien
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  • Während über 30 Jahre war Peter Surbeck Herr des Bühnenbackstages. Hier beim Seilzug. Bild: Ronny Bien
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Ronny Bien, Schaffhausen24