Frivolitäten, lüsterne Gedanken, Lust und Ekstase, ja, fast alle streben diesen Gelüsten nach. Wenn sich dazu auch noch ein Orgasmus ergibt, ist die heile Welt im Lot und befriedigt. Während es in der heutigen modernen Zeit immer mehr in die völlig abgeschweifte Form des Cruisings, also des schnellen Höhepunkts, tendiert, wurde das gesellschaftlich-verführerische Treiben vor vielen Jahrzehnten in total anderen Kreisen elitär gestaltet. Aufgeführt in einer anrüchigen Mischform zwischen Theater, Tanz und Gesang, um die langen Nächte ausufern zu lassen.
Melange zum Höhepunkt
1881 eröffnete Rodolphe Salis in Paris das erste Cabaret, «Le Chat Noir», und fand damit schnell Anklang in der Gesellschaft. Global schossen die Cabarets aus den Böden, bis schliesslich 1916 in Zürich das Cabaret Voltaire gegründet wurde. In den 1950er Jahren wurde die Travestie trotz Repressionen immer populärer und erst zu später Stunde öffneten sich die Bühnenvorhänge für die üppig kostümierten Diven. Namen wie die «Frères tapettes» mit Röbi Rapp und Ernst Ostertag sind auch heute noch in aller Munde. Die Varieté-Familie wuchs und 2016 wurde «Salon Morpheus» in Zürich von Thomas Kaufmann ins Leben gerufen. Mit der Erfahrung von über 40 Aufführungen gastierten sie am Samstag erstmals in Schaffhausen.
«Minuten für die Ewigkeit, die Ewigkeit für uns. Ich töte dich, du tötest mich, wir sterben Arm in Arm», singt AnNa R. schon 1996 im Lied «Der kleine Tod» der Kultband Rosenstolz. «Göttergleich und wunderbar», das wollte auch «Salon Morpheus» mit einem abendfüllenden Programm im gleichnamigen Stück «La petite mort» umsetzen. Eine Melange zwischen Liebe, Lust und Ekstase stand im Zentrum des Abends und das zweieinhalb Stunden lang, unterstrichen mit Akrobatik, Chansons, Burlesque und Cabaret.
Mona Gamie leistete Widerstand
Nachdem Vangelis das eintretende Publikum mit «One More Kiss, Dear» begrüsste, war die Manege frei für Mona Gamie. Die Travestiefigur, die vom Schaffhauser Tobias Urech verkörpert wird, positionierte sich hinter einem auf einem Divan versammelten Menschenknäuel und pries die betörende Wirkung des Orgasmus mit charismatischen Worten. «Meine Damen bis Herren, alles dazwischen und drumherum», hauchte sie ins Publikum. Sie habe alles erlebt und hätte es nicht mehr nötig, dem kleinen Tod zu erliegen. Dieser wurde von General Lucid Allen gespielt, im echten Leben als Alain Bader und Silbermedaillengewinner im Kugelstossen an den World Dwarf Games 2017 bekannt. Vorerst vergeblich versuchte er Mona Gamie Konter zu geben. Diese besang im Chanson von Mischa Spoliansky «Ich bin ein Vamp», wie sie die Männer an- und aussaugt, und brach nebenbei zugleich das Herz des in sie unglücklich verliebten Pianisten Monsieur Simon, als der General ihm Teka (Thomas Kaufmann) vorzog, um die Diva rumzukriegen, die diesem trotz den süssesten Wortspielen widerstand. Schliesslich übermannte der ekstatische Moment den Tastenvirtuosen während seines Spiels.
 
 
 
 
 
